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Schweizer haben „No Pegida“ und die Fasnacht lieber als Pegida

Nicht mal 40 Prozent der Pegida Schweiz-Fans kommen aus der Schweiz. Ist auch blöd, wenn man die erste Demo mitten in die Luzerner Fasnacht legt.
Screenshot von Facebook

Während sich in der Pegida-Welthauptstadt Dresden die Ereignisse überschlugen—angebliche Terrordrohungen in Dresden führten zu Pegida-Demo-Absagen, schliesslich -Verboten—trat der „Sprecher" von Pegida Schweiz, Ignaz Bearth, fast geräuschlos zurück. „Zum Wohle von Pegida Schweiz", wie er auf seiner Facebook-Seite verlauten liess, die Gruppe habe durch ihn in der Anfangsphase die nötige Bekanntheit erlangt (Ja, klar, die brauchte es natürlich bei sooo wenig Medienresonanz …), müsse aber überparteilich bleiben. Nun, so kann man es selbstverständlich auch sagen.

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Zwar dürften sich viele der Schweizer Pegida-Fans durchaus auf der ideologischen Linie von Bearths sehr weit rechten Direktdemokratische Partei Schweiz bewegen, aber die Verbindung mit ebendieser DPS hatte zur Folge, dass sich sogar die SVP genötigt fühlte, Pegida die Liebe zu entziehen.

Obwohl JSVP-Chef Anian Liebrand in einer anfänglichen Verwirrung Pegida Schweiz seine Sympathien kundtat, musste er vom Kader zurückgepfiffen werden. Liebrand hatte—unter anderem auch zu uns—schon zu viele bizli lustige Sachen gesagt. (Update: Herr Liebrand legt Wert darauf, dass er von niemandem zurückgepfiffen wurde. Wir entschuldigen uns für die Falschmeldung.)

Nicht ganz unbeteiligt an Bearths Rückzug dürften auch die Recherchen von Sebastian Sele gewesen sein, die gezeigt haben, dass von Bearths über 30.000 Facebook-Likes 43 Prozent aus Indien und 14 Prozent aus Serbien stammen .

Seither hat der „SternTV-Facebook Like Check" Hochkonjunktur und man beginnt in weiten Kreisen, die Likes von Gruppierungen auf ihre Länderherkunft zu überprüfen—Schwanzvergleiche für alle.

Mit freundlicher Genehmigung von No Pegida Schweiz

Auch No Pegida Schweiz brachte Bearths Inder-Anteil mit Grinse-Smileys. Die ultrarechte Facebook-Gruppe patriot.ch konterte mit einem Check der No-Pegida-Likes und konstatierte in holprigem Deutsch: „no pegida schweiz grösster anteil kommt aus argentinien, haltet also einfach eure schnauze tief. schwanzvergleiche macht man unter männern mit eiern, also wixt weiter und macht euch nicht lächerlicher als dass ihr schon seid" (unkorrigiert), was wiederum Pegida Schweiz ungeprüft übernahm.

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Dumm gelaufen: In ihrer übereifrigen Recherchefaulheit übersahen die Rechten, dass der „Facebook Like Check" mit einer Verzögerung von mehreren Tagen funktioniert—der „Like Check" prüfte die No-Pegida-Seite, als sie erst etwas über 200 Likes hatte, in Wirklichkeit hatten die Schweizer Pegida-Gegner zum Zeitpunkt der Publikation mit über 10.000 bereits zweieinhalbmal mehr Fans als Pegida Schweiz. Was die Islamophoben ebenfalls nicht tätigten, war der Blick in den Spiegel: Prüft man die stagnierenden 4.500 Likes von Pegida Schweiz, stellt man fest, dass davon nur 39,6 Prozent aus der Schweiz stammen, über 43 Prozent stammen aus Deutschland (die aktuellsten Zahlen sind vom 14. Januar; am 11. Januar stammten noch 48,5 Prozent der Likes aus hiesigen Computern).

Erstellt mit Facebook Like Check; Verwendung mit freundlicher Genehmigung von SternTV

Ganz anders die nationale Verwurzelung der No-Pegida-Sympathiebekundungen: Von den aktuell rund 11.000 Likes stammen 89,1 Prozent aus der Schweiz. No Pegida Schweiz ist bei den Schweizern definitiv beliebter. Und wir wagen eine Prognose: Die von Bearth auf den 16. Februar „irgendwo in der Ostschweiz" angekündigte erste Pegida-Schweiz-Demo wird auch die—mit dem Like Check ermittelten—zirka 1.800 Schweizer-Facebookfans von Pegida Schweiz nicht zusammenbringen, denn der 16. Februar ist ein Montag mitten in der Fasnacht.

Erstellt mit Facebook Like Check; Verwendung mit freundlicher Genehmigung von SternTV

Die Fasnacht ist mittlerweile auch in der Ostschweiz angekommen und sonst wird zumindest die gesamte Innerschweiz an diesem Montag Besseres zu tun haben und sowieso zu besoffen sein. Vielleicht nahm Bearth auch einfach vorweg, worum es sich bei Pegida Schweiz eigentlich handelt: Um ein Fasnachtssujet, denn rechte Schweizer bezeichnen sich nicht als „Europäer", schon gar nicht als „Patriotische Europäer".

Als ich die Statistik mit dem tatsächlichen Schweizer-Anteil von Pegida Schweiz auf deren Facebook-Seite stellte, wurde der Kommentar nicht gelöscht (was kritischen Stimmen dort sonst widerfährt). Nein, die Pegida-Seite hat ihn selbst gelikt. Eine bemerkenswerte Kehrtwendung: Den Pegida-Rechten ist trotz aller SVP-Propaganda die deutsche Masseneinwanderung mehr als genehm.