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Drogen

Wir haben einen Anwalt gefragt, was passiert, wenn du mit Gras erwischt wirst

Wir haben erfahren, wie ihr euch der Polizei gegenüber verhalten sollt, wenn sie euch mit einem Joint erwischen, warum euch niemand auf Drogen testen wird und ob Gras bald legalisiert wird.
Ein Joint, dereinen Probleme bereiten kann, wenn man damit von der Polizei erwischt wird
Heath Alseike | Flickr | CC BY 2.0​

Vor ein paar Jahren wurde eine Frau, die wir hier nur Freundin der Redaktion nennen wollen, auf einem Festival in Wiesen beim Grasrauchen erwischt. Das ist soweit nicht viel ungewöhnlicher, als der Umstand, dass Menschen überhaupt Gras auf Festivals rauchen.

Ein bisschen weniger üblich waren vielleicht die Umstände. Sie wurde nämlich nicht einfach von einem Beamten angesprochen, der im Vorbeigehen den süßen Duft von Cannabis gerochen hatte. „Wir sind im Wald gesessen und haben zu zehnt einen Joint geraucht. Plötzlich sind von allen Seiten Polizisten mit Taschenlampen auf uns zugestürmt und haben uns angeschrien", erzählt sie.

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Es folgte eine Anzeige und eine zweijährige Probezeit mit regelmäßigen Besuchen beim Amtsarzt. Danach wurde die Sache fallengelassen. Trotzdem hat sie heute keine Chance mehr, Kriminalbeamtin zu werden.

Wie gesagt ist diese Geschichte nicht ganz üblich. Zum einen, weil zum Glück die wenigsten „Drogenrazzien" auf Festivals so verlaufen—und zum anderen, weil die wenigsten KriminalbeamtInnen werden wollen. Was aber trotzdem quer durch die Bank gilt: Die wenigsten wissen, was genau passieren kann, wenn sie mit Gras erwischt werden. Wir wissen weder, was die Polizei darf, was wir als Beschuldigte müssen und was das Ganze tatsächlich für Konsequenzen haben kann.

Und weil eine gewisse Chance besteht, dass manche von euch auch diesen Sommer wieder auf Festivals, in Parks oder überhaupt überall, wo eine Wiese in der Nähe ist, kiffen werden, wollten wir uns mit einem Anwalt genau darüber unterhalten. Deshalb haben wir Arthur Machac besucht, der auf das Suchtmittelgesetz spezialisiert ist, und ihn all die Dinge gefragt, die euch sonst erst auf der Polizeistation einfallen würden.

Anzeigen in Österreich wegen Cannabis

VICE: In welchen Situationen wird man am häufigsten wegen Cannabis erwischt?
Arthur Machac: Meiner Erfahrung nach ist das vor allem im Straßenverkehr. Oder in der eigenen Wohnung, wenn ein eindeutiger Geruch herausdringt und die Nachbarn die Polizei rufen. Die Feuerwehr ist auch nicht zu unterschätzen. Die schauen beispielsweise in den Keller, wenn es einen Wasserrohrbruch gibt.

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Wie geht die Polizei vor, wenn ich anrufe, weil ich zum Beispiel im Stiegenhaus Gras gerochen habe?
Sie wird an alle Türen klopfen. Du musst sie aber nicht reinlassen. Die Polizei wird dann mit einem Durchsuchungsbefehl zurückkommen—den bekommen sie ganz einfach. Du gewinnst höchstens ein bisschen Zeit.

Und wie sieht es aus, wenn ich in Öffentlichkeit Gras rauche?
Beim Konsumieren sind die meisten viel vorsichtiger. Ich rauche ja im McDonald's keinen Joint.

Frau hält einen Joint in der Hand

Alaska Carter | Flickr | CC BY 2.0

Im österreichischen Strafrecht gibt es ja unterschiedliche Paragraphen zu Cannabis. Wie sind die zu verstehen?
Es gibt einen gewissen Grenzwert. Der liegt bei Cannabis ungefähr zwischen 400 und 500 Gramm. Wer über dem Grenzwert liegt, ist automatisch im Suchtgifthandel-Paragraphen 28 oder 28a. Dabei ist es egal, ob das Cannabis nur für den Eigengebrauch erzeugt wird.

Und was passiert mir, wenn ich nur im Park sitze und einen Joint rauche, ohne Gras bei mir zu tragen oder zu Hause zu lagern?
Der Fall wird an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Eventuell kommt es zu gesundheitsbezogenen Maßnahmen. Das ist ein Sammelbegriff für verschiedene ärztliche und therapeutische Behandlungen. Die Konsequenzen sind aber durchaus überschaubar.

Frau raucht einen Joint

Alaska Carter | Flickr | CC BY 2.0

Wie ist das im Fall der jungen Frau, die mit in einer Gruppe einen Joint geraucht hat? Die Polizei ist aus verschiedenen Richtungen auf sie zugerannt. Ist das verhältnismäßig?
Naja, die Polizei erkennt von Weitem nicht, ob sie nicht vielleicht Heroin rauchen. Oder ob Minderjährige beteiligt sind. Das wäre dann Weitergabe von Suchtmitteln an Minderjährige und hat einen Strafrahmen von drei Jahren.

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Die Anzeige gegen sie wurde gegen eine zweijährige Probezeit fallen gelassen. Sie wollte sich danach bei der Polizei bewerben.
Das geht nicht mehr. Alle Anzeigen sind im Suchtmittelregister vermerkt. Bei der Bewerbung als Polizistin musste sie ausdrücklich zustimmen, dass ihr Eintrag in der Kartei angeschaut werden darf. Damit hat sie eigentlich keine Chance mehr.

Wann darf die Polizei einen Drogentest mit mir machen?
Grundsätzlich nie gegen deinen Willen. Das wäre gegen das Selbstbelastungsverbot. Haartests werden eigentlich gar nicht gemacht. Die kosten 500 Euro und bei kurzen Haaren sind sie schwer interpretierbar. Manche machen aber freiwillig einen Urintest, damit sie einem Strafverfahren entgehen können und stattdessen gesundheitsbezogene Maßnahmen bekommen.

Und wie verhalte ich mich am besten, wenn ich beim Kiffen erwischt werde?
Ganz wichtig ist, zu fragen, ob du verhaftet wirst. Wenn nicht, gehst du nicht mit auf das Revier, sondern sagst ihnen, dass sie dir erst mal eine Ladung schicken sollen. Das geht aber nur, wenn du einen Ausweis dabei hast, sonst können sie dich zur Identitätsfeststellung mitnehmen. Es ist immer gut, zu zeigen, dass du dich auskennst.

Also kann ich mich weigern, mich durchsuchen zu lassen?
Das kommt darauf an. Wenn es um Suchtmittel geht, reichen Lappalien zur Rechtfertigung eines Verdachtes. Eine U-Bahn-Station wird zum Beispiel als „szenetypische Örtlichkeit" gehandelt.

Kann mir etwas passieren, wenn ich am Vorabend kiffe und am nächsten Morgen mit dem Auto fahre?
Es gibt bei der Verkehrskontrolle ja keinen Haschomaten. Solange du nicht berauscht fährst, kann nichts passieren.

Wie sehen Sie die Chancen, dass Gras in den nächsten Jahren legalisiert wird?
Sehr schlecht. Die großen Unternehmen haben daran kein Interesse. Die wollen nicht, dass man zu Hause kifft und einen Film schaut. Wir sollen zum Schützenfest fahren, essen, saufen und rauchen. Gesellschaftspolitisch gesehen wird die ÖVP das nicht zulassen.

Lisa auf Twitter: @LisaWoelfl