FYI.

This story is over 5 years old.

It's still real to me, damn it!

Wrestling-Musik macht Ringglockengeräusche im Kopf

Zu Musik zu wrestlen ist zirka so wie zu Mathematik Sex zu haben. Trotzdem hat Wrestling etwas grundlegend Musikalisches an sich, genauso wie Sex intrinsisch mathematisch ist.

Zu Musik zu wrestlen ist zirka so wie zu Mathematik Sex zu haben. Trotzdem hat Wrestling etwas grundlegend Musikalisches an sich, genauso wie Sex intrinsisch mathematisch ist. Das stimmt zwar alles nicht, klingt aber viel reflektierter, als wenn ich euch einfach nur ganz banal jene drei Einzugsmelodien aufzählen würde, die ich euch heute präsentieren möchte: Nämlich die von Doink (dem Arschloch-Clown), Dusty Rhodes (dem aufgeplatzten Wurst-Klempner) und Joshi Tatsu (dem Japano-Klischee aus dem Globalisierungs-Limbus). Seht ihr? Klingt verdammt prosaisch. Lyrik, Alter! Wir wollen LYRIK!

Anzeige

Doink, oder: Fucked up kids are kinda funny!

Zwei Worte: Böser Clown. Mehr braucht es nicht, um eine ganze Generation von gepeinigten Achtzigerjahre-Geborenen aus den Socken zu hauen. Ach, was sage ich – mit bösen Clowns bringt man uns sogar dazu, die Socken nachher aufzuessen und Nachschlag zu verlangen.

Doink ist die Wrestling-Variante dieser Horrorvorstellung – wie „Es“, nur in echt. Also: echt im Wrestling-Sinne des Wortes. Ich meine, Stephen King mag ja irgendwie gruselig sein, aber der bunte Arsch mit den Piranha-Zähnchen war trotzdem nur eine Figur, die durch Filme und Bücher zog, und kein tatsächlicher Typ aus Fleisch und Blut, der im Live-Publikum nach Kindern suchte, um ihnen ihr Leben mit ein paar Spritzern Säure aus der Blume am Revers für immer zu versauen.

Wer die passende Einzugsmusik dazu hören will, muss nur die Sex-Clowns anklicken. Bin gespannt, wie ihr das eurem sozialen Umfeld erklären wollt.

Joshi Tatsu und Kung-Funaki, oder: Bam-Boom-Bang im Banzai-Double-Feature!

Also das mit den fremden Kulturen kann die WWE schon besonders gut. Inder ziehen zu Panjabi MC ein, Araber tragen Iran-Flaggen und Mexikaner fahren gestohlene Low Rider. Wrestling ist ein bisschen wie eine UNO-Vollversammlung – aus der Sicht eines sechsmonatealten Nazi-Babies. Auf Steroiden. Mit einem Mohnschnuller. Ihr wisst schon.

Aber bitte nicht falschverstehen: Ich glaube auch, dass Wrestling einfach ein Produkt der Globalisierung ist und damit auf stereotype Figure genauso angewiesen ist wie das nächstbeste Einkaufszentrum (ich sage nur: Sushi-Laden neben Italiener neben US-Burger-Kette und so weiter). Drum sind die Einzugsmelodien von Funaki und Yoshi Tatsu auch nicht sosehr rassistische Reisbauern-Verarsche, als vielmehr grenzgenialer Archetypen-Scheiß, der einfach auf den Punkt bringt, was die westliche Welt über Japan denkt – nämlich, dass alle wie mit Bienen im Darm durch eine Art Tetris-Welt wuseln, sich andauernd verneigen und freilich Kung Fu können.

Anzeige

Was natürlich auch stimmt. Aus unserer Sicht. Funaki hat seinen Namen deshalb irgendwann sogar auf Kung Fu Naki ändern müssen, nur damit auch wirklich allen klar ist, worum’s hier geht.

Je mehr man darüber nachdenkt, um so seltsamer kommt es mir vor, dass hier (vermeintlich reale) Dresch-Orgien als Kindergaudi im Kaugummigewand verkauft werden. Andererseits ist das dieselbe Firma, die uns unsre Adoleszenz mit bösen Clowns zunichte gemacht hat, also was will man schon erwarten.

Dusty Rhodes ist: inverser Schweizer Käse!

Wo fange ich an… Okay, also: Dusty Rhodes ist ein stolzer Mann aus einfachen Verhältnissen. Über Jahrzehnte hat der fettgewordene amerikanische Traum die größten Stars der Wrestling-Welt mit seinem „Bionic Elbow“ zermalmt und gehörte sogar selbst zur Elite des Showsports.

Dusty Rhodes hat gegen Ric Flair und Harley Race gekämpft, in Stahlkäfigen und ausverkauften Hallen, und wem das allein nicht als Referenz reicht, der kann sich gern bei mir einen bionischen Ellenbogen abholen kommen. Ganz nebenbei ist Dusty Rhodes auch der Sohn eines Klempners und hat es von ganz unten nach ziemlich weit weg von ganz unten geschafft; also mindestens bis dorthin, wo man sein muss, damit die Welt Actionfiguren von dir herstellen lässt (die deinen aufgeplatzten Wurstfleck auf dem Bauch nicht einmal kaschieren, sondern industriell vervielfältigen!).

Außerdem ist er fett wie ein Stück Pizzasalami, hat am ganzen Körper Hautplatzer, die aussehen wie Schrappnell-Narben, und lispelt so stark, dass man die Hand nicht vom Frequenzregler nehmen kann. Kurzum: Dusty Rhodes ist ein wandelndes Wunder. Oh, und als er in die WWE kam, trug er auch noch gepunktetes Stricher-Spandex oder wahlweise Vollvolumen-Vokuhila + Anzug und tanzte wie eine sehr glückliche Seekuh den Homo-Boogie für Texaner.

Wenn das nicht aus allen Löchern nach Geilheit schreit, weiß ich’s auch nicht. Für mich wird er immer der inverse Schweizerkäse bleiben – schwarz mit gelben Löchern, nicht fettarm, aber trotzdem geschmacklos, das ist unser Dusty. Und wir lieben ihn dafür. Naja, eigentlich lieben wir ihn eher, weil er trotz Sprachfehler Interviews geben konnte wie ein NLP-Gott und weil das alles einfach hervorragend zu diesem Knaller-Song hier passt:

Soviel also für dieses Mal. Ich geh mir jetzt die Gehörknöchelchen abputzen. Ihr könnt jetzt wieder eine Woche stillsitzen und euch darauf freuen, wenn ich euch mit den nächsten drei Melodien aus der motorischen Leerstelle herauslocke. Bis dahin: Mahalo!