Spin Me Round

TRAINWRECK

If There’s Light, it Will Find You EP

Rockstar/Vitriol

Trainwreck sind auf dem Weg, das letzte Leidensröcheln der Menschheit mit einem adäquaten Score zu untermalen, in Phase zwei angelangt. Wir erinnern uns: Phase eins war ihr schonungslose Wucht. Hier dramatisieren sie das Geballer mit geradezu sinfonischem Wehklang in den Gitarren. In den intermediären Aspekten wünscht man sich noch mehr Willen zur Selbstfindung. Tolles Artwork, aber dann doch ein zu deutlicher Wink aus der guten Alten Zeit, in der sich Hardcorepunk vor der bösen Welt abschirmte. Es gibt heute keinen Ausweg mehr, und es gibt keinen Grund mehr einen zu suchen, wenn man die wahren Abschiedsmelodien in sich trägt.

MARIANNE FATEFULL

BIG KIDS

Phone Home LP

Protagonist/Adagio830

Gerne mal einen über den Durst trinkender EmoPunk, dem nichts leichter fällt, als die schlechten Vorurteile zu übertönen, die einem beim Wort ‚EmoPunk‘ blitzschnell und zu Recht in den Kopf schießen. Bodenständigste und langlebige Hymnen, die auch schon bei Hot Water Music, Dillinger Four oder Chamberlain funktioniert haben, abgeschmeckt mit Kumpelkult und Selbstironie. Du kannst mit dem Album den Abend deines Lebens haben und dich einen Tag später an seiner Schulter ausweinen. Denk jedoch nicht darüber nach, sie zu deinem neuen besten Freund zu machen, das wäre dann doch etwas albern.

BARLES CHUKOWSKI

THE WORLD DOMINATION

Hungry Men LP

The World Domination

Es gibt da diesen irre dreinblickenden Kerl, der hin und wieder mal plötzlich neben meinem Schreibtisch auftaucht und mir jedes Mal einen mächtigen Schrecken einjagt. Neulich war er wieder da, ohrfeigte mich mit dieser Platte, flüsterte mir die Worte „schreib nur, schreib, du Schreiberchen“ ins Ohr und hüpfte hysterisch lachend von dannen. Ich bin nun etwas verunsichert, was ich über The World Domination sagen soll. Ich glaube, gegen ihren Wahnsinn muss tatsächlich die ganze Welt machtlos sein. (Die hohe Wertung ist als Produkt von Fassungslosigkeit, Euphorie und Angstreaktion zu begreifen.)

SLAWE TO THE RHYTHM

NEUSTADT

Drohgebärden 12"

Themes For Great Cities

Dieser Platte liegt eine Presse-Info bei, in der Signalformulierungen wie „gleichgeschalteter Charakter des Projekts“, „historische Provokation“, „Distanzierung vom Werk“ und „Ästhetik einer Haltung“ dermaßen wirr übereinander stolpern, dass man sich ein wenig Sorgen um die Gesundheit der Urheber macht und gleichermaßen besorgt das Plattencover auf Hakenkreuze absucht. Glücklicherweise steckt dann doch nur gelungener, angekrauteter Postpunk Düsseldorfscher Prägung dahinter, der meint, auch Kunst zu sein, irgendwie.

NOT JUST BEUYS FUN

THE AUSTRASIAN GOAT/HOLLOW SUNSHINE

Collaboration 12"

Vendetta

Hollow Sunshine meditiert auf Valium über seine Godflesh-Sammlung, während The Austrasian Goat anschließend völlig überraschend beginnt, über seinem Todesrauschen eine Akustikgitarre zu zupfen. Die durch sämtliche Drone- und Shoegaze-Abgründe krauchende Co-Produktion auf B klingt dann schließlich als würden die Darmwinde von Satan höchstpersönlich deine Ohren zum Glühen bringen. Limitiert auf 300. Also nimm dir kein Beispiel am Tempo dieses schleichenden Gifts und spurte in den Plattenladen.

SPEEDY GONZALES

JOASIHNO

We Say: Oh Well

Red Can Records

Ich stehe ständig seufzenden Menschen skeptisch gegenüber. Sicher doch, es ist alles Scheiße, aber entweder wirfst du dich mit ganzer Brust dem Elend entgegen oder du hältst die Fresse. Der Albumtitel ist leider kaum missverständlich. Es sind natürlich ansprechende Momente, die dieser Joasihno an- und abschwellen lässt, nur bleibt es leider bei kleinlauter Indie-Schöngeisterei für eine Zielgruppe von sich ständig herzenden, apart gekleideten und ihre jeweiligen Blogs vollseufzenden Endzwanzigern, die sich nur zu gern unter akustischen Wolldecken wie diesen vor dem Ekel der Welt versteckt.

ROBINSON GRUESOME

BLCKWVS

0140 LP

This Charming Man/

Per Koro

Grundsolider, verfinsterter Postcore, der sich natürlich durch den Vokalverzicht bei der Projektierung etwas verdächtig macht. Solche Moden überlassen wir doch bitte in Zukunft den Opfern, die auch gleichseitige Dreiecke auf ihre Cover pappen, wenn die Indie-Vogue es so vorschreibt. Aber wer wären wir, wenn wir hier nicht gerne Abhilfe schaffen. Das erste fehlende A steht für ‚arschtretend‘, das zweite für ‚aber jetzt auch nicht außergewöhnlich‘ und das nicht vorhandene E für ‚eigentlich könnte man auch mal wieder Neurosis hören‘.

AIO OUIE

PYROLATOR

Neuland LP

Burau B

Man darf diesen Mann einen Säulenheiligen des deutschen Postpunk nennen. Er war am Anfang bei DAF dabei, ansonsten auch bei Fehlfarben und Der Plan, er hat Ata Tak gegründet und damals alles produziert, was bei Drei nicht auf der Ratinger Hof-Toilette war. Heute bringt er 24 Jahre nach seinem letzten Solo-Album ein analog-elektronisches Album heraus, das sich in seinen schwachen Momenten zu bereitwillig im Trance-Nebel der 90er verliert und in seinen besten den aktuellen Produktionsstandards keinesfalls hinterher hinkt. Dass es keiner der heutigen Techhouse-Heinis mit seiner kompositorischen Raffinesse aufnehmen kann, muss nicht extra erwähnt werden.

WESTBAMBULE