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Stephan Mayer ist innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag und hat am Gesetzesentwurf mitgearbeitet. Auch er vertritt die Haltung, jene Menschen einzuladen, die diesem Land nützen und ehrlich unseres Schutzes bedürfen, und all jene abzuweisen, die dieses Land nur ausnutzen wollen. Mit dieser Haltung steht er nicht alleine. Erst in der letzten Woche pöbelte CSU-Chef Horst Seehofer gegen Asylbewerber, der ebenfalls zwischen guten und schlechten Fluchtgründen unterschieden wissen will, und auch Pegida stellte in ihren Forderungen klar, dass man Kriegsflüchtlingen Schutz gewähren müsse, alle anderen aber schnell und konsequent abzuschieben habe.Wir haben Stephan Mayer um ein Interview gebeten, das aus Zeitgründen nicht zustande kam. Allerdings war der 41-jährige Jurist aus Altötting bereit, uns einige Fragen in schriftlicher Form zu beantworten.VICE: Zurzeit befinden sich aufgrund der aktuellen Rechtsgrundlage so wenig Menschen in Abschiebehaft wie noch nie zuvor. Aufgrund des Gesetzentwurfs ist zu befürchten, dass sich dies ins genaue Gegenteil verkehrt und wieder mehr Menschen in Abschiebehaft genommen werden sollen. Warum kommen Sie den Bitten der Verbände namentlich des Jesuitenhilfswerks nicht nach, das Sie aufgefordert hat, „auf Alternativen zur Abschiebehaft" zu setzen?MUNICHES: In Frankreich gibt's Sterne-Essen im Flüchtlingsheim
Stephan Mayer: Abschiebungshaft ist nach alter und neuer Rechtslage immer nur letztes Mittel. Wenn mildere Mittel ebenfalls ausreichend sind, scheidet eine Inhaftierung aus. Das steht schon heute im Gesetz (§ 62 AufenthG) und ergibt sich auch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Auch in der Verwaltungsvorschrift zum AufenthG (i.V.m. § 46 AufenthG) benennen wir schon heute zahlreiche Haftalternativen. Grundvoraussetzung muss aber sein, dass diese Mittel auch ausreichend geeignet sind. Leider ist dies nicht immer der Fall, wenn sich ein Ausreisepflichtiger (teils menschlich verständlich) unbedingt seiner Aufenthaltsbeendigung widersetzen möchte. Dann brauchen wir als Ultima Ratio auch eine vorübergehende Ingewahrsamnahme, damit der Aufenthalt auch wirklich beendet werden kann. Zudem gilt der Richtervorbehalt.
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Der Gesetzentwurf wurde ausführlich innerhalb der Bundesregierung abgestimmt und sorgfältig im Bundestag beraten. Zudem sind Stellungnahmen von Ländern und Verbänden bzw. die Stellungnahme des Bundesrates eingeflossen. Eine innere Widersprüchlichkeit vermag ich daher nicht zu erkennen.Sicherlich ist das Aufenthaltsrecht komplex. Das ergibt sich aber auch aus der Vielschichtigkeit der zu regelnden Lebenssachverhalte und den detaillierten Vorgaben des Europarechts und der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Um eine schnelle und rechtskonforme Umsetzung in der Praxis zu garantieren, wird das Bundesministerium des Innern auch Anwendungshinweise für alle Bundesländer erarbeiten.Ist davon auszugehen, dass alle Mitarbeiter der Ausländerbehörden und des BAMF das Gesetz verstehen und richtig anwenden werden können?
Davon gehe ich aus. Die Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern werden sicherlich eine wichtige Hilfestellung sein, ebenso Schulungen, die in den Behörden geplant sind. Um die Einarbeitung der Ausländerbehörden und ordentliche Schulungen zu erleichtern, werden einige Regelungen, z.B. das neue Ausweisungsrecht, auch erst sechs Monate später in Kraft treten.
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Wenn man sich die Regelungen unvoreingenommen ansieht, bemerkt man schnell: Schutzbedürftige und gut integrierte Ausländer werden mit diesem Gesetzentwurf deutlich besser gestellt. Das gilt z.B. für Resettlement-Flüchtlinge, Opfer von Menschenhandel und die Erleichterungen im Familiennachzug. Auch das alters- und stichtagsunabhängige Bleiberecht für nachhaltig integrierte Geduldete ist ein Meilenstein für viele tausend Geduldete in Deutschland. Zudem werden gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende weiter privilegiert. Nicht zuletzt stellen wir nun gesetzlich klar, dass junge Menschen auch ohne regulären Aufenthaltsstatus eine Berufsausbildung in Deutschland absolvieren können.Daneben gibt es aber auch Ausländer, die unter gar keinem Gesichtspunkt—auch nicht humanitär—für ein Aufenthaltsrecht in Betracht kommen. Hier müssen wir unser geltendes Recht beachten und konsequent bestehende Ausreisepflichten durchsetzen. Es kann doch zum Beispiel nicht sein, dass ein Ausländer, der die Behörden anlügt und seine Identität verschleiert, am Ende auch ohne Schutzbedürftigkeit hierbleiben kann und besser da steht als ein rechtstreuer und kooperativer Ausländer. Das ist für mich auch ein Gebot der Verfahrensgerechtigkeit.
