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Cocktails

Barkeeper in New Orleans: Ruhende Pole inmitten des Chaos

Die besten Barkeeper leben hier in New Orleans, aber ich bin komplett voreingenommen. Wir wissen wie man nach der Arbeit trinkt, sich vornehm benimmt und alles unter Kontrolle hält, wenn es verrückt wird. Wie damals, als ich eine 50-jährige tanzende...

Die besten Barkeeper der Welt leben in New Orleans. Ich bin aber komplett voreingenommen. Sie machen unglaublich gute Cocktails, betrinken sich an ihren freien Abenden und sind trotzdem irgendwie noch verantwortungsbewusst, wenn sie besoffen sind. Ich bin auch ein Barkeeper. Am Ende seiner Schicht hat ein Barkeeper unzählige Drinks gemixt und deshalb geht er nicht in die nächste Bar rein und bestellt irgendeinen komplizierten Cocktail—wenn er mit dir befreundet ist. Das ist unhöflich. Die meisten werden irgendetwas Einfaches bestellen und sich (mit dir) nach ihrer Schicht betrinken. Es ist ganz leicht. Mit einem Shot und einem Bier erreichst du genau das.

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Ich habe selbst fünf Jahre in der New Orleans-Barkeeperszene gearbeitet. Es gibt die unausgesprochene, gemeinsame Erwartung in unserer Community, dass du mindestens genauso gut darin sein solltest, freundlich und unterhaltsam zu sein, wie in deinem Handwerk. Das ist Teil davon, was es bedeutet, ein Südstaatler zu sein. In der Gastronomie im Süden zu arbeiten heißt, du musst freundlich, nett und zuvorkommend sein. Jedem, der in meinem neuen Restaurant Oxalis an der Bar arbeitet, liegt viel an der Arbeit und behandelt die Kunden, als wären es Freunde. Was sie oft auch werden. Wir dienen wörtlich unserer Community.

Es gibt die unausgesprochene, gemeinsame Erwartung in unserer Community, dass du mindestens genauso gut darin sein solltest, freundlich und unterhaltsam zu sein, wie in deinem Handwerk.

Wir sind für unsere saisonalen Cocktails bekannt, aber dieser Einfluss—oder eher der gegenwärtige Aufschwung der Cocktailkultur—hat sich ansonsten nicht bis nach New Orleans durchgesetzt. Es fing in New York und in Chicago an. Auch hier gab es immer schon eine unübersehbare Cocktailszene—verdammt, wir haben den Cocktail erfunden—aber wir hatten nie diese Herangehensweise an Cocktails als Handwerk, was bis vor Kurzem die New Yorker Szene zum Aufblühen brachte. Den einflussreichen Leuten, die die Wiederbelebung antrieben, lag sehr viel an der Geschichte und an einem tiefgehenden Verständnis für die Herkunft der Cocktailrezepte, weil das den Urvätern der Cocktails auch so wichtig war. In dieser Hinsicht erwiesen sie New Orleans und unserer langen Cocktailtradition wirklich eine Ehre. Das inspirierte eine talentierte Gruppe von jungen Leuten aus New Orleans dazu, diese Renaissance auch hier passieren zu lassen.

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Einige dieser Leute arbeiteten früher in traditionsreichen kulinarischen Einrichtungen in New Orleans, wie zum Beispiel die Barkeeper Kirk Estopinal und Neal Bodenheimer im Cure oder Chris Hannah im French 75, der Bar des Restaurant Arnaud's. Das unterscheidet sie von den New Yorker Barkeeper. Sie kennen sich alle mit diesen vornehmen Old School Südstaatler-Manieren aus, weil es die Restaurants schon seit Ewigkeiten gibt. So macht man das in New Orleans.

Als ich mich kopfüber in die Barkeeperszene stürzte, arbeitete ich in der Bar Tonique in der Innenstadt von New Orleans, die unter den Einheimischen dafür bekannt ist, dass dort besondere Cocktails und billiges Bier auf derselben Karte stehen. Eines der am häufigsten bestellten Getränke war der Mint Julep, vor dem ich mich immer fürchtete, wenn ich ihn mixen musste. Ich arbeitete oft Montag abends. Das war super. Auch wenn nicht so viel los war, kamen immer die Leute aus der Szene hierher, gaben richtig gutes Trinkgeld und erzählten mir den neuesten Klatsch und Tratsch vom Wochenende.

