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The World Hates You Issue

Der kleine Ahmadinedschad in uns allen

Am Freitag sind Wahlen im Iran, und passenderweise geht der Musiker Shahin Najafi wieder auf Tour. Dabei ist er mit einer Todesfatwa belegt worden, weil seine Lieder regimkritisch sind. Er wechselt ständig sein Aussehen, aus Angst erkannt und getötet...

Foto von Inga Liningaan Langkay

Vor circa einem Jahr kursierten in den Medien zum ersten mal Berichte darüber, dass der Musiker Shahin Najafi von einem iranischen Mullah mit einer Todesfatwa belegt wurde. Er hatte kurz zuvor einen Song veröffentlicht, in dem er den im Iran hochverehrten Imam Naghi anrief, wieder aufzuerstehen, um die aktuellen Probleme seines Landes zu lösen. Das Lied verbreitete sich rasend schnell über das Internet und die Sittenwächter reagierten sofort. Shahin steht in diesen Tagen zum ersten Mal seit über einem Jahr auf der Bühne und befindet sich auf Tour. Ich habe ihn vor seinem ersten Konzert nach der Fatwa im Berliner Lido besucht und mich mit ihm darüber unterhalten, wie es ist, wenn ständig ein Damoklesschwert über einem schwebt. Schon 2005 wurde Shahin im Iran wegen seiner Texte zu Gefängnis und Stockhieben verurteilt, doch bevor die Sittenwächter zugreifen konnten, konnte er fliehen. Seitdem lebt er in Deutschland. Vor dem Zugriff der iranischen Machthaber ist er trotzdem nicht sicher. Shahin kennt die Gefahr: „Eine Fatwa ist kein Spaß. Wenn sie die Möglichkeit haben, dich zu töten, dann tun sie das. Ich muss das ernst nehmen, aber ich darf mich nicht die ganze Zeit damit beschäftigen, denn das ist es, was sie wollen.“ Wer Fotos von Shahin gesehen hat, würde ihn nicht wiedererkennen. Der ständige Wechsel seines Aussehens ist eine seiner Vorsichtsmaßnahmen, doch ansonsten wirkt er ruhig und entspannt. Doch so ganz ausblenden lässt sich die politische Realität seines Heimatlandes auch nicht. Im Juni finden in der islami­schen Republik Iran die nächsten Präsidentschaftswahlen statt. Doch auch wenn Shahins Wort bei den Jugendlichen Gewicht hat, würde er niemals in die Politik gehen. Es ist die Angst vor der eigenen Korrumpierbarkeit, erklärt er, was ihn umso sympathischer macht: „Das iranische Regime hat etwas mit dem Verhalten und dem politischen Bewusstsein der Iraner selbst zu tun. In mir gibt es auch einen kleinen Ahmadinedschad und deshalb würde ich auch nicht in die Politik gehen, weil ich Angst davor habe, dass der dann durchkommt.“