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US-Staatsanwalt macht die Verteidigung von Ross Ulbricht zunichte

Die Argumentation des amerikanischen Staatsanwalts gegen den mutmaßlichen Betreiber der Silk Road liefert einen interessanten Einblick in den schonungslosen juristischen Umgang der Behörden mit dem Online-Schwarzmarkt.
Screenshot: YouTube

Wenn Silk Road ein „Crack Haus" ist, dann war Ross Ulbricht der zentrale Drahtzieher und nicht einfach ein „digitaler landlord" als Besitzer der eingestellten ersten Version des beliebten Online-Schwarzmarktes—so behaupten es zumindest die Ankläger in neuen Dokumenten gegen die erste Version von Silk Road.

Im vergangenen Jahr wurde Ulbricht wegen Rauschgifthandels, dem Betrieb eines kriminellen Unternehmens, der Absicht des Hackings und der Geldwäsche angeklagt—alles aufgrund seiner angeblichen Position als Besitzer und zentraler Betreiber der ersten Version des Deepweb-Marktplatzes Silk Road. Vor einigen Wochen haben Ulbricht und sein Verteidiger Joshua Dratel einen Antrag auf das Fallenlassen dieser Punkte gestellt—mit der Argumentation, dass Ulbricht lediglich eine Art Grundstücksverwalter im digitalen Raum gewesen sei, der damit keine Verantwortung dafür hatte, was innerhalb der Silk Road selbst passiere.

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Dratel argumentiert auch, dass Ulbricht nicht für Geldwäsche angeklagt werden kann, da Bitcoins nicht als normales Vermögen gelten können. Außerdem verteidigt er Ulbricht mit der Begründung, dass die gesamten Aktivitäten im Internet stattfanden und Ulbricht daher zusätzlichen Schutz benötigt habe—er suggerierte sogar, dass eine Verurteilung von Ulbricht einen negativen Effekt auf die Redefreiheit haben könnte.

Der zuständige Staatsanwalt Preet Bharara legte in den neuesten Dokumenten jedoch ziemlich klar seinen Gegenstandpunkt dar und demnach zu urteilen und vorausgesetzt die US Regierung ist im Besitz der behaupteten Beweise, sieht die Verteidigung des mutmaßlichen Silk Road Betreibers nicht gerade robust aus.

Der lange Arm des Gesetztes ist länger als Ulbricht glaubt.

In dem 45-seitigen Dokument schreibt Bharara recht unverblümt, dass „der lange Arm des Gesetztes viel länger ist, als Ulbricht sich dies vielleicht vorstellt. Er ist kaum in der Position zu behaupten, nichts von einem Fehlverhalten zu wissen."

„Es spielt auch keine Rolle, dass die Verbrechen im Internet begangen wurden. Die Bundesgesetze sind dehnbar, vielfältig anwendbar und betreffen seine Online-Vergehen genauso wie, wenn sie sie sich auf der Straße abgespielt hätten."

Bharara macht in dem Text klar, dass jeder mit ein wenig Verstand an Ulbrichts Stelle genau gewusst hätte, was er da tut: „Einen riesigen Schwarzmarkt für illegale Drogen, gefälschte Software und andere illegale Waren und Dienste zu betreiben ist gegen das Gesetz."

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Es lohnt sich durchaus einen Blick auf das gesamte Dokument zu werfen, denn es bietet einen aufschlussreichen Blick auf die Art und Weise wie die Regierung in Zukunft in vergleichbaren Fällen argumentieren könnte. Während die Verteidigung von Ulbricht behauptet, dass er nicht vielmehr als eine Art Inhaber eines digitalen Raums gewesen sei, ohne zu wissen was auf Silk Road passierte, weist die Regierung darauf hin, dass er an jeder Transaktion auf der Seite verdiente und tief in ihre Operationen verstrickt war—unabhängig davon, ob er jemals eine Droge angefasst hat oder nicht: „Er war der Kapitän des Schiffs."

Government Opposition to Ross Ulbricht's Motion to Dismiss

Gegen die Anschuldigung der Unterstützung von Hacking argumentiert die Verteidigung, dass  Ulbricht nicht wissen konnte wie die gehandelte bösartige Software genutzt werden würde. Die Regierung behauptet jedoch genug Beweise zu haben, um die Anschuldigung vor Gericht zu untermauern. Ein kurzer Blick auf die bunte und eindeutige Angebotspalette von Silk Road 1.0 genügt um zumindest zu ahnen, dass die Anklagepunkte kaum vor einer möglichen Gerichtsverhandlung fallen gelassen würden: „Hack ANY Facebook Account", „E-Mail Account Cracker", „USB Password / File Stealer Pack."

Gleichzeitig scheint eine Verurteilung von Ulbricht für die Inserierung (oder Unterstützung, wenn du es so nennen willst) von Hacking-Tools durch Händler durchaus weit hergeholt und vielleicht auch eine beunruhigende Entwicklung zu sein. Eine Verurteilung von Ulbricht mit dem Argument, dass Verkäufer illegale Software und Dienste verkauft haben, scheint eine dürftigere Sache zu sein als eine Urteil auf der Grundlage von faktischen Beweisen, dass die über Silk Road gehandelten Werkzeuge tatsächlich für Hacks eingesetzt wurden.

Bharara sagt in seiner Schrift auch noch etwas zu dem Argument der Verteidigung, dass Bitcoins nicht als richtiges Geldmittel gelten könnten. Die Anklage hat eine sehr breite Definition von finanziellen Transaktionen und behandelt Bitcoins wie traditionelle Zahlungsmittel. Wenigstens das dürfte Krypto-Freunde freuen.

In den nächsten Wochen wird ein Richter entscheiden, ob Ulbricht ohne Verfahren freigelassen oder vielleicht ein außergerichtlicher Deal akzeptiert wird—aber angesichts der aktuellen Unterlagen würde ich nicht darauf wetten, dass dies passiert.