Es war echt komisch, eine ältere Frau vom Mahagonibartresen zu ziehen. Sie weigerte sich runterzuspringen, sogar nachdem ich zu ihr sagte: „Du bist 50, geh von der Bar runter!"

Zu später Stunde an einem heißen und feuchten Sommerabend hatten wir ein bisschen zu viel Spaß. Die Stimmung in der Bar war durch ein paar Barkeeper, die schon mit ihrer Schicht fertig waren, ganz entspannt und alle waren ein bisschen angeheitert. Ich sollte die Bar schließen. Um ca. ein Uhr morgens kamen noch drei Leute rein. Obwohl ich gerade dicht machen wollte, dachte ich mir, scheiß drauf, ich werde das Beste daraus machen. Und ich schloss die Bar nicht. Ich spielte SBTRKT und das gesamte Personal aus Jon Beshs italienischem Restaurant kam. Plötzlich watschelte eine Dame von der Straße in die Bar rein, während ein Angestellter vom Domenica gerade der gesamten Bar eine Runde spendierte. Wir reden hier von ungefähr 30 Leuten. Ich war so dankbar, dass keiner Mint Juleps bestellte. Alle tanzten und bevor wir uns versahen, stand die 50-Jährige plötzlich auf der Bar und schrie herum, dass sie Zumbalehrerin ist. Sie sah definitiv nicht so aus. Es war echt komisch, eine ältere Frau vom Mahagonibartresen zu ziehen. Sie weigerte sich runterzuspringen, sogar nachdem ich zu ihr gesagt hatte: „Du bist 50, geh von der Bar runter!" Ein anderer Barkeeper musste sie fest in seine Arme nehmen, um sie von der Bar runter zu kriegen während sie mit den Beinen rumfuchtelte, als würde sie Stepp tanzen. Keiner schien das Ganze wirklich zu bemerken. Mint Juleps und ein anderes Getränk, das auf unserer Karte stand, Blanche Dubois—eine süße starke Mischung aus Gin, Curaçao, hausgemachtem Orgeatsirup, Erdbeeren, Zitrussaft und Minze—machten jeden zweiten Abend den Großteil der Getränke aus, die ich servierte. Ich war dankbar, dass nicht einmal die Zumbalady an diesem Abend eines davon bestellte.

Als ich Oxalis eröffnete, wollte ich diese Südstaatentradition von Getränken wie dem Mint Julep aufrechterhalten, aber die Getränke ein bisschen anpassen und saisonal abhängig machen. Eines meiner Lieblingsgetränke ist Scotch—japanischer Scotch um genau zu sein. Das erste Mal, als ich ihn probierte, fand ich ihn unglaublich lecker. Japanischer Scotch ist wirklich ausgezeichnet, weil die Japaner in allem, was sie tun, immer sehr genau sind. Ich versuchte mir vorzustellen, wie wohl ein Scotch Julep schmecken würde. Eine der Barkeeperinnen im Oxalis ist sehr gesundheitsbewusst und macht sehr gerne Gartenarbeit. Kürzlich sagte sie, dass sie einen Shiso Julep kreieren möchte. Ich schaute hinter die Bar und sah eine wunderschöne Flasche japanischen Scotch. Es war Zeit ihn zu probieren. Wir sahen uns in Louisiana nach einer Zutat um, mit der wir das Getränk süßen könnten und entschieden uns für Shōchū. Es brauchte auch ein bisschen Zitrussaft als Schlag ins Gesicht, damit du aufwachst und als erfrischendes Element. Wir gaben umeboshi (eingelegte Pflaumen) und Demerarasirup (eine Art Zuckersirup) zum Shōchū. Aus diesen Zutaten kreierten wir den japanischen Julep, über den sich der Blanche Dubois bestimmt freuen würde. Du musst dich aber zügeln, weil einer zu viel davon kann zu einer wilden Nacht führen. Aber das ist eigentlich bei allen Cocktails in New Orleans der Fall, besonders wenn sie lecker sind.