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Beim sogenannten ‚Bücherkampf‘ bewirft man sich mit Literatur

Im Grunde handelt es sich dabei einfach nur um Völkerball mit Büchern—natürlich alles im Namen der Kunst.

Letzten Monat wurde der Keller des Pariser Museums Palais de Tokyo leergeräumt, damit dort der weltweit erste offizielle „Bücherkampf" stattfinden konnte.

Ich war mir nicht sicher, ob ein solcher Event überhaupt irgendetwas Gutes an sich haben kann, und entschied mich deswegen dazu, das Ganze mal anzuschauen. Beim Reingehen sprang mir sofort der riesige Bücherstapel in der Mitte eines von einer weißen Linie in zwei Hälften geteilten, abgesteckten Bereichs ins Auge. Da wurde mir plötzlich klar, dass es sich beim Bücherkampf im Grunde nur um Völkerball mit Büchern handelte. In den darauffolgenden fünf Stunden betraten dann ungefähr 40 Spinner abwechselnd die „Arena", um dort herumzurennen und sich mit literarischen Klassikern zu bewerfen—und das alles natürlich im Namen der „Kunst".

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Der französische Künstler Yves Duranthon kam 2009 auf die Idee mit den Bücherkämpfen, nachdem er Yuichi Yokoyamas Werk Combats durchgelesen hatte. „Eine Gruppe Samurais kämpft gegen den Hauptcharakter, der in einer Bibliothek Schutz sucht und sich verteidigt, indem er seine Gegner mit Büchern bewirft", erklärt er mir. „Ich wollte ebenfalls Bücher durch die Luft fliegen sehen."

Das Ganze fing relativ harmlos als Spiel unter Freunden an, aber inzwischen beschreibt Duranthon den Buchkampf als „eine aggressive Sportart und eine Möglichkeit, Kultur mit Hilfe der Zweckentfremdung von Büchern neu zu inszenieren."

Duranthon behauptet, vom Dadaismus, vom Surrealismus sowie vom Situationismus beeinflusst worden zu sein, und sieht im Bücherkampf eine Metapher für die allgemeine kulturelle Entwicklung in Richtung virtuelle Realität. Dazu meint er noch, dass er für das Format des Buches keine nostalgischen Gefühle hat, weil das Ganze für ihn sowieso nur ein „Code" ist.

„Jüngere Teilnehmer haben scheinbar keine Angst davor, Bücher irgendwie anders einzusetzen", erzählt Duranthon. „Ältere Leute sehen in den Bücherkämpfen allerdings ein großes Problem. Ihnen missfällt, dass wir hier Sport und Kultur vermischen. Sie wollen mich dann oftmals auch an die Bücherverbrennungen nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten erinnern und sagen, dass ich die Kultur beschädige. Der richtige Umgang mit Büchern ist etwas Heiliges und wenn mit den Werken auf eine solche Art und Weise umgehen, dann geht ihnen das gegen den Strich."

Keine Ahnung, was du jetzt gerade denkst, aber ich habe plötzlich den Drang, jemandem ein Buch ins Gesicht zu werfen.