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Digital reanimierte Morbidität

Digitised Diseases ist eine eine virtuelle Bibliothek, die Geschichten von 1.600 Knochenproben aus ganz Großbritannien erzählt.

Der Screenshot von Digitised Diseases zeigt den rechten Fuß einer chinesischen Frau, der vermutlich seit ihrem zweiten Lebensjahr gefesselt oder verbunden war.

Knochen können Geschichten erzählen. Allerdings bekommen wir die anatomischen Episoden nicht unbedingt zu hören, es sei denn, wir brechen uns einen Knochen oder fallen vom Fahrrad. Jetzt gibt es eine neue Webseite aus England, die einige solcher Geschichten, von lang verstorbenen Menschenknochen, mit uns teilen möchte.

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Digitised Diseases nennt sich die Website für digitalisierte Krankheiten, und ist eine eine virtuelle Bibliothek von 1.600 Knochenproben aus ganz Großbritannien. Das Projekt entstand durch die Kollaboration von der Universität Bradford und der digitalen Technologie Organisation Jisc. Die Webseite ging gestern über das Royal College of Surgeons in London online, welches eines meiner liebsten Museen beherbergt, nämlich das Hunterian Museum, welches übrigens auch das ein oder andere Stück zur Sammlung beigetragen hat.

Weitere Exemplare kamen aus unterschiedlichen Quellen hinzu—von Universitätsarchive und von Jahrhunderte alten Friedhöfen—und einer noch breiteren Auswahl von Zeiträumen. Eines der häufigsten Themen sind die schweren und schmerzhaften Krankheiten, an denen die Personen, zu denen die Knochen gehören, gelitten haben: Lepra, Rachitis, Tuberkulose. Der forensische Wissenschaftler Andrew Wilson von der Universität Bradford hat sich im Guardian über die Sammlung geäußert: Es sei „eine groteske Schönheit."

Mithilfe von 3D Laser-Scanning, CT, und Röntgenaufnahmen nehmen die Zusammenstellungen von Schädel, Rippen, Wirbel und dergleichen eine detaillierte Form auf dem Bildschirm an. Digitised Diseases lässt den Beobachter die Exemplare erkunden, als lägen sie in seiner Hand.

Video von Jisc.

Online-Repositorien dieser Art werden in der Welt der Museen und der akademischen Forschung immer beliebter. Erst vergangen Monat veröffentlichte das Smithsonian Institut seinen interaktiven Rundgang der X3D-Kollektion, die es Nutzern ermöglicht, nicht nur digital mit den Museumsschätzen zu spielen, sondern auch in 3D auszudrucken. Du brauchst eine Kopie vom Kopf von Abraham Lincoln oder ein Mammut-Skelett? Kein Problem.

Einige der Motive hinter X3D und Digitised Diseases ähneln sich. 3D-Modellierung können fragile Artefakte bewahren und ihre Formen dokumentieren. X3D ist eher für die Öffentlichkeit bestimmt, aber Digitised Diseases ist hauptsächlich ein Instrument für Menschen aus verwandten Bereichen, wie medizinische Historiker und Archäologen—vielleicht auch für diejenigen, die sich einer digitalen Autopsie unterziehen oder über ein Smart Grave nachdenken. „Die Möglichkeit für Ärzte, angehende Mediziner und Medizinhistoriker sich archäologische Überreste anzusehen, um das Verständnis von moderner Medizin zu verbessern, wird hoffentlich von unschätzbarem Wert sein," sagte Paola Marchionni, Programm-Manaher von Jisc.

Das bedeutet aber nicht, dass andere außer Medizinern dieses Projekt faszinierend finden werden. Auch wenn viele der Krankheiten, die hier vorgestellt werden, ausgestandene Plagen sind, ist es trotzdem unglaublich wichtig ein historisches Portal für die Medizin und den menschlichen Körpers zu entwickeln. So können wir nachvollziehen, wie unsere Vorfahren lebten und starben, indem wir auf die Geschichten ihrer Knochen hören—und so mehr Respekt für medizinischen Fortschritt bekommen.