Eine Gruppe junger Männer steht unter Scheinwerferlicht vor einer Bühne mit einem religiösen Porträt. Solche schiitische Trauerrituale sind ein Weg für junge Männer in Basra dem deprimierenden Alltag zu entkommen, ein anderer ist Meth
In einer Hoseiniye in Basra | FOTO: MOHAMMED RASOOL 
Drogen

Meth und Milizen: Ein Besuch in Iraks Drogenhauptstadt

Ein gefährlicher Cocktail aus religiösem Extremismus, Drogen und unerträglicher Hitze hat Basra in ein Pulverfass verwandelt.

Gegen die drückende Hitze haben die Deckenventilatoren und die Klimaanlage keine Chance. 45 Grad sind es an diesem Abend in Basra. Den jungen Männern, die sich hier zu Dutzenden in einem Saal versammelt haben, scheint das aber nichts auszumachen. Unter dem Licht roter und blauer Scheinwerfer wiegen sie ihre nackten Oberkörper im Rhythmus der religiösen Gesänge des Mannes auf der Bühne. Von überlebensgroßen Porträts, die überall im Saal hängen, blickt Imam Husain ernst auf die Menge. Stundenlang bewegen sich die Männer wie in Trance, schlagen sich gegen den Rücken, die Brust und den Kopf.

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Was ein bisschen anmutet wie ein Rave, ist ein schiitisches Trauerritual. Unter der Herrschaft Saddam Husseins waren diese Selbstgeißelungsveranstaltungen verboten, heute finden sie in der irakischen Millionenstadt regelmäßig statt. Mit ihnen gedenken schiitische Muslime des Imam Husain, einem Enkel des Propheten Mohammed und Schlüsselfigur des schiitischen Glaubens.


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Einer der jungen Männer ist Ibrahim. Ihm helfe das Ritual dabei, der erdrückenden Lebensrealität der glühend heißen und gefährlichen Stadt zu entfliehen – und sich von Crystal Meth fernzuhalten. "Die andere Sache, die half."

Auch wenn Basra sehr konservativ und eine Hochburg des schiitischen Glaubens ist, geht es nicht überall in der Stadt so fromm zu.

Ibrahim arbeitete auf einer Baustelle, als er zum ersten Mal mit Meth in Kontakt kam. Fünf Jahre lang sollte ihn die Droge begleiten. Um Ibrahim nicht in Gefahr zu bringen, nennen wir hier nur seinen Vornamen.

"Es gab da einen Typen, der hat einen Zug aus einer Pfeife genommen und dann den ganzen Tag gearbeitet, ohne über die Hitze zu klagen", sagt der junge Mann. Er sitzt im Schneidersitz auf dem Boden seines Wohnzimmers. Ibrahims Haus befindet sich in einem der ärmsten Viertel der Hafenstadt.

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Die Temperaturen im Sommer sind in dieser Gegend kaum auszuhalten. Das Thermometer klettert hier immer mal wieder über 50 Grad. Basra ist eine der heißesten Städte der Welt. Die Arbeit auf den Baustellen ist entsprechend anstrengend. "Also habe ich mit zwei Freunden ein Tütchen gekauft und es selbst ausprobiert", sagt Ibrahim.

Noch vor zehn Jahren war Methamphetamin im Irak kaum verbreitet. Basra war vor allem Zwischenstation vom Produktionsland Iran zu den Märkten in Saudi-Arabien, Kuwait und dem Persischen Golf.

Seit einigen Jahren findet das hochpotente Aufputschmittel immer mehr Abnehmer in der heißen und gebeutelten Millionenmetropole, in der pro-iranische Milizen, eine schwache Regierung und Korruption ihr Unwesen treiben. Die Arbeitslosenquote in Basra beträgt 21 Prozent, Tendenz steigend. Meth und andere Drogen stellen die irakischen Behörden vor neue Herausforderungen, mit Betäubungsmitteln haben sie kaum Erfahrung. Es bahnt sich ein Konflikt zwischen dem irakischen Staat und den Drogenhändlern an, die eng vernetzt mit pro-iranischen Milizen sind. Die Milizen wiederum werden von mächtigen Stämmen unterstützt, die untereinander um Territorien und Schmuggelrouten an der iranischen Grenze kämpfen.