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Die Inhaftnahme für die Überstellung eines Ausländers in den zuständigen Mitgliedstaat richtet sich allein nach Artikel 28 Absatz 2 Dublin III-Verordnung. Der nationale Gesetzgeber hat hier überhaupt kein Mandat. Kritik an der europarechtlich vorgegebenen Überstellungshaft müsste also an Brüssel adressiert werden.Unser Auftrag, den auch der BGH in der genannten Entscheidung nochmals betont hat, beschränkte sich ausschließlich darauf, Anhaltspunkte für die Annahme von Fluchtgefahr im Gesetz zu definieren. Das haben wir getan. Die jetzt geregelten Kriterien für Fluchtgefahr orientieren sich ganz eng an den schon heute von der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen. Eine Verschärfung ist damit nicht verbunden.In Absatz 14 Nummer 4 des Gesetzes heißt es zum Beispiel: „der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96 aufgewandt, die für ihn nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass darauf geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren." Dies ist doch nicht eindeutig berechenbar, messbar und kontrollierbar. Wer befindet darüber, was der Geflüchtete als „vergeblich" oder nicht bewertet?
Die teils ganz erheblichen Geldzahlungen an einen Schleuser sind dann vergeblich, wenn der Betroffene letztlich doch in sein Heimatland abgeschoben wird. Denn dann war auch der finanzielle Aufwand, der häufig ganze Familien oder Dorfgemeinschaften belastet hat, umsonst. Die Hoffnung, dass der Geschleuste in Europa seinen Lebensunterhalt verdienen kann und die Familie in der Heimat versorgt oder nach Europa nachholt, würde bei einer Rückkehr bitter enttäuscht. Aus einer solchen Situation kann natürlich ein großer psychologischer Druck für den Ausländer entstehen, sich der Abschiebung zu entziehen. Das ergibt sich nicht nur aus dem gesunden Menschenverstand, sondern ist auch schon längst höchstrichterlich anerkannt.
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Ihre Annahme weise ich zurück. Selbstverständlich ist der neue Ausreisegewahrsam grundrechtskonform und kann nicht beliebig verhängt werden. Wir legen doch ganz deutlich fest, dass der Ausreisegewahrsam von wenigen Tagen nur dann in Betracht kommt, wenn der Ausländer zum einen die freiwillige Ausreisefrist schuldhaft und erheblich hat verstreichen lassen und sich darüber hinaus nicht kooperativ verhalten hat, zum Beispiel durch Identitätstäuschung gegenüber den Behörden. Im Übrigen muss der Ausreisegewahrsam immer durch einen unabhängigen Richter angeordnet werden, der ebenso wie die beantragenden Behörden natürlich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten hat.„Zahlungen an einen Schlepper, Unterdrücken von Reisedokumenten oder falsche Angaben zur Identität sind typische, aus der Not geborene Verhaltensweisen von Flüchtlingen und dürfen kein Grund für eine Inhaftierung sein", heißt es in einer Kritik des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes an dem Gesetzentwurf und weiter, dass diese Verhaltensweisen auf fast alles Geflüchteten zutreffen und somit jeder Flüchtling von den Neuregelungen betroffen sein kann, was wiederum zu einer massenhaften Inhaftierung führen könnte. Geben Sie den Kritikern Recht, die deshalb von einem Masseninhaftierungsprogramm für Flüchtlinge sprechen?
Diese Befürchtung ist nicht zutreffend. Schutzbedürftige werden in Deutschland ohne Wenn und Aber aufgenommen und nicht inhaftiert.
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Was halten Sie von dem Vorwurf, dass sich Deutschland mit diesem Gesetz weiter gegen Flüchtlinge abschottet?Lest bei VICE warum Asylbewerber sich in Hamburg ausziehen müssen
Auch dieser Vorwurf ist unzutreffend und wohl eher von selbstgerechter moralischer Überhöhung als von den Realitäten geleitet.Aus welcher Position argumentieren Sie und die Bundesregierung? Worum geht es Ihnen vornehmlich in diesem Gesetz? Was versprechen Sie sich von diesem Gesetz?
Mir geht es um ein ausgewogenes und faires System: Wer Schutz vor Krieg und Verfolgung benötigt, soll ihn bei uns ohne Wenn und Aber bekommen. Wer sich hier gut integriert hat, darf bleiben und ist uns willkommen. Aber wer weder verfolgt ist und auch sonst unter keinem Aspekt für ein Bleiberecht in Betracht kommt, muss wieder nach Hause reisen und zwar schnell. Nur mit einer solchen, sachgerechten Differenzierung können wir die Akzeptanz in der Bevölkerung für die Aufnahme von wirklichen Flüchtlingen und die legale Zuwanderung nach Deutschland langfristig erhalten und stärken und das ist mir wichtig. Beide Aspekte—Bleiberechte und Aufenthaltsbeendigung—gehören zusammen.Warum sollen Menschen überhaupt ins Gefängnis gesteckt werden, wenn ihr einziges Vergehen darin besteht, sich für eine bessere Zukunft in ein anderes Land auf den Weg gemacht zu haben?
Nicht jede Bedürftigkeit ist ein Asylgrund. Nicht jede Hoffnung auf eine bessere Zukunft führt zur Schutzbedürftigkeit im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention oder unseres Asylgrundrechts. Eine unkontrollierte Zuwanderung im Sinne eines allgemeinen „pursuit of happiness" würde die Aufnahmeländer völlig überfordern und den Herkunftsländern unendlich schaden.Unser demokratisch gebildetes Asyl- und Aufenthaltsrecht sieht eben kein Bleiberecht für alle vor, auch wenn das manchen politischen Akteuren wünschenswert erscheinen mag. Ich glaube aber nicht, dass ein solches mehrheitsfähig wäre, und hielte es auch für völlig falsch.