Wenn sich Tätowierer an Schweinsköpfen auslassen dürfen

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Wenn sich Tätowierer an Schweinsköpfen auslassen dürfen

Wir haben uns mit dem New Yorker Fotografen Peter Garritano über seine neue Fotoreihe „Pigs" unterhalten, für die er verschiedene Tattoo-Künstler Schweinsköpfe mit Tinte verzieren ließ.

Design: Mehai Bakaty | Alle Fotos: Peter Garritano

Obwohl Schweinsköpfe dank eines gewissen englischen Premierministers in letzter Zeit in aller Munde waren, scheint sich trotzdem niemand wirklich deren Reiz bewusst zu sein. Ich wette, dass auch du dich in einer Metzgerei schon mal vor einem abgetrennten Schweinskopf geekelt hast, ohne dem toten Tier tief in die schmierigen, leeren Augenhöhlen zu blicken und dabei dessen ganze Pracht zu verstehen.

Auf den New Yorker Fotografen Peter Garritano trifft diese Behauptung jedoch nicht zu. Er sah in den langsam auftauenden, abgetrennten Schweinsköpfen eher eine etwas außergewöhnliche Leinwand, auf der sich Tattoo-Künstler nach Herzenslust auslassen könnten. Und so kam es, dass Garritano ein paar Schweinsköpfe zu seinen Lieblings-Tätowierern brachte und die Ergebnisse für sein aktuelle Fotoreihe „Pigs" fotografisch festhielt. Meine Neugier war geweckt und deshalb habe ich mich mit ihm über sein Projekt unterhalten.

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Design: Anderson Luna

VICE: Hey Peter. Wie haben die Tattoo-Künstler reagiert, als du ihnen von deinem Vorhaben erzählt hast?
Peter Garritano: Die meisten waren ziemlich angetan und mussten nicht zweimal überlegen. Ich glaube, wenn man tagein, tagaus mit fremden Körpern und Körperflüssigkeiten zu tun hat, dann ist ein solcher etwas morbider Auftrag wohl gar nicht mal so schlimm. Es gab allerdings auch ein paar Bedenken zwecks der Hygiene und am Anfang waren manche Künstler noch etwas zimperlich. Einer wollte aufgrund seiner vegetarischen Lebensweise gar nicht erst mitmachen—was ja auch verständlich ist.

Im Grunde lief es ungefähr so ab: Du hast Bock, ein Schwein zu tätowieren? Dann will ich sehen, was dabei rauskommt.

Verstehe. Gibt es bei den Designs eine Art roten Faden?
Ja, das Thema Tod ist oft präsent. Auch haben einige Tätowierer diverse Schweine-Wortspiele in ihre Arbeit mit einfließen lassen. Ich habe den Künstlern keine Vorgaben gemacht, sondern ihnen komplett freie Hand gelassen, denn ich wollte sehen, was sie sich dann einfallen lassen würden.

Design: John Reardon

Welche Künstler hast du in dein Projekt involviert? Waren dir viele verschiedene Stile wichtig oder durfte jeder mitmachen, der sich vor einem Schweinskopf nicht zu sehr ekelte?
Ganz am Anfang habe ich ein paar meiner Lieblingstätowierer erstmal unverbindlich gefragt, ob sie Bock auf so etwas hätten. Ein solch außergewöhnliches Vorhaben macht jedoch schnell die Runde und schon bald meldeten sich noch andere Interessenten. Natürlich habe ich auch denen gerne einen Schweinskopf zukommen lassen. Im Grunde lief es ungefähr so ab: Du hast Bock, ein Schwein zu tätowieren? Dann will ich sehen, was dabei rauskommt. So ist am Ende dann auch eine ganze Reihe an verschiedenen Stilen zusammengekommen.

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Gab es eine gewisse Erwartungshaltung? Und wie zufrieden warst du dann mit den Endresultaten?
Wegen der Ähnlichkeit zu Menschenhaut wird Schweinehaut von Tätowieren oft zu Übungszwecken verwendet. Deshalb ging ich auch davon aus, dass den Künstlern das Projekt leicht von der Hand gehen würde. Die Haut auf einem Schweinskopf ist jedoch ganz anders und variiert in Dicke sowie Oberflächenstruktur. Ich habe dann immer mal wieder bei den Tätowierern angerufen, um zu sehen, wie sie vorankommen. Dabei wurde mir öfters gesagt, dass man mit so einem Schweinskopf nur schwer arbeiten könne. Da habe ich mir dann schon erstmal ein wenig Sorgen gemacht. Als ich die Köpfe dann aber zurückbekam, sahen die Arbeiten durch die Bank fantastisch aus.

Design: Jon Jon

Die Schweine wirken einerseits so friedlich und entspannt, sind dann aber andererseits zum Teil mit brutalen Bildern übersät. Hast du insgeheim auf einen solchen Gegensatz spekuliert?
Das stimmt, sie sehen wirklich sehr zufrieden und entspannt aus. Die Mundwinkel von Schweinen sind von Natur aus auch ein wenig nach oben gezogen, also scheinen sie immer zu lächeln. Obwohl sich das Thema Tod durch viele der Designs zieht, finde ich sie trotzdem nicht wirklich brutal. Ich finde, dass die Farbe der Schweinsköpfe und das eben erwähnte Lächeln die Bilder sehr lebhaft machen und gleichzeitig beruhigend wirken—und das ist natürlich ein Gegensatz zu einigen der morbiden Tattoos.

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Design: Ronen Bichacho

Dieses Motiv finde ich ziemlich witzig. Wie interpretierst du das? Mit Äpfeln kann man jedes Schwein überzeugen?
Ein Apfel hat zwar richtig viele symbolische Bedeutungen, aber ja, ich glaube trotzdem, dass du damit richtig liegst. Ich bin auf einer kleinen Farm großgeworden und dort haben wir unsere Schweine immer mit Äpfeln gefüttert. Die lieben Äpfel einfach, aber im Grunde fressen sie dann doch alles, was du ihnen vorsetzt.

Design: Jim White

Isst du Fleisch? Hattest du ein Problem damit, abgesägte Schweinsköpfe durch die ganze Stadt zu tragen?
Ja, ich esse Fleisch. Ich habe auch mal als Koch gearbeitet und hatte deswegen auch keine wirklichen Probleme im Umgang mit den toten Tieren. Irgendwann kam ich auch dahinter, in welchem Zustand die Schweinsköpfe am leichtesten zu tätowieren sind: in der Mitte gefroren und außen leicht aufgetaut. So kann die Nadel leicht unter die Haut fahren, während das harte Innere den Kopf in Form hält und die Tinte nicht verlaufen lässt.

Design: Sue Jeiven

Welches Design gefällt dir letztendlich am besten?
Da kann ich mich beim besten Willen nicht auf ein bestimmtes festlegen. Die meisten Tattoos sind nicht ganz perfekt, aber genau das finde ich richtig gut. Es ist auch interessant zu sehen, wie sich die Pläne und Vorstellungen der Künstler im Laufe des ganzen Prozesses verändert haben, weil sie mit den Schwierigkeiten des Projekts immer besser klargekommen sind. Man kann es nur schwer erkennen, aber Ryan Roi hat auch die Augäpfel seines Schweins mit Tinte verziert. Irgendwie stehe ich auf sowas—also solche Sachen, die man bei uns Menschen nur selten oder überhaupt nicht sieht.

Danke für das Gespräch, Peter.

Design: Kenny K-Bar

Design: Ryan Roi

Design: Terry Tapp