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Eine Frau geht durch eine staubige Landschaft mit Geröllhaufen und Strommasten

Basra leidet unter extremer Hitze | FOTO: HUSSEIN FALEH/AFP via Getty Images

Dabei hätte Basra beste Voraussetzungen, eine florierende Metropole zu sein. Im gleichnamigen Gouvernement lagern über 70 Prozent der irakischen Ölreserven. Außerdem befindet sich hier am Südostzipfel des Landes der einzige Zugang des Iraks zum Meer.

Während der Blütezeit des Islam war Basra ein wichtiges literarisches Zentrum. Die jüngere Vergangenheit der Hafenstadt ist allerdings von Kriegen und Konflikten geprägt. Sie war in allen drei Golfkriegen Schauplatz schwerer Kämpfe und Bombenangriffe, immer wieder kam es hier zu Aufständen gegen den früheren Diktator Saddam Hussein. Nach dem US-Einmarsch 2003 im Irak wurde Basra dann zur Hochburg militanter Schiiten und pro-iranischer Milizen.

Bis heute sind die bewaffneten Gruppen hier sehr präsent und üben großen Einfluss auf die Stadt und ihre knapp zwei Millionen Einwohner aus. In den vergangenen zehn Jahren entwickelten sie den Grenzübergang Shalamcheh zum Iran zu einem Drehkreuz des Drogenhandels. Die Namen der Gruppen sprechen die Menschen hier nur mit gedämpfter Stimme aus, bezeichnen sie euphemistisch als "politische Fraktionen" oder "Widerstand". 

Die Einheimischen sind stolz auf den historischen Reichtum ihrer Stadt und umso wütender über die grassierende Korruption und den religiösen Fanatismus, die den Alltag hier zur Hölle machen.

Einige junge Menschen kompensieren die erdrückende Lebensrealität von Basra mit Drogen. Methamphetamin konsumieren vor allem diejenigen, für die es kaum einen Ausweg aus der Armut gibt. Die Folgen spüren allerdings alle. 

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Auch Abbas, Besitzer eines Elektronikgeschäfts, ist betroffen, denn die Methkonsumenten basteln sich aus Glühbirnen Meth-Pfeifen. "Letztens erst war wieder ein Typ hier, der mich um eine Packung Glühbirnen angebettelt hat. Als ich ihm Nein sagte, wurde er wütend", sagt Abbas, der nur seinen Vornamen nennen möchte. 

"Manchmal machen Crystal-Konsumenten auch die Rücklichter von Autos oder Motorrädern kaputt und nehmen die Lampe raus, damit sie sich daraus Pfeifen machen können", sagt er.

Meth wird vor allem am nordwestlichen Rand von Basra gedealt, in Armenvierteln wie 5-Miles. Die Gegend ist nach seiner fünf Meilen langen Straße benannt, die parallel zu Gleisen und alten Kanälen verläuft.

Früher schwammen die Einwohner in den Gewässern, um der drückenden Hitze zu entkommen, heute sind die Kanäle zugemüllt. Ein öliger Film auf der Wasseroberfläche reflektiert die heißen Sonnenstrahlen. 5-Miles ist das ärmste Viertel der Millionenstadt. Elektrizität gibt es hier nur wenige Stunden am Tag, das monatliche Durchschnittseinkommen beträgt umgerechnet 200 Euro.

Eine Siedlung mit ärmlich aussehenden Hütten, im Vordergrund Bahngleise

FOTO: MOHAMMED RASOOL

Dealer fahren mit Motorrädern durch die engen Gassen und tauchen, wenn es sein muss, schnell in den Menschenmassen unter. Ein Gramm Meth kostet hier zwischen 5.000 und 15.000 Irakische Dinar, umgerechnet etwa fünf bis zehn Euro. Damit ist es billiger als eine Runde Bier und wird außerdem an jede Adresse geliefert.

Alkohol ist in Basra inzwischen nicht nur teurer als Meth, sondern auch schwieriger zu bekommen. Die religiös-konservative Regierung hat über die Jahre den Händlern die Lizenzen entzogen. Seit 2017 sind Alkoholgeschäfte quasi verboten. Angeblich weil die Ladeninhaber Alkohol an Minderjährige verkauften. Es gibt auch offiziell keine Bars, Clubs und andere unislamische Aktivitäten mehr, nachts kontrollieren Checkpoints das Verhalten der Einwohner.

