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Wir stellen vor: den Antipapst!

Papst Benedikt tritt zurück, dabei gibt es doch schon einen Papst. Papst Michael aus Kansas, glaubt, er sei das wahre Oberhaupt der Kirche. Die anderen sind alles Ketzer.

Das wissen nicht viele Menschen, aber Benedikt XVI, der heute bekanntgab, dass er zurücktreten wird, ist und war sowieso nicht der „echte" Papst—behauptet zumindest einer, der es wissen muss. Er ist nämlich selber der Papst. Er lebt in einer 130-Seelen-Gemeinde im ländlichen Kansas: Papst Michael I ist nicht damit zufrieden, dass es nur Benedikt vergönnt ist, in kleinen Golfbuggies herumzukurven, während er nicht mal seine Mitmenschen überzeugen kann, ihn mit seinem richtigen Papst-Namen anzureden.

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„Viele Menschen in unserem Dorf sprechen mich mit Papst Michael an, aber manche sagen auch David. Natürlich bevorzuge ich Papst Michael, aber viele finden das seltsam”, räumt Papst Michael ein, nachdem wir eine Weile am Telefon geplaudert haben.

Seine Rechtmäßigkeit kann keiner in Frage stellen, denn seine E-Mail-Adresse beginnt mit „thetruepope”, der wahre Papst also. Er betreibt die kleine Website vaticaninexile.com und er beendet jede Mail mit „+ Michael pp”. Gewählt wurde dieser Papst 1990 und seit nun 20 Jahren kümmert sich der 50-Jährige um seine kleine Herde, die über die ganze Welt verteilt ist. Papst zu sein ist ein Fulltime-Job: „Zu meinem Glück können mir meine Eltern finanziell ermöglichen, meinen päpstlichen Pflichten nachzugehen, sodass ich keinen weiteren Job brauche. Wir haben einen Verlag gegründet, um katholische Bücher nachdrucken zu können, aber damit finanzieren wir eigentlich vielmehr unsere Gemeinschaft.”

Schon als Junge spürte David Bawden, der in einer streng katholischen Familie aufgewachsen war, dass er für das Priesteramt bestimmt ist. Aber nach einer Phase von Seminaren im Ausland im dem Orden Pius X war er ernüchtert.

Seiner Ansicht nach war die Lehre der modernen Kirche verworren und gotteslästerlich und so kehrte er nicht ordiniert in die Heimat zurück. Er schrieb gemeinsam mit einer gewissen Teresa Stanfill-Benns ein Buch über die Frage: „Wird die katholische Kirche das 20. Jahrhundert überleben?” Darin kommt er zu dem Schluß, dass die römische Linie der Päpste einer Irrlehre anhänge und es deshalb gar keinen rechtmäßigen Papst mehr gibt, verdammt! Die Lösung: einen Papst wählen! Und was war die Lösung für die Lösung? Eine päpstliche Konklave abhalten.

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So begab es sich, dass sich eine kleine Gruppe von Unterstützern zusammenfand, um einen Papst auszuerwählen. Einen Mann, der die wahren katholischen Traditionen aufrecht erhalten und erneuern würde. Sie waren wütend über so Dinge wie das zweite Vatikanische Konzil. Damals, im Jahr 1963, hatte Paul IV eine Reihe von Reformen eingeleitet und damit die liberalen Verbrechen im, sagen wir mal, 18. Jahrhundert, nachträglich akzeptiert. Diese Entwicklung musste rückgängig gemacht werden, so wie im Prinzip alles, was nicht durch und durch erzkonservativ geprägt war.

Bereits zuvor hatte Michael in einer Messe vor halbnackten Stammesleuten aus Papua Neuguinea gegen Papst Johannes Paul II gewettert. Seine Anhänger gehören zu der Gruppierung, die glauben dass die Abschaffung ausschließlich lateinischer Messen der Anfang vom Ende der katholischen Kirche war.

Da seht ihr, es sind nicht nur die Isalmisten und Baptisten die fundamentalitisch drauf sein können.

