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Archäologen entdecken zufällig ein riesiges Maya-Grab der „Schlangen-Dynastie“

In der Grabstätte tummelten sich neben Jadeperlen und Jaguarknochen auch die Überreste eines muskulösen Maya-Herrschers.
Die Pyramide El Castillo ist das Highlight der Maya-Ruinenstadt Xunantunich in Belize. Bild: James Diedrick/flickr

In Belize haben Archäologen gerade eine riesige Maya-Grabstätte entdeckt. Das Team um den Maya-Forscher Jaime Awe fand das bis zu acht Meter tiefe und über 1000 Jahre alte Grab in der Ruinenstadt Xunantunich im Westen des mittelamerikanischen Landes.

Mit dem Fund ist Awe und seinen Grabungsexperten ein Eintrag in der Archäologie-Geschichtsschreibung sicher: Es ist das größte Maya-Grab, das jemals in Belize gefunden wurde—und gleichzeitig ein Fund, der eher zufällig zustande kam. Eigentlich arbeitete das Team um den Belizer Awe gerade daran, die Treppe einer größeren Ruinenstruktur freizulegen, als sie plötzlich merkten, dass sie sich in einer riesigen Grabkammer befinden.

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Obwohl Archäologen bereits seit 1890 in Xunantunich graben, markiert die jüngste Entdeckung die erste Sterbestätte, die dort gefunden wurde. Schon alleine aufgrund ihrer Größe, die die Forscher bisher mit fünf bis acht Metern angeben, ist die Grabstätte ein außergewöhnlicher Fund. Ihrem Entdecker zufolge könnte sie zu den größten Grabkammern gehören, die jemals gefunden wurde. Auch die Konstruktion der Anlage ist eine Besonderheit: Die umliegenden Gebäude scheinen zur gleichen Zeit wie das Grab errichtet worden zu sein und die Ruhestätte architektonisch zu umschließen. Bisher gingen Forscher aufgrund dessen davon aus, dass die Maya ihre Tempel und Gebäude vor den jeweiligen Grabstätten errichteten. Die aktuelle Entdeckung könnte nun darauf hindeuten, dass der Bau einer Kultstätte eine zentrale Motivation bei der Konstruktion des Gebäudekomplexes in Xunantunich gespielt haben könnte.

Als wäre die Entdeckung nicht schon Coup genug, befanden sich in dem Grab neben 1000 Jahre alte Schichten aus Schutt und Staub auch die Skelettüberreste eines erwachsenen Mannes. Erste Knochenanalysen zeigen Awe zufolge, dass der Mann eine athletische Statur hatte und zum Zeitpunkt seines Todes „ziemlich muskulös" gewesen sein muss. Warum der Mann starb und welche Position er in der Maya-Dynastie innehatte, müsse noch genauer untersucht werden.

Ersten Schätzungen zufolge soll der Mann zwischen 20 und 30 Jahre alt gewesen sein, wie die Forscher anhand der Größe seiner Oberschenkelknochen, des Schädels und der Zähne herausgefunden haben wollen. Auch vermuten die Wissenschaftler, dass durch das Skelett des jungen Mannes einst blaues Blut strömte: Er soll zur königlichen „Schlangen-Dynastie" gehören, eines Maya-Herrschergeschlechts, das nach ihrem dynastischen Symbol—einem Schlangenkopf—benannt wird.

Neben dem Skelett des Maya-Herrschers schlummerten Dutzende Keramikgefäße, Jadeperlen und Obsidianmesser unter der Decke des Königsgrabes. Auch fanden die Forscher vereinzelt Tierknochen, mutmaßlich von Jaguaren oder Rehen.

Xunanunich befindet sich in Zentral-Belize und bedeutet übersetzt „Steinfrau". Der Name ist eine moderne Bezeichnung (mangels Kenntnis des ursprünglichen Maya-Names für die Stadt) und bezieht sich auf eine Legende, der zufolge Ende des 19. Jahrhunderts eine mysteriöse Frau in weißem Gewand und mit rot glühenden Augen den Ort heimsuchte und in einer Mauer des El-Castillo-Tempels verschwand.

1890 wurde der Maya-Ort im Urwald von dem britischen Archäologen Thomas Gann wiederentdeckt, ungefähr ein Jahrtausend nachdem die Anlage verlassen worden war.

Neben der Sterbestätte stolperte das Grabungsteam auch über wandgroße Schrifttafeln mit Hieroglyphen. Der Maya-Spezialist Awe, der zuletzt im Frühjahr in der Fachzeitschrift PARI Journal seine Arbeiten zu den schriftlichen Hinterlassenschaften der „Schlangen-Dynastie" präsentierte, kündigte bereits eine weitere Sensation an: Die neuen Tafeln könnten sich letzten Endes „sogar als bedeutender als die Grabstätte" erweisen, da sie einzigartiges Wissen über die Geschichte der sagenumwobenen Maya-Dynastie enthalten könnten, deren Untergang im 9. Jahrhundert die Wissenschaft noch heute vor ein Rätsel stellt.