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Wer Lust auf einen Drink hat, muss in die osmanische Altstadt, wo aus bestimmten Häusern heraus Bier und Schnaps in Plastiktüten verkauft wird. Man gibt seine Bestellung an junge Männer, die auf Treppenabsätzen vor offenen Haustüren sitzen. Sie laufen nach oben und bringen einem die Ware in einer schwarzen Plastiktüte.

Bierdosen und Schnapsflaschen stehen aufgereiht auf dem Boden, im Hintergrund Männer in Uniform

Immer wieder gehen die Behörden gegen Alkohol vor | FOTO: ESSAM AL-SUDANI/AFP via Getty Images

Trotz der Alkoholprohibition ist die Nachfrage hoch. Gerade einmal 100 Meter von einer Polizeiwache entfernt gibt es kühles Bier und lokal gebrannten Schnaps, wenn auch für den dreifachen Marktpreis.

An den Wochenenden versammeln sich Menschen in Grüppchen am Wasser, um dem Verkehr und ständigen Baulärm zu entkommen. Basra bereitet sich momentan auf den Golfpokal vor. Das Fußballturnier zwischen acht arabischen Staaten soll im Januar 2023 im Irak stattfinden. Bereits 2013 wurde ein Stadion für 550 Millionen US-Dollar gebaut. Das Großprojekt ist der ganze Stolz der Lokalregierung, andere kritisieren die immensen Kosten.

Der Schiffsfriedhof im Südosten der Stadt, wo Euphrat und Tigris als Schatt al-Arab in den Persischen Golf münden, ist ein beliebter Ort für Alkoholtrinker. Hier sitzen die Menschen neben alten Wracks von gigantischen Transportschiffen und kleinen Fischerbooten und trinken Bier aus schwarzen Plastiktüten.

Wer es härter mag, trinkt einen irakischen Whiskey, der säuerlich-metallisch schmeckt. Die Einheimischen nennen ihn Daesh, dem abwertenden arabischen Wort für die Terrormiliz Islamischer Staat, weil er in der ehemaligen IS-Hochburg Kirkuk gebrannt wird – und weil er einen höllischen Kater verursacht.

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Die Menschen bleiben hier bis Mitternacht, bis sie von der Polizei nach Hause geschickt werden. Junge Paare fragt die Polizei nach ihrem Ehestatus. Aber besonders auf Motorradfahrer haben es die Beamten abgesehen. Offiziell heißt es, die würden das Image der Stadt ruinieren und den Straßenverkehr für Besucherinnen und Besucher unangenehm machen. In Wahrheit versucht man so, gegen Drogen- und Alkoholdealer vorzugehen.

"Für junge Menschen ist es hart, hier aufzuwachsen. Dinge können sich schnell ändern – und das meistens zum Schlechteren", sagt Ibrahim, der bei der Arbeit auf einer Baustelle mit Meth in Kontakt gekommen war. Später hatte er die Droge auch mit zwei Freunden zusammen verkauft.

"Das Gefühl, unverwundbar zu sein, und diese unglaubliche Energie waren richtig gut, aber bald fingen die Probleme an", sagt er.

"Wir begannen, ordentliches Geld zu verdienen. Wir konnten ein Haus mieten und kauften uns eine Waffe. Vielleicht lag das an der Wirkung der Droge, eigentlich war keiner von uns auf solche Mafiaspielchen aus."

Die Geschäfte seien gut gelaufen, sagt Ibrahim. Wenn nicht, hätten sie von ihrem Zulieferer trotzdem neuen Stoff bekommen.

In Basra gibt es nur eine Entzugsklinik. Sie befindet sich hinter hohen Mauern und Stacheldraht auf der Rückseite des Fayha-Krankenhauses. Seit ihrer Gründung 2018 wurden hier etwa 2.600 Patienten mit Suchtproblemen behandelt.

Auch wenn die Einrichtung mehr an ein Gefängnis als ein Rehazentrum erinnert, kommen die Patienten hier freiwillig her oder werden von ihren Familien gebracht. Die Behandlung ist umsonst.

