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Du bist so gottverdammt laaaaangweilig!

Hier sind ein paar Themen, mit denen wir ein für alle mal durch sind. Themen, über die du fortan nicht mehr sprechen solltest, wenn du nicht willst, dass dein Leben eine Endlosschleife aus Banalitäten ist.

Allerorten hört man Klagen über den Untergang der Konversationskunst: dass sie dem digitalen Zeitalter zum Opfer gefallen sei und wir seit der Erfindung des Tamagotchis nicht mehr wüssten, wie man sich unterhält. Alles auf die Technologie zu schieben, ist mittlerweile aber mehr als lahm. Vielleicht ist die Kunst der Konversation ja gerade deshalb am Boden, weil sich die Leute seit fast einem Jahrhundert nichts als dasselbe langweilige Zeug zu sagen haben?

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Es ist an uns, die Lage zu retten. Alte Leute werden immer nur über Kriege, Beerdigungen und Geld reden und zu sehr damit beschäftigt sein, in den Abgrund zu starren, als dass ihnen irgendetwas Neues einfallen würde. Nicht, dass wir viel besser wären. Obwohl die sogenannte „Jugendkultur“ mittlerweile schon 70 Jahre alt ist, heißt ihr exemplarischer Vertreter noch immer Holden Caulfield aus Fänger im Roggen, der in dem Jahr ins Leben geschrieben wurde, als der Zweite Weltkrieg endete.

Die Zukunft liegt in unseren Händen. Es liegt an uns, ob unser Leben interessant bleibt. Deshalb brauchen wir eine Art Jahr null für Konversation, in dem wir einen Strich ziehen und die Massen ermüdender Theorien und Diskussionsbeiträge, die unser kollektives Bewusstsein geprägt haben, über den Haufen werfen und von vorn anfangen.

Hier sind ein paar Themen, mit denen wir ein für alle mal durch sind. Themen, über die du fortan nicht mehr sprechen solltest, wenn du nicht willst, dass dein Leben eine Endlosschleife aus Banalitäten ist.

Hör auf darüber zu reden, wie gerne du Gras rauchst.

Wenn du das Glück hast, dass dich das Kiffen nicht zu einem zuckenden, paranoiden Stubenhocker gemacht hat, der seine Freitagabende damit verbringt, Filme in Online-Mediatheken abzuarbeiten, sei froh. Aber weißt du was? Du bist trotzdem langweilig, wenn du über Gras redest. Vielleicht hältst du dich für eine Ausnahme, weil du dich damals von der „fluoridiertes Trinkwasser“-Theorie abgegrenzt hast, mit der überzeugte Kiffer jahrelang ihre Umwelt gelangweilt haben. Doch es gibt nichts Schlimmeres, als bei einer Party neben jemandem zu sitzen, der es für angemessen hält, im echten Leben das Wort „Dübel“ in den Mund zu nehmen.

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Wenn du nicht gerade einsilbige Ansichten über verschiedene Weed-Sorten von dir gibst, nörgelst du unablässig über die Vielzahl von Ungerechtigkeiten, die dir widerfahren sind, weil du zu spät zur Arbeit gekommen bist / vergessen hast, deine Rechnungen zu bezahlen / einen Zug verpasst hast / dein Portemonnaie verloren hast / keinen hochbekommst / kein Gras mehr hast. „Because I Got High“ hätte niemals deine Hymne werden dürfen. Es klingt mehr nach einer deprimierenden Warnung davor, wie dein Leben den Bach runtergeht, wenn du so viel kiffst wie Afroman.

Am wichtigsten aber ist, dass du dadurch, dass du monatlich mehrere Hundert Euro für eine Pflanze ausgibst, weder Widerstand leistest, noch deine Kreativität förderst. Im besten Fall bist du ein Botanophiler, der nicht mit Geld umgehen kann. Im schlimmsten Fall bist du ein nichtsnutziger Loser, der lieber allein über seinem Laptop einpennt, als unter Leuten zu gehen.

Es stimmt nicht, dass Musik „früher“ besser, härter oder authentischer war. 

Ich bin dieses Jahr zum ersten Mal seit 1998 zur Vans Warped Tour gegangen. Weißt du, was es dort im Gegensatz zu 1998 gab? Verdammte Blastbeats! Jede einzelne Band hatte Blastbeats.

Die Bands, die an der Warped Tour teilgenommen haben, existieren aus dem gleichen Grund wie jede andere Band, jeder Rapper und jeder DJ mit Jugendlichen als Zielgruppe: Sie wollen den Jugendlichen dabei helfen, ihre Eltern zu ärgern. Wenn du es mit Blastbeats nicht schaffst, deine Eltern in den Wahnsinn zu treiben, womit dann? Das Publikum der Warped Tour war in beiden Jahren gleich groß, aber 1998 hörten Vorstadt-Teenager das und 2013 das.

