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Popkultur

Diese Familien sind die Hölle

Der Film 'Mama' schwächelt gewaltig und 'Meine Keine Familie' macht uns einfach nur traurig und wütend.

Das ist Bruce Lee und sein kleiner Brandon. Der Papa stirbt an einer völlig absurden Hirnschwellung, von der keiner so genau weiß, was sie ausgelöst hat, und der Sohn wird bei denDreharbeiten zu in einem 1 000 000 zu 1 Unfall tödlich verletzt, weil eine echte Kugel in der Platzpatronenwaffe verklemmt war und ihn niederstreckte. Der Fluch der Lees oder einfach wirklich nur sau-unglückliche Zufälle? Keine Ahnung, jedenfalls gibt es durchaus noch schlimmere Familiengeschichten.

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Josef auf Twitter: @theZeffo

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The Crow

Frankensteins Patchwork-Familienmonster und die Völlig-Gaga-Mama

Der Schreibseminar-Guru Robert McKee sagt in seinem biblischen Kreativratgeber STORY, dass jene Filme, die es tatsächlich auf die Leinwand schaffen, in der Regel das Allerfeinste sind, was Hollywood zu bieten hat. Schließlich kassieren unzählige Menschen unzählige Dollar, um aus den unzähligen Drehbüchern das eine auszuwählen, das es wert ist, dass Produzenten dafür noch mal unzählige Dollar mehr hinzulegen und sich für ein paar Monate mit einem Haufen prätenziöser Arschlöcher herum zu ärgern, die eigentlich nur am Set sind, um gratis Sushi zu essen und ihren nächsten Lebensabschnittspartner zu finden. Wenn man sich dann allerdings die Ergebnisse ansieht, könnte man des öfteren genauso gut glauben, Hollywood bestünde aus einer Herde Bonobo-Affen, die Kacke an die Wand wirft und die Idee verfilmt, auf der ein Brocken kleben bleibt.

Mama ist genau so ein Film. Beziehungsweise ist er einer der Filme, die ebenso gut durch Kackewerfen entstanden sein hätten können. Die traurige Wahrheit ist vermutlich aber, dass auch hier eine ganze Horde besserer Menschenaffen dafür Kohle kassiert hat, um am Ende dieses Drehbuch aus dem Laichteich der stinkendsten Fischeier zu fangen. Dabei fängt die Geschichte eigentlich vielversprechend an — mit zwei Schwestern, die nach dem Kollaps des Kleinfamilienglücks fünf Jahre in der Wildnis (vermeintlich) alleine überleben, bevor sie gefunden und in die Obhut der nächsten noch lebenden Verwandten übergeben werden. Aber genau dort, wo der Onkel der Mädels mit seiner Freundin auf die ersten Probleme stößt, beginnen auch für den Film die ersten anhaltenden Schwierigkeiten. Der Kampf um das Gelingen der jungen Patchwork-Familie verliert sich zwischen Charakteren, die man nicht versteht und einer Geschichte, die so unglaubwürdig wie wurscht ist.

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Selbst die grandiose Jessica Chastain hat ihre Mühe, sich in der gallertartigen Mixtur aus miserabler Perücke und fehlender Charakter-Motivation an der Oberfläche zu halten, geschweige denn, Tiefgang in ihr blutleeres Dialog-Figürchen zu spielen. Hinzukommt — neben dem furchtbar omnipräsent spoilerndern Trailer, den man sich wirklich nicht auch noch vorher geben sollte — ein diffuses Herumtasten in vermeintlichen Bedeutungsuntiefen, das gern so klug wäre wie die Implikationen von Rosemarie's Baby, aber dann doch eher das Niveau von Teenager werden Mütter hat.

Ist hier überhaupt irgendwer verrückt? Und wenn ja, sind nicht die Macher dieses Films immer noch verrückter? Hat am Ende jede Skepsis gegenüber pädaogischen Eingriffen in die junge Chaos-Bobo-Familienblase ihre Berechtigung? Und was will das (SPOILER, aber eigentlich — egal) fürchterlich versteigerte viktorianische Ende eigentlich von uns, das den Streifen in die Cartoon-Täler eines Tim Burton hinunterbricht, während es vom Gipfel her in allen Farben des Klischee-Horrors jodelt? Ohne allzu viel zu verraten: Am Schluss des Gleichnisses steht ein Ungleich-Zeichen. So wie in: Der Zeitaufwand beim Schauen IST UNGLEICH dem Lustgewinn bei selbigem.

Motivierend ist das Ganze aber schon irgendwie. Also, auf die Robert McKee-Art zumindest. Wenn es Mama in die Kinos schafft, dann können wir das auch. Ich habe jedenfalls schon begonnen, Taxi Driver 2: This time, it's a bus! zu schreiben.

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MARKUS LUST

Goddamn Hippies

Was dieser Mann durchmachen musste oder besser was ihm nicht erlaubt wurde durchzumachen zeigt die selbstgebastelte Doku Meine keine Familie von Paul-Julien Robert. Die arme Sau wurde in eine Hippiekommune hineingeboren und in jenem regressiven Familiensystem quasi ein Gesellschafts-Waisenkind. Er fragt seine Mutter mit wie vielen Männern sie Sex hatte zu der Zeit und wer davon denn vielleicht sein Vater sei. Sie schüttelt den Kopf und leicht schmunzelt meint sie, das einfach nicht mehr zu wissen. Dann zählt sie ein paar Typen auf, die in Frage kämen der Papa zu sein. Dann hat sie auch außerhalb der Kommune eine normale Familie gegründet, mit vielen Kindern und mittlerweile Enkelkindern. Nur da gehört Paul-Julien eben nicht dazu.

Parallel flimmern auch Archiv-Videos aus der Kommunenzeit der Austeigermama. Glatzköpfige Frauen mit Hängebusen zementieren Hausmauern und eine ganze Traube Säuglinge wird in einer dreckigen Ecke gehalten. Dieses prinzipiell sicherlich liebevolle und von Urvölkern inspirierte Familienbild ist einfach vollkommen abgeschottet von der Welt da draußen, ich meine die unsere. Das ließ den kleinsten der Hippies keine Wahl in der Lebensführung und geht ironischerweise extrem gegen die eigene freigeistige Ideologie der Kommunennazis. Ich fand die Lebensgeschichte von Paul-Julien und viele der Szenen gruseliger als jeden Horrorfilm und musste nach kurzer Zeit abschalten. Freie Liebe hat einen Preis.

Josef auf Twitter: @theZeffo