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„Wenn Kobane fällt, können wir nicht tatenlos zusehen“

Kurden demonstrieren in Wien gegen das zahnlose Vorgehen des Westens im Fall von Kobane.

In Hungerstreik getretene Kurden vor der UNO-City.

Nina Rojbas hat in Wien ein erfülltes Leben und genug zu tun. Doch seit einigen Tagen hat sie wenig Zeit für ihren Job und ihre Freunde, denn sie ist täglich in einem Zelt vor der Wiener UNO-City anzutreffen—sie trägt dabei eine Jacke mit der Aufschrift „Hungerstreik". Nina ist Kurdin und hat sich entschlossen, gemeinsam mit kurdischen, türkischen und österreichischen FreundInnen die Nahrungsaufnahme zu verweigern. Sie sagt: „Die Fundamentalisten ermorden in Kobane unsere Freunde und Genossen. Wenn Kobane fällt, können wir in Östereich dabei nicht tatenlos zusehen."

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Wer die Bilder in den Medien gesehen hat, versteht Nina. Seit Wochen greifen die Fundamentalisten des Islamischen Staats die syrisch-kurdische Stadt Kobane an. Dort und in der ganzen Region Rojava hatte die linke kurdische Partei der Demokratischen Union (PYD) seit Beginn des Aufstands gegen das Assad-Regime im Jahr 2011 eigene politische Strukturen aufgebaut. Ein wichtiges Merkmal dieser Strukturen ist die starke Einbindung von Frauen. So haben die „Volksverteidigungseinheiten", also die bewaffneten Milizen der PYD, bis zu 40 Prozent Kämpferinnen.

Die PYD, die mit der türkisch-kurdischen PKK verbunden ist, hat allerdings viele Feinde. Die rund 25 bis 30 Millionen KurdInnen sind weltweit eine der großen Minderheiten ohne eigenes Staatsgebiet. Vor allem in der Türkei kämpfen die PKK und andere linke Kräfte seit Jahrzehnten gegen die Unterdrückung durch die nationalistisch-türkische Zentralregierung. Auch die EU hat die PKK—nicht zuletzt auf Druck des NATO-Mitglieds Türkei—auf ihren Terrorlisten. In Deutschland wird sogar das Zeigen von PKK-Fahnen strafrechtlich verfolgt und PKK-AktivistInnen landen regelmäßig vor Gericht.

Aktuell geht es für Nina natürlich um die Bedrohung durch den Islamischen Staat. Doch sie sagt auch klar, dass ihr Protest sich ebenfalls gegen die Türkei richtet. „Viele Medien stellen das falsch dar. Die Menschen, die nun in der Türkei und in Europa auf die Straße gehen, wollen kein Eingreifen der Türkei. Das wäre die nächste Besetzung." Berfin, die ebenfalls vor der UNO-City protestiert, hat eine Alternative: „Wir haben genug erfahrene Kämpfer. Kobane braucht Waffen und einen Korridor, damit unsere kampfwilligen Männer und Frauen aus dem türkischen Teil Kurdistans die Milizen in Kobane unterstützen können."

Alle Hungerstreikenden vor der UNO-City berichten übereinstimmend, dass sehr viele Menschen das Schicksal der Menschen in Kobane mit Sympathie verfolgen. Sie bekommen unglaublich viele positive Rückmeldungen und auch viele Spenden für den Kampf in Kobane.

Als nächsten Schritt haben sie sich entschlossen, für Freitag, den 10.10., zu einer Großdemonstration in Wien aufzurufen.  Die OrganisatorInnen—ein Bündnis von linken kurdischen, türkischen und österreichischen Organisationen—erwartet mehrere tausend Menschen. Das Motto ist so einfach wie nachvollziehbar: „Solidarität mit Rojava". Außerdem findet am 18. Oktober ein Benefizkonzert für kurdische Flüchtlinge im WUK statt, bei dem auch beim Line-Up einiges richtig gemacht wurde.