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The Children of the Dragon Issue

Topologische Materie In optischen Gittern

Ultrakalte Atomgase sind eine neue Form der Quantenmaterie, die momentan bei der Erforschung der Vielteilchenphysik im Vordergrund steht.

Illustration von Kamran Samimi Diesen Monat ist die Learnin’ Corner eine Erklärung topologischer Materie in optischen Gittern vom Physikdozenten W. Vincent Liu der University of Pittsburgh, dessen Abhandlung „Topologische Materie in optischen Gittern“ unser Interesse an topologischer Materie in optischen Gittern weckte. Ultrakalte Atomgase sind eine neue Form der Quantenmaterie, die momentan bei der Erforschung der Vielteilchenphysik im Vordergrund steht. Der Hauptschritt, um diese Form zu erzeugen, besteht in der Laserkühlung. Stellt euch den Laser als einen Haufen Photonen vor—die Photonen sind winzige Partikel und das Atom ist ein riesiger Partikel. Es ist wie ein großes Schiff auf See, das sich am Anfang schnell bewegt, aber wenn es dann von Millionen Partikeln wie von Fischen umgeben ist, entziehen diese Fische dem Schiff die kinetische Energie und verlangsamen dessen Bewegung. Der zweite Schritt im Prozess ist die evaporative Kühlung. Dabei hat man eine Art Tasse, aus der die kälteren Atome nicht wegfliegen können. Die heißeren Partikel entweichen jedoch aus der Tasse, sodass sich das System am Ende abkühlt. Und diese Verdampfung kühlt die Partikel bis in den Nanokelvinbereich ab, was der niedrigsten Temperatur entspricht, die Menschen je erzeugt haben. Die Atome bleiben gasförmig, weil die Dichte so gering ist. Genau genommen ist die Dichte sogar geringer als die der Luft, die uns umgibt. Der Begriff „Halbmetall“ wurde in der Vergangenheit schon für verschiedene Dinge benutzt. Wir verwenden den Begriff „topologisches Halbmetall“, um einen neuartigen Zustand zu bezeichnen, der weder ein Metall noch ein Isolator ist. Ein topologischer Isolator muss etwas haben, das seine Atome in eine einzige Richtung rotieren lässt. Normalerweise ruft man bei einem Quantenhallzustand von Elektronen diesen Effekt mittels eines Magnetfelds hervor, aber hier setzen wir Partikel in ein Doppelspaltgitter, und die Interaktion zwischen ihnen zwingt sie dazu sich auszurichten, sodass das ganze System sozusagen eine spontane Rotation entwickelt. Alle Partikel rotieren, und diese Ausrichtung senkt die Gesamtenergie. In der Physik wird der Vorgang als spontane Symmetriebrechung bezeichnet. Sie übernimmt die Aufgabe eines Magnetfelds. Es handelt sich um ein sehr spezielles Material, dessen Großteil ein Isolator ist (innerhalb des Systems können keine Ströme fließen), das aber gleichzeitig einen metallenen Rand besitzt, entlang dessen dann Ströme fließen können. Wenn man beispielsweise einen zweidimensionalen elektronenbasierten topologischen Isolator nimmt (der wie eine dünne Platte aussieht), können nirgendwo innerhalb der Platte Ströme fließen. Nichtsdestotrotz gleicht die Kante der Platte einem Draht, wo Ströme fließen können. In vielen Fällen kann der Kantenstrom nur in eine Richtung fließen (auch Axialvektorstrom genannt), ungefähr wie Autos in einer Einbahnstraße oder auf einer Seite der Autobahn. Eine weitere interessante und eher unerwartete Eigenschaft topologischer Isolatoren ist die Tatsache, dass die Leitfähigkeit des gesamten Systems sehr abhängig von dessen Form (Topologie) ist. Ein gewöhnlicher Isolator bzw. ein gewöhnliches Metall bleibt Isolator/Metall, unabhängig davon, wie man es formt. Wenn man dagegen einen topologischen Isolator von der Platte zu einer Kugel formt, wird aus dem System ein echter Isolator, da die Ströme mangels Kanten nirgends fließen können. Wenn aber die Platte die Form einer Scheibe hat, kann das System dank des Metallrands elektrische Ströme leiten. Dass die Partikel in eine Richtung fließen, ist ein wirklich erstaunliches Phänomen. Normalerweise bewegen sich die Partikel in einem System willkürlich in beide Richtungen, aber an der Kante unseres Materials bewegt sich alles in die gleiche Richtung, sodass die Partikel niemals kollidieren oder willkürlich hin- und herwirbeln. Diese Art von System hat also völlig andere Eigenschaften als herkömmliche Drähte. Und dieses Phänomen könnte enorme Auswirkungen haben.

Niedergeschrieben von Harry Cheadle