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Sex-Touristen aus dem Westen stehen immer noch auf junge Ukrainerinnen

Während im Osten des Landes noch Krieg herrscht, bieten Heiratsagenturen im Westen immer noch ihre Dienste an. Und die Männer kommen aus der ganzen Welt.

Eine Bar in Odessa | Fotos: Sónia Almeida

Während in der Ostukraine weiterhin Krieg herrscht, locken Heiratsagenturen im Westen des Landes noch immer Horden von westlichen Männern an, die im Ausland nach der großen Liebe suchen.

Odessa—bekannt als Stadt der Gegensätze, wo Lamborghinis neben Ladas parken—ist nicht nur weit von den Kämpfen in der Donbass-Region entfernt, sondern auch ein echtes Mekka für halbseidene Geschäfte. Und Hochzeiten sind ein Teil davon.

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Alte Männer halten hier Händchen mit schönen jungen Frauen, die peinlich berührt zur Seite schauen, während die Männer sie abwechselnd küssen und aus ihren Bierdosen trinken. Trotz Berichten, dass die Sexindustrie kriegsbedingt schwächelt, sind die "Heiratsagenturen" in der Stadt am Schwarzen Meer nicht zu verfehlen. Und die Liebesabenteurer zeigen sich von der Gewalt in anderen Teilen des Landes völlig unbeeindruckt.

In einer angesagten Bar in Odessa treffe ich Ana und ihren Mann Nikita, die als Dolmetscher für Quan und seine mögliche Gattin in spe, Tanya, fungieren. Quan, der ursprünglich aus Chile kommt, erzählt mir, dass er in New Jersey lebt und eine Ukrainerin heiraten will, weil diese "arm und leichter zu handhaben" seien.

Überraschenderweise gelingt es dem Chilenen nicht, die deutlich jüngere Tanya für sich zu gewinnen. Die flüchtet lieber in einem Taxi, nachdem sie den ganzen Abend nur auf den Boden gestarrt hat. Ähnliche Szenarios laufen überall in der Stadt ab, wo ältere Männer junge Frauen ansabbern. Die eigentlichen Gewinner sind "Agenten" wie Ana und Nikita, die sich einen Platz auf dem florierenden Heiratsmarkt des Landes erkämpft haben.

Ukrainische Heiratsagenturen stellen durchschnittlich 30 Dollar in Rechnung, um einer Dame einen "kleinen, aber schönen Kuchen" zukommen zu lassen. Für 100 Dollar kann man auch "15 wunderschöne Rosen" zuschicken lassen. Das bedeutet eine nette Gewinnmarge, wenn man bedenkt, dass der Kuchen und die Rosen ansonsten 5 bzw. 30 Dollar kosten würden. Und wer gewillt ist, noch tiefer ins Portemonnaie zu greifen, kann für rund 200 Dollar auch ein Fotoshooting für seine Auserwählte ausrichten lassen (bei dem der Mann selbstverständlich über das Outfit bestimmen kann).

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Beim Heiratsgeschäft geht es um viel Geld, vor allem in einem Land, wo das monatliche Durchschnittseinkommen auf weniger als 250 Dollar gesunken ist. Da ist es auch nicht überraschend, dass überall Dolmetscher, Agenten und "potentielle Bräute" mit allen Tricks versuchen, Männern aus dem Westen das Geld aus der Tasche zu ziehen.

"Irgendwann fragte sie mich: 'Wirst du mir erlauben, in die Ukraine zu fliegen, um meine Familie zu besuchen?'"

In einem Irish Pub, Treffpunkt für Odessas Expats, bin ich mit dem 52-jährigen George Perry verabredet. George ist ein Zahnarzt aus New York, der sich kürzlich mit seiner dritten Ukrainerin verlobt hat. Der Psytrance-Fan bietet mir ein Stück selbst gebackenen Kuchen an, bevor er mir von seinem komplizierten Liebesleben erzählt.

George kam vor über einem Jahrzehnt in die Ukraine und heiratete seine erste Frau, Irina. Sie blieben acht Jahre zusammen. Irina, so sagt er, war Übersetzerin für eine Heiratsagentur, von der er behauptet, dass sie früher "besonderer Mist" war. Trotzdem verstanden sich George und seine zukünftige Braut und beschlossen, sich zu treffen.

