FYI.

This story is over 5 years old.

Tech

Diese Social-Media-Berichte waren stundenlang die einzigen Infos aus Tianjin

Da die chinesische Regierung Journalisten den Zugang zur Unglücksstelle verweigerte, informierten Einwohner der chinesischen Millionenmetropole die Welt per Weibo über die gewaltigen Explosionen.
Foto: Screenshots Weibo

Gestern Abend gegen 24 Uhr Ortszeit erschütterten mehrere Explosionen die chinesische Millionenmetropole Tianjin so stark, dass sogar im 160 Kilometer entfernten Peking seismologische Aktivitäten durch Erdbebenstationen registriert wurden.

Im Hafen der Stadt war ein Lager für gefährliche Chemikalien in die Luft gegangen und hatte mindestens zwei Druckwellen ausgelöst, die mit 2,3 und 2,9 auf der Richterskala bewertet wurden und brennenden Schutt auf die umliegenden Hochhäuser schleuderten und sogar Fensterscheiben am anderen Ende der Stadt zersplittern ließen.

Anzeige

Our compilation of #Tianjin amateur video. Watch it at 10 seconds in. Prayers are with everyone there. pic.twitter.com/cq1J4qz5N8
— Matt Simon (@MSimonTV) August 12, 2015

15 sec of #Tianjin detonation pic.twitter.com/Tk8A3UYFwc
— Ray Pride (@raypride) August 12, 2015

Trotz einem Dutzend Toten und mehrerer Hundert Verletzter ließen offizielle Medienberichte von der Katastrophe bis zum nächsten Morgen auf sich warten. Stattdessen sendeten Einwohner der Stadt über ihre privaten Social-Media-Accounts verzweifelte Bilder einer apokalyptischen Szenerie hinaus in die Welt.

Selbst Mitarbeitern des staatlichen regulierten TV-Senders China Central Television, der weisungsgebunden an das Ministerium für Radio, Fernsehen und Film der Volksrepublik ist, wurde zunächst der Zutritt zum Unglücksort verweigert.

Explaining why you're only seeing amateur video of #Tianjin - entire area sealed by cops and fire. No one - incl media- allowed in
— Matt Simon (@MSimonTV) August 12, 2015

Zwar sprachen örtliche Behörden von Vergiftungsgefahr durch Abgase in der Luft und schwelende Brände, doch dürfte der Schutz der Journalisten eher ein Vorwand gewesen sein, um eine unabhängige Berichterstattung zu verhindern und die Reporter solange hinzuhalten, bis Rettungskräfte eingetroffen waren und die Feuerwehr den gigantischen Brand zumindest ansatzweise in den Griff bekommen hatte. Denn dann, aber erst dann, darf unter strengen Auflagen positiv vom Umgang der chinesischen Behörden mit einer Katastrophe berichtet werden.

Reported security camera video from the #Tianjin explosion via weibo pic.twitter.com/9hsC6weuzv
— Jon Passantino (@passantino) August 12, 2015

Die Explosionen von Tianjin reihen sich ein in eine Serie tödlicher Unfälle in der chinesischen Industrie, die nicht selten durch zu lasche Sicherheitsstandards von korrupten Verantwortlichen billigend in Kauf genommen werden. Noch immer hat sich die Regierung nicht dazu geäußert, wodurch genau die Explosion verursacht wurde und schweigt wohl auch aus gutem Grund.

Die schockierenden Bilder zu zensieren, schaffte sie allerdings nicht. Dafür sorgten die Einwohner von Tianjin vor allem über den Mikrobloggingdienst Weibo. Die geteilten Bilder wurden anschließend von anderen User über Twitter und YouTube verbreitet.