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Niemand braucht ein Sequel zu Fight Club, Chuck Palahniuk!

Tyler Durden ist eine der größten popkulturellen Ikonen der 90er—und das sollte auch so bleiben.

Foto: Ernesto Sierra | Flickr | CC BY-SA 2.0

Chuck Palahniuk dürfte einer der meistzitierten Autoren unserer Zeit sein. Sein schöpferisches Lebenswerk umfasst neben Flug 93, Die Kolonie—was viel mehr eine Sammlung zutiefst verstörender Kurzgeschichten als eine tatsächlich logisch ineinandergreifende Story ist—oder dem knallharten Snuff, auch eins der populärsten Werke der jüngeren Literaturgeschichte: Fight Club. Die Geschichte eines jungen Mannes, der auf einer seiner Dienstreisen einen revolutionären Seifenverkäufer kennenlernt, der sein Leben für immer verändert. Während schon das Buch—insbesondere für das Erstlingswerk eines damals noch unbekannten Autors—einschlug wie eine Bombe, war es vor allem David Finchers Verfilmung, die den psychotischen Tyler Durden als Symbol von Anarchie, Chaos und kompromissloser Selbstbestimmtheit zum Helden einer ganzen Generation machte.

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Sogar Palahniuk selbst gab irgendwann zu, dass der Streifen mit Edward Norton und Brad Pitt seiner Geschichte eine ganz neue Tiefe gab. Warum auch nicht? Der Film war absolut fantastisch und hat auch 15 Jahre nach seinem Erscheinen nichts an Aktualität verloren. Dementsprechend fühlte ich mich ein bisschen wie Jacks überreizter Magen, als der gute Chuck verlauten ließ, dass ein Sequel in der Mache sei, das im Mai 2015 als zehnteiliger Comic auf den Markt kommen soll. Warum das meiner Meinung nach keine gute Nachricht ist? Ich werde es euch erklären.

(Im Folgenden werde ich explizit auf die Handlung von Fight Club eingehen. Deswegen, für all jene unter euch, die das letzte Jahrzehnt unter einem sehr großen Stein verbracht haben: Spoiler!)

Erinnert ihr euch noch an diese letzte Szene, in der der unbenannte Held der Geschichte (Edward Norton) Hand in Hand mit seiner großen Liebe, der psychotischen Marla Singer (Helena Bonham-Carter), vor der Fensterfront eines Hochhauses steht und dabei zusieht, wie die halbe Skyline in die Luft fliegt, während euch „Where is my Mind?” von den Pixies die Gänsehaut eures Lebens beschert? Das war einer dieser perfekten Filmmomente, die man niemals vergessen wird. Nicht jede Frage wurde im ganz großen Finale beantwortet, aber das ist OK. Man hat die Charaktere in einer „seltsamen Phase” ihres Lebens getroffen und wer weiß schon, wie es von da aus weitergehen soll? Oder viel mehr: Wer will das wissen?

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Zurück in die harte Realität. Bei der letztjährigen Comic-Con in San Diego kündigte Palahniuk zur Überraschung aller Fight Club 2 an, mittlerweile, rund ein Jahr später, gibt es erste Details zur Story. Die soll in zehn Teilen einer Graphic Novel erzählt werden. Statt dem namenlosen Hauptcharakter übernimmt dieses Mal das Alter Ego Tyler Durden—im ersten Teil durch eine Pistolenkugel im Kopf des Protagonisten zum Schweigen gebracht—das erzählerische Ruder und gewährt einen Blick auf das Leben von Cornelius (!) und Marla nach der Hochhaus-Explosion: „Er [Cornelius] lebt ein unglückliches Leben mit einer scheiternden Ehe und ist sich nicht sicher, ob er seine Frau noch liebt. Die typische Midlife-Crisis [Ich bin Jacks ungläubige Schnappatmung]. Marla ist auch unzufrieden und träumt von dem aufregenden Mann, in den sie sich einst verliebt hat [Ich bin Jacks aufsteigender Würgereiz].” Im Gespräch mit USA Today verkündete er außerdem, dass das Sequel rund zehn Jahre nach Ende des ersten Teils spielen würde–einer Zukunft, in der Cornelius (werde ich jemals darüber hinwegkommen?) und seine Angetraute zu allem Übel auch noch einen gemeinsamen Sohn haben.

Weil die ehemalige Femme fatale so gelangweilt ist, verändert sie die Dosis der Medikamente, die ihr Mann nehmen muss, um seine dunkle Seite in Schach zu halten und—Überraschung!—der anarchische Zwilling mit einer ausgeprägten Antipathie gegen jegliche Konsumgüter, fließendes Wasser und Strom ist wieder da. Nein, das ist kein Scherz.

Ich weiß nicht, ob es aus Reihen der Fans über Jahre hinweg immer wieder Rufe nach einer Fortsetzung gab und sich der gute Chuck irgendwann einfach dazu gezwungen gesehen hat, den Leuten das zu geben, wonach sie verlangen. Vielleicht ist er auch selbst in einer Midlife-Crisis, hat das Gefühl, nicht mehr dieselbe Relevanz wie noch vor ein paar Jahren zu haben und braucht schlicht und ergreifend Geld. Trotzdem gibt es absolut keinen Grund, mit irrem Grinsen auf seinem schriftstellerischen Vermächtnis herumzutrampeln und Charaktere zu demontieren, die zu den größten popkulturellen Ikonen der 90er Jahre zählen. Und wir alle wissen, dass irgendein Idiot diesen Schund dann auch noch verfilmen wird. Während ich Helena Bonham-Carter die düstere Marla nach wie vor abnehmen würde und Edward Norton sogar seine eigene Mutter spielen könnte, ist Brad Pitt, die kinderreiche Hollywood-Version des Rattenfänger von Hameln, einfach kein gottverdammter Tyler Durden mehr. Wobei all das wahrscheinlich noch besser wäre, als die Rollen komplett neu zu besetzen.

Brauchen wir wirklich ein detailliertes Szenario, in dem sich Marla und Jacks beginnende Erektionsstörung in der gemeinsamen Zwei-Zimmer-Wohnung auf den Sack gehen und sich um die Erziehung des gemeinsamen Sohnes Junior (!!) streiten? Gab es jemals einen Batman-Comic, in dem Gothams gute Seele vor einem seiner Einsätze Nervositäts-Durchfall hatte? Oder eine Alternativ-Version von Scarface, in der Tony Montana nicht stirbt und stattdessen irgendwann Inkontinenz-Windeln tragen muss? Es ist immer schwierig, den perfekten Punkt zu finden, an dem eine Geschichte enden muss, aber wer wirklich daran zweifelt, dass Fight Club das perfekte Ende hatte, der scrollt jetzt wieder nach oben und guckt bitte so lange das verlinkte Youtube-Video, bis er wieder klarkommt. Ich sage es dir ganz ehrlich, Chuck Palahniuk. Ich dachte immer, du wärest einer von den Guten. Wenn Fight Club 2 wirklich so furchtbar wird, wie es in deinen bisherigen Ankündigungen klingt, wirst du schneller Jacks offene Schädeldecke sein, als dir lieb ist.

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