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Es ist ermüdend, dass es immer noch gesagt werden muss, aber: Deine Generation ist nichts Besonderes. Klar ist sie etwas Besonderes für dich—aber für alle übrigen? Nicht wirklich. Wenn du zur Zeit keine Musik magst, liegt das daran, dass du den emotionalen Zugang zur Musik verloren hast, den du mit 15 hattest. Wahrscheinlich weil gerade genügend andere Dinge in deinem Leben passieren. Warum also sollte man sich ständig über „die guten alten Zeiten“ auslassen? Es interessiert niemanden, am wenigsten die Jugendlichen neben dir, die ihren Spaß haben und sich einen Scheißdreck darum kümmern, ob Band X oder Y ein Derivat deiner Lieblingsband aus den 90ern ist.

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Hör auf, dich künstlich über Hipster aufzuregen.

Es gibt nichts Erbärmlicheres als selbsterklärte Hipster-Verächter. Die Beatles, Led Zeppelin, die Sex Pistols und Nirvana waren zu ihrer Zeit auch alle ziemlich hip. Stell dir vor, du hättest deine Jungend damit verbracht, dich über sie aufzuregen. Das wäre doch ziemlich ärgerlich, oder?

Sicherlich bringen Kreative und Hipster Gentrifizierung mit sich, sie treiben Mieten in die Höhe, verdrängen Einheimische, bla bla bla. Ich bin mir sicher, dass du all die wütenden Kommentare zu diesem Thema gelesen hast. Dennoch wäre es wahrscheinlich besser, wir würden die Eigentümer und Baugesellschaften zur Rede stellen, die die Preise aggressiv in die Höhe treiben, statt Leuten verbieten zu wollen, sich so zu kleiden und zu verhalten, wie sie wollen, nicht wahr? Angesichts des Tenors des Ganzen („Verrückte raus!“) sollten wir uns in Erinnerung rufen, dass sowohl der Kommunismus als auch der Faschismus keine gute Idee waren.

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Denk mal drüber nach: In 40 Jahren fragen dich deine Enkelkinder, was du während deiner Jugend gemacht hast. Wirst du damit zufrieden sein, wenn du ihnen antwortest: „Ich habe eine Menge Zeit im Internet verbracht und darüber lamentiert, dass andere Leute Spaß auf Partys hatten, auf die ich nicht eingeladen war?“

Hoffentlich nicht.

Sei kein Feinschmecker.

Wenn du erst seit ungefähr zehn Jahren die Popkultur verfolgst, sei es dir verziehen, wenn du glaubst, dass die neuerlich zu beobachtende Besessenheit mit Essen von Bestand sein könnte. Wenn du schon ein bisschen länger dabei bist, solltest du das Phänomen allerdings als das wahrnehmen, was es ist: ein weiteres Beispiel von „[ETWAS, DAS NICHT ROCK‘N‘ROLL IST] ist das neue Rock‘n‘Roll!“—eine Aussage, die nur dafür da ist, Content für großformatige Wochenendbeilagen und Talkshows zu erzeugen.

In den 80ern war es Comedy, in den 90ern war es Football und in den 00ern waren es Computerspiele. Und jetzt lässt du dir dein Essen durch einen Pisswettbewerb ruinieren. Essen ist super und Essen in guten Restaurants ist auch super. Doch während des Essens im Restaurant darüber zu sprechen, in welchem Restaurant du zuletzt gegessen hast, ist die erwachsene Version davon, dich zu betrinken und darüber zu sprechen, wie betrunken du das letzte Mal warst, als du dich betrunken hast. Es ist extrem langweilig und interessiert niemanden außer dich (und vielleicht deine Freundin, mit der du einen Essensblog schreibst).

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Deine „Meinung“ ist nicht halb so originell, wie du denkst.

Wir kommen zum Kern dieses Artikels. Sich über Hipster aufzuregen, von der Qualität neuer Musik enttäuscht zu sein und sich bewusst mehr für Essen zu interessieren, als dein Körper oder sonstwer fordert—all das sind Dinge, die du als deine eigenständige und einzigartige Meinung verkaufst.

In Wirklichkeit handelt es sich dabei allerdings um absolut risikofreie und verfestigte Vorstellungen, die heute keine Unterhaltungen mehr aufrechterhalten und schon gar keine Identitäten mehr stiften sollten. Diese Vorstellungen sind schon lange tot, witzlos und irrelevant. Wir brauchen neue Dinge, über die wir nachdenken und uns unterhalten können.

Vielleicht wäre es ein guter Anfang aufzuhören, so zu tun, als ob man über Politik so sprechen könne wie über Deutschland sucht den Superstar, und nicht mehr ungläubig die Stirn zu runzeln, wenn wir herausfinden, dass irgendein Jugendlicher die Musik von Justin Bieber gut findet.