Popkultur

Wie schön es gerade ist, Reiche auf der Leinwand leiden zu sehen

In aktuellen Filmen wie 'The Menu', 'Glass Onion' und 'Triangle of Sadness' werden Superreiche gequält – und das Publikum liebt es.
Eine Frau kotzt im Film 'Triangle of Sadness', 2022 sind gleich mehrere Filme erschienen, in denen reiche Menschen leiden.
Szene aus 'Triangle of Sadness' mit freundlicher Genehmigung von: Imperative Entertainment/Neon

Stinkreiche Menschen faszinieren uns: ihre Kleidung, was sie essen und ihre sonderbaren Bräuche – Burning Man, Polo, teure Sauerstofftherapien. Wir lieben es, ihnen dabei zuzuschauen, wie sie in Selling Sunset opulente Anwesen kaufen, sich in Succession gegenseitig zerfleischen oder in The Crown Geschichte schreiben. Aber diese Faszination hat noch eine andere Seite: Abscheu und Hass.

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Mindestens genauso gerne wie exklusive Einblicke in die Leben der Superreichen sehen wir ihren grausamen Niedergang. Und 2022 war das Jahr, in dem Hollywood das endlich für sich entdeckt hat.


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Von satirischen Thrillern wie The Menu bis hin zu bitterbösen Komödien wie Triangle of Sadness, dieses Jahr hat es gleich mehrere Werke gegeben, die man dem gerade von mir erfundenen Genre des "Eat the Rich"-Films zuordnen könnte. Selbst die HBO-Serie The White Lotus, in der eine Luxushotelkette zum Mikrokosmos der USA wird, zeigt uns den Exzess der Wohlhabenden und ihre Abscheu für die, die unter ihnen stehen. Filme über reiche Arschlöcher sind natürlich nichts Neues – siehe The Wolf of Wall Street oder Ready or Not – Auf die Plätze, fertig, tot –, aber jetzt sehen wir sie richtig leiden. 

Nehmen wir zum Beispiel Ruben Östlands mit der Goldenen Palme ausgezeichneten Film Triangle of Sadness: Russische Milliardäre und Influencer-Models gehen für ein extravagantes Wochenende an Bord einer Luxusyacht. Sie essen ausgefallene Wackelgerichte, in denen sich etwas Rohes befindet, das man vielleicht nicht roh essen sollte. Sie bräunen sich in der Sonne, nerven die Besatzung mit ihren abgehobenen Ansprüchen und verbringen zahllose Stunden damit, stumpf für Instagram-Fotos zu posieren. In der Mitte des Films dann allerdings kotzt sich jede und jeder einzelne dieser Schönen, Reichen und Privilegierten die Seele aus dem Leib. Sie reihern auf die teuren Teppiche, die maßgeschneiderten Klamotten und in ihre luxuriösen Suiten. Kotze überall.

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Aber Östland hört hier nicht auf. Den Rest des Films verbringt er damit, uns ein herrliches Spektakel des Niedergangs zu zeigen. Dabei greift er nicht auf Altbewährtes wie den klassisches Tod durchs Messer oder den schnöden Verlust ihres Reichtums zurück wie in Bong Joon-Hos oscarprämierten Film Parasite oder Rian Johnsons Mordsatire Knives Out. Östland liefert ein Spektakel aus Körperausscheidungen, Hunger, im Wasser schwimmenden Leichen, Pretzel Sticks und Rache. Triangle of Sadness setzt wirklich alles daran, die Reichen und Schönen vom Sockel zu stoßen. Es ist übertrieben, teilweise so unangenehm mit anzuschauen, dass man sich die Hände vor die Augen hält, und gleichzeitig spürt man auch ein bisschen Genugtuung.

Damit ist Triangle of Sadness nicht allein. Während 2019 in Knives Out die Angehörigen der Familie Thrombey alles verloren und eine Hausangestellte alles gewann, legt Johnson in der Fortsetzung Glass Onion einen drauf und fackelt eine ganze Privatinsel ab. In The Menu wiederum werden reiche Schnösel lebendig gebraten, wenn auch als Teil einer exklusiven kulinarischen Erfahrung. 

Vielleicht beginnt gerade eine neue Ära des Films. Anstatt fasziniert den luxuriösen Lifestyle der Superreichen zu bewundern, sind wir ihre egoistischen Exzesse langsam leid. Angesichts der drohenden Rezession scheint es nicht mehr ganz so unwahrscheinlich, dass einige Wohlhabende es bald nicht mehr sind. Klar, bis dahin ist es noch ein weiter weg, aber ganz so weit vielleicht dann doch nicht? Schon jetzt schauen viele schadenfroh zu, wie Elon Musks Imperium in seinen unfähigen Händen zerbröselt. 

Die neuen antikapitalistischen Filme und Serien können den Superreichen natürlich egal sein. Jenseits unserer Bildschirme dürfen sie ihr schönes Leben weiterleben, zwischen den vier Ecken unserer überhitzten Laptops allerdings erhalten sie die – oftmals brutale – Strafe für ihre Sünden in unserer modernen Welt, in der die Ungleichheit zwischen Arm und Reich weiter wächst. Ja, das mag ein bisschen sadistisch sein, moralisch fragwürdig ist es definitiv, aber diese Filme sind auch Ausdruck einer tiefsitzenden Wut. Es ist die Wut auf einen Teil der Gesellschaft, der ein opulentes Leben führt, während der große Rest leidet oder nur mit Mühen über die Runden kommt. Mit derselben Faszination, mit der wir zu den Reichen und Berühmten aufschauten, sehen wir sie jetzt scheitern – und das noch mehr als sonst.

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