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"Als erstes rasieren wir ihnen den Kopf", sagt Klinikdirektor Kadhim Khayrallah. "Dadurch schämen sie sich, vor die Tür zu gehen. Ich empfehle den Familien der Patienten, das auch nach der Entlassung weiter zu tun, da Drogen durch schlechte Gesellschaft kommen."

Die Behandlung hier sei zwar streng, sagt er, aber es sei der einzige Weg, den Patienten die nötige Willenskraft zum Überwinden der Droge zu geben. "Sie stehen morgens auf, machen Sport, Therapie, frühstücken und treffen ihre Familien. Dann machen sie noch mal Sport, bevor wir sie für die Nacht wieder einschließen", sagt Khayrallah.

Momentan sind hier 30 Menschen in Behandlung. Einer von ihnen, ein junger Mann, der in einer Station auf einem Bett liegt, sagt: "Mir gefällt es hier so gut, dass ich gar nicht nach Hause gehen möchte." Vor 20 Tagen wurde er hier eingeliefert. Seinen Namen möchte er nicht nennen

"Immerhin haben wir hier rund um die Uhr Elektrizität und eine Klimaanlage. Bei mir zu Hause wäre das gar nicht möglich", ergänzt er, die Patienten neben ihm brechen in schallendes Gelächter aus.

Ein Kran hebt in einem Hafen einen Schiffscontainer von einem Lastwagen

Der Hafen von Basra eignet sich perfekt für den Meth-Schumggel | FOTO: HAIDAR MOHAMMED ALI/AFP via Getty Images

Drogenkonsumenten, die von der Polizei erwischt werden, landen nicht in der Klinik. Sie kommen stattdessen in ein heruntergekommenes Untersuchungsgefängnis im Viertel al-Qibla.

Viele Menschen verbringen hier bis zu sechs Monate in Untersuchungshaft, bevor ein Gericht eine Entscheidung zu ihrem Fall fällt. Die Zellen in den drei Sälen sind heillos überbelegt und für ihre schrecklichen Zustände berüchtigt. Die Gefangenen schlafen hier in Dreistundenschichten, weil es nicht genug Platz gibt, dass sich alle gleichzeitig hinlegen können.

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Jeden Samstag stehen Hunderte Männer und Frauen im Schatten vor dem Gebäude an, um für fünf Minuten ihre Söhne und Brüder zu sehen.

Umm Abbas ist eine von ihnen. "Ich habe meinem Sohn seine Lieblingssuppe und frisch gebackenes Fladenbrot mit gerösteten Sesamsamen gemacht. Er wurde wegen Dealen zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt", sagt die frustrierte Mutter. In einer schwarzen Abaya, dem islamischen Überkleid, sitzt sie auf dem Asphalt. Unter ihrem eng geschnürten Kopftuch treten ihre sonnenverbrannten Wangen hervor.

"Ich will nicht, dass er in das große Gefängnis kommt. Sie sagen, er sei ein Dealer, aber der Anwalt war ein Hurensohn. Ich habe ihm zehn Millionen Irakische Dinar gegeben, umgerechnet etwa 7.000 Euro, und er ist noch nicht mal im Gericht erschienen. Wir haben es sogar mit einen Stammes-Ausgleich probiert, aber das hat auch nichts gebracht", sagt sie.

Die Korruption und festgefahrene politische Situation in Basra haben zu einem Machtvakuum geführt, das die lokalen Stammesführer gefüllt haben. Sie kümmern sich um einen Großteil der sozialen und kriminellen Probleme der Stadt.

"Im heutigen Irak haben wir die traurige Realität, dass der Staat eine Art Geist ist. Wir müssen einspringen und mit traditionellen Methoden ein Gesellschaftschaos verhindern", sagt Scheich Ali al-Aliyawi vom Stamm Al Bu Ali, einem der großen Stämme der Stadt. Wir unterhalten uns in einem opulenten Raum seines Anwesens, ausgestattet mit goldenen Möbeln.

