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DIE SCHNITZEL UND STRUDEL AUSGABE

Die Schweizer Polizeidirektoren wollen ihre Häftlinge ins Ausland outsourcen

Die Schweiz will ihre Häftlinge ins Ausland abschieben, weil ihre Gefängnisse überfüllt sind.

Ausnahmsweise geht es in der Schweizer Politik nicht um Straftäter ohne, sondern um solche mit Schweizer Pass. Letztere will man jetzt nämlich auch der neuen Schweizer Patentlösung für quasi alles zuführen und sie ebenfalls ins Ausland abschieben. Charles Juillard, Präsident der Polizeidirektorenkonferenz der französischen Schweiz und des Tessins, hat diesen Vorschlag im März präsentiert. Die Schweizer Gefängnisse sind tatsächlich überfüllt: Letzten September kamen in der gesamten Schweiz 7.072 Insassen auf 7.048 Haftplätze. Besonders betroffen ist der französischsprachige Teil des Landes, mit einer Auslastung der Gefängnisse von 115 %. Laut Juillard seien die Haftanstalten im grenznahen Ausland hingegen halb leer. Diese Behauptung stimmt zwar zumindest für Deutschland nicht (die Gefängnisse in den angrenzenden Bundesländern sind durchschnittlich zu 90% ausgelastet), der Vorschlag findet aber trotzdem auch bei den Deutschschweizer Polizeidirektoren Zustimmung. Da Strafgefangene kaum gesellschaftliche Sympathieträger sind und keine eigene Lobby haben, werden deren Rechte in der Diskussion nicht thematisiert. Sogar die von konservativen Kreisen hochgehaltene Souveränität des Schweizer Bürgers gegenüber der EU bleibt unbeachtet. Es geht nur noch um die Abklärung der zwischenstaatlichen juristischen Machbarkeit dieses Outsourcing-Projekts. Noch ist also nichts entschieden: Der stellvertretende Generalsekretär der Polizeidirektorenkonferenz, Florian Düblin, erklärte auf Anfrage, dass das Thema bei der Generalversammlung im April vertagt wurde. Treten die kanto- nalen Polizeidirektoren im Herbst mit dem Thema an den Bund, ist es also gut möglich, dass bald eine Schweizer Gefängnis- Enklave in Belfort oder Mannheim steht.

Zwei Basler Grossräte von der rechtskonservativen Schweizer Volkspartei preschen bereits jetzt auf parlamentarischem Weg vor: In ihrer „Interpellation zur Unterbringung von Gefangenen im Ausland" erkennen sie nur Vorteile im Outsourcing. So sei es „erheblich günstiger" und es könnten „in Regionen mit höherer Arbeitslosigkeit als in der Schweiz Arbeitsplätze erhalten oder gar neue geschaffen werden". Schweizer Kriminelle werden also zu einer Art Entwicklungshilfe an die EU.