"Wir kamen am ersten Tag direkt auf den Punkt, ohne Bullshit. Wir sprachen über Schönheits-OPs, wo wir leben würden, Kinder und all diese Sachen", sagt er. "Irgendwann fragte sie mich: 'Wirst du mir erlauben, in die Ukraine zu fliegen, um meine Familie zu besuchen?' Ich sagte ihr, dass sie ihre eigene Karte bekommen würde, um die Flüge zu buchen."

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Nachdem er und seine "beste Freundin" Irina sich getrennt hatten, bereiste George die Welt und suchte in Thailand, Kasachstan, Japan und Indien nach einer neuen Frau. Als das nicht funktionierte, ging er zurück in die Ukraine, wo er sich mit "Yulia" verlobte.

"Ich beschloss, in der Ukraine zu bleiben und Yulia reiste vor mir in die USA", so George. "Rate, wen sie am Flughafen traf? Meine erste Frau, Irina. Du kannst dir denken, was passierte, oder?"

Nach dem Zerwürfnis der beiden Frauen ging Yulia in einen anderen Bundesstaat, um bei Freunden zu wohnen. Georges derzeitige Frau, die ebenfalls Irina heißt, wird bald zum ersten Mal in die USA reisen. "So muss ich wenigstens nicht den Namen auf der Kreditkarte ändern lassen", witzelt er.

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Georges Situation scheint in Odessa relativ gewöhnlich zu sein und während ich mehr Paare erspähe, erinnere ich mich an Quans Aussage, dass er eine ukrainische Frau braucht, da seine "erste Frau Ukrainerin ist und ich jemanden brauche, der diese verdammte Sprache versteht, um mit den Kindern zu reden".

Ich frage die führende Femen-Aktivistin Inna Shevchenko, die aus der Ukraine ausgewiesen wurde, da sie ein christliches Kreuz abgesägt hat, was sie davon hält, dass Frauen aus ihrem Heimatland reiche Männer aus dem Westen heiraten. Für Shevchenko sind Frauen in der Ukraine die wahren Opfer.

"Der Grund, warum Frauen diesen 'Pakt mit dem Teufel' eingehen, ist ausschließlich ökonomischer Natur", sagt sie. "Es ist für Frauen in der Ukraine schwierig, ökonomisch unabhängig zu sein, auch wenn sie eine gute Ausbildung haben und qualifiziert sind. Der Krieg verschlimmert ihre Situation noch. Unsere Währung ist extrem schwach und wir haben Sicherheitsrisiken, die das Leben für Frauen dort so schlimm machen wie seit Jahrzehnten nicht. Junge Frauen sehen in ausländischen Männern eine Chance auf ein besseres Leben, eine Möglichkeit, zu gehen und dem lebenslangen Kampf zu entfliehen, den ihre Mütter und andere ukrainische Frauen erleben. Wen sollen wir hier verurteilen? Definitiv nicht die Frauen."

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Die US-Botschaft hingegen scheint in ihren Bemühungen, ihre schutzlosen Landsleute vor Ausbeutung zu beschützen, kein Problem damit zu haben, die Frauen zu verurteilen. Eine Liste an Warnungen für US-Bürger, die das Land besuchen, um potenzielle Frauen zu treffen, beinhaltet unter anderem:

- Sie kennen ihre Freundin oder Verlobte nur aus dem Internet und haben sie vielleicht noch nie persönlich getroffen.

- Fotos des Betrügers/der Betrügerin zeigen eine sehr attraktive Person und scheinen in einer professionellen Modelagentur oder in einem Fotostudio aufgenommen worden zu sein.

- Dem Betrüger oder der Betrügerin geht es extrem schlecht—er oder sie war in einen Autounfall verwickelt, wurde verhaftet, ausgeraubt, verprügelt oder liegt im Krankenhaus.

- Sie haben Geld für Visa oder Flugtickets geschickt, die Person schafft es jedoch nicht ans Ziel und beruft sich dabei auf Festnahmen durch die Immigrationsbehörden oder andere unerwartete Gründe, die sie vom Reisen abhalten.

Die Botschaft warnt außerdem: "Selbst wenn die Frau, die es Ihnen angetan hat, tatsächlich existiert und wirklich versucht, Sie in den Vereinigten Staaten zu besuchen, ist es unwahrscheinlich, dass ihr ein Visum ausgestellt wird."

Es scheint also so, dass auch wenn die Dienste ukrainischer Heiratsagenturen für westliche Männer mit Betrug enden können, in Wahrheit oft die Frauen die Arschkarte ziehen.