Die Wahl verlief ohne Probleme: Am 16. Juli 1990 war es schließlich soweit: Die traditionelle Botschaft die zweitausend Jahre Geschichte in sich trägt, wurde in Belvue, Kansas verkündet: „Habemus papam“—„wir haben einen Papst!“. Stell dir das vor; Du bist gerade einmal dreißig und kannst eigentlich kein Priester werden, aber trotzdem wirst du Papst. Es ist als wärst du Balljunge bei Wimbledon und wirst zu Roger Federer befördert.

Er hat also das Rennen gemacht und wurde tatsächlich gewählt. Trotzdem wimmelt mich Papst Michael ab, als ich ihn am Telefon frage, ob es irgendwelche päpstliche Konkurrenten bei der Wahl gab? („Es ist nicht wirklich eine Wahl…Du kannst nicht als Papst kandidieren“.)

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Am anderen Ende der Leitung klingt Papst Michael manchmal demütig, fast schon ängstlich—eine näselnde, hohe Stimme mit einer abgehackten Art zu antworten. Er ist natürlich abstinent (es ist immer eine komische Frage, die man stellen muss, aber es musste gefragt werden) und er lehnt Verhütung ab. Er lehnt außerdem auch jeden Papst seit der Wahl des in seinen Augen ketzerischen Angelo Roncalli 1958 ab, dessen Irrlehren angeblich beinhalteten „sanft mit dem Kommunismus umzugehen“. „Der Beste Papst in der Geschichte des Vatikans ist für mich Johnnes Paul I—einfach weil er für die kürzeste Zeit regierte. Alle anderen sind Ketzer“.

VICE: Würdest Du von dir behaupten genauso unfehlbar zu sein wie es sich für Päpste gehört?
Der Papst: Natürlich. Es steht ja in den Lehren. Die Verordnungen für den Papst sind wahr. Es kann nicht eine Kirche zur Zeit von Christus geben, eine andere vor tausend Jahren und noch eine andere heute. Es gibt nur eine wahre Interpretation der heiligen Schrift.

Weiß der Vatikan von deiner Existenz? Hattest Du je mit ihm Kontakt?
Ich habe dem Vatikan 1982 eine Nachricht zum Kirchenbann von Papst Johannes Paul II geschickt. Ich habe natürlich keine Rückmeldung von ihm erhalten. Als ich das erste Mal 1990 gewählt wurde hat eine Zeitung eine Geschichte daraus gemacht und den Vatikan um ein Kommentar gebeten. Natürlich war es so eine typische „Kein-Kommentar-Situation“.

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Wenn er in Rom die Zügel in der Hand hätte, versichert er uns, hätten die Pädo-Priester bereits ihr Fett weg bekommen. Er zitiert einen Pontifex aus dem sechzehnten Jahrhundert der für Pädophilie die Todesstrafe anordnete und einen Erlass von 1917, der darauf hinauslief alle Priester die sich des sexuellen Missbrauchs schuldig machten aus der Kirche zu verbannen.

"Ich bete mit den Menschen, gehe die einzelnen Stationen des Kreuzganges ab, und natürlich gibt es viele Menschen, die sich für die Kirchen interessieren. Ich verbringe viel Zeit, mit diesen Menschen zu korrespondieren.

Nach zwanzig Jahren Amtszeit ist er erst fünfzig und hat noch eine Lebzeit Papismus vor sich. Seine Organisation hat jedoch auch Pläne für den Fall der Fälle, dass er plötzlich sterben sollte.

„Es wird wie eine päpstliche Konklave ablaufen. Wer wird mein Nachfolger? Das weiß ich nicht und um ehrlich zu sein, ist es auch verboten diese Diskussion mit dem gegenwärtigen Papst vor seinem Tod zu führen“.

„Das Beste am Papstdasein? Wahrscheinlich dass ich nie außerhalb der Kirche sein muss. Die Lehren besagen, dass der Papst nie von Gott verbannt werden kann“.

Und ganz ehrlich, wer will von Gott verbannt werden? Ich mag den neuen Papst, weil er mir irgendwie Hoffnung gibt.