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Uniformierte Männer stehen auf einem gepanzerten Kettenfahrzeug und blicken auf eine vorbeigehende verschleierte Frau

Schiitische Gruppen sind in Basra ein alltäglicher Anblick | FOTO: HUSSEIN FALEH/AFP via Getty Images

"Als Führer der Gemeinschaft haben wir uns bei Drogen auf eine gemeinsame Richtung geeinigt. Wir werden niemanden unterstützen, der von so einem Gift heimgesucht wird", sagt er. Ali al-Aliyawi trägt eine lange weiße Robe, in seiner Hand hält er eine silberne Gebetskette.

"Das Stammessystem und die Zusammenkünfte folgen dem Weg der Gerichte und untersuchen jedes Detail. Was Drogen angeht, haben wir klar gemacht, dass jeder, der Probleme mit diesem Gift hat, zurückgewiesen wird und keine Unterstützung von den Stämmen bekommt."

Die beiden jungen Anwälte Mustafa Hassan und Munis Abulrazzaq betreiben eine Kanzlei nur wenige Blöcke vom Qibla-Untersuchungsgefängnis entfernt. Sie sagen, der Einsatz von Gewalt und Folter sei für Polizeibeamte normal, wenn sie mit Verdächtigen im Bereich der Drogenkriminalität zu tun haben.

"Zehn von zehn Drogenkonsumenten droht nach ihrer Festnahme Folter und ein erzwungenes Geständnis. Leider ist das eine einfache Methode für die Beamten, mehr Informationen über Vertriebsnetzwerke zu kriegen und größere Ziele festzunehmen", sagt Hassan.

"Medizinische Versorgung und Rehazentren wären die Lösung für das Meth-Problem. Die mangelnde Erfahrung des irakischen Systems mit solchen Krisen führt zu überfüllten Gefängnissen und langen Haftstrafen für unschuldige und vulnerable Menschen", sagt er.

Abdulrazzaq ergänzt: "Ein weiteres Problem ist, dass die Menschen in unserer Gesellschaft nicht wissen, dass Anwälte ihnen helfen können. Die Beamten sagen den Verdächtigen, dass Anwälte nutzlos seien und Kooperation mit der Polizei der einzige Weg nach draußen."

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Eine Flusspromenade, in der Ferne erkennt man im Dunst zwei große Brückenpfeiler

Foto: mohammed rasool

Der Bauarbeiter Ibrahim ist seit 18 Monaten clean, geholfen hat ihm eine Begegnung mit der Polizei.

"Einmal wurde ich mit über zehn Gramm Crystal, ein paar Pillen und einer Pistole erwischt", sagt er. "Das waren die längsten 15 Minuten meines Lebens. Ich wartete darauf, dass sie mir etwas antun. Aber dann habe ich dem Polizisten meine Pistole angeboten und er hat mich laufenlassen."

"Ich habe dann eines Tages einfach aufgehört. Ich wusste, dass das nur geht, wenn ich mich zu Hause einschließe. Ich habe das Haus acht Monate lang nicht verlassen. Als ich dann zum ersten Mal wieder raus bin, hatten die Lockdowns begonnen. Ich wusste nicht, warum Menschen Masken trugen", sagt Ibrahim.

Als frommer Schiit besucht Ibrahim jeden Abend eine Hoseiniye, eine spezielle Versammlungshalle für schiitische Zeremonien.

"Einer meiner Freunde wurde ein paar Monate, nachdem ich in Isolation gegangen bin, erwischt. Er hat ein Jahr im Gefängnis verbracht. Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, war von der Erfahrung extrem mitgenommen." Der andere sei auf größere Geschäfte umgestiegen und nach seiner Verhaftung zu zehn Jahre verurteilt worden.

"Ich habe zurück auf den Pfad von Imam Hussain gefunden", sagt Ibrahim. Um ihn herum wiegen sich junge Männer im Rhythmus der religiösen Klänge und singen schweißgebadet den Namen des Imams.

Solange die Milizen ungehindert Drogen über die iranische Grenze schmuggeln können und die Regierung durch Korruption gelähmt und mit ihren Aufgaben überfordert ist, wird sich das Meth-Problem weiter ausweiten.

Den jungen Menschen in Basra bleiben aktuell eigentlich nur drei Optionen: Entweder sie greifen zum Koran, zur Waffe oder zur Pfeife.

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