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Pressemitteilungen aus GIFs sind offenbar ein Ding

Ausgerechnet die US-Republikaner haben die erste Pressemitteilung verfasst, die fast vollständig aus GIFs besteht. Damit wächst ihre Wählerschaft intellektuell weiter mit Teenagern zusammen.

Vor kurzem veröffentlichte das Justiz-Kommittee des republikanisch dominierten US-Repräsentatenhauses eine Pressemitteilung, die gleich auf mehrere Arten historisch ist.

Erstens, weil es die erste derartige Veröffentlichung einer US-Regierungsbehörde ist, die das Prädikat „flashig" verdient hat. Zweitens, weil der Vorsitzende Bob Goodlatte damit endlich eine Veröffentlichung vorweisen kann, die seinem Nachnamen (den Starbucks-Konsumenten als Beschreibung ihres Tasseninhalts kennen) gerecht wird. Und drittens, weil die Republikaner damit endlich den Anschluss an das Publikum schaffen, das ihrem Wählerkreis am nähesten kommt: nämlich 12-jährige Buzzfeed-Leser.

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Das Besondere an der Pressemitteilung ist, dass sie im Wesentlichen nur aus Überschriften und GIFs besteht. Inhaltlich geht es darin um das alte republikanische Steckenpferd der Grenzsicherheit und Kritik an Präsident Obamas Deeskalations- und Einbürgerungspolitik, die angeblich nicht genügend illegale Einwanderer abschrecken würde.

Am Ende stellt uns Goodlatte auch ein Happy End in Aussicht, das zu einem intakten Immigrationsgesetz und einer freudig erregten Britney Spears in Endlosschleife führen könnte—„egal, wer im Weißen Haus sitzt", wie es in der Pressemitteilung heißt.

Die Presseinfo ist damit nur eine endlos-animierte Abwandlung der republikanischen Boykottversuche in jüngster Vergangenheit. Seit die Republikaner nach den Wahlen 2014 in beiden Kammern des US-Kongresses—sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat—die Mehrheit haben, versuchte die traditionell regierungskritische und wirtschaftsliberale Partei immer wieder, Obamas Entscheidungen zu revidieren: So wollten sie unter anderem Obamacare für ungesetzlich erklären lassen und zuletzt dem Iran weismachen, dass ein Atom-Deal mit dem US-Präsidenten ohne ihre Absegnung nichts wert wäre.

Präsident Obama selbst nannte den Brief von 47 republikanischen Senatoren an den Iran im Interview mit VICE beunruhigend und peinlich für die Unterzeichner. Dabei ist die Taktik dahinter dieselbe wie bei der GIF-Aussendung. Auf der einen Seite wird Obama zum autoritären Herrscher stilisiert, der seine Entscheidungen über die Köpfe der Bürger hinweg fällt; auf der anderen Seite wird dort, wo er diese Entscheidungen nicht durchsetzen konnte, seine Schwäche hervorgehoben und Obama als zu wenig durchsetzungsstark bezeichnet.

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Man könnte auch noch weiter ausholen und sich fragen, was uns die einzelnen GIFs über die Grundwerte der Republikaner sagen sollen—von Ariel aus The Little Mermaid, dem Disney-Film mit dem antifeministischsten Frauenbild überhaupt, bis hin zu dem Typen aus Bring It On, der mit seinem „Not cool" in erster Linie sich selbst beschreibt und aussieht wie der Prototyp eines republikanischen Roboters—, aber das würde nur zur weiteren Buzzfeedisierung der Politik beitragen.

Abgesehen vom reinen Sensationswert, den diese Nachricht hat, ist die GIF-Pressemitteilung aber auch ein echter Meilenstein in Sachen emotionale PR (oder, ein bisschen weniger nett, Propaganda). Menschen sind eben Reaktionsmaschinen und Reaction-GIFs deshalb die ideale Kommunikationsform, um uns empathisch bei den Eier(stöcke)n zu packen. Die Werbung weiß das schon lange und verwendet Gesichter überall zur Identifikation. Studien zeigen, dass wir auf reine Emoticons schon so reagieren, als wären es echte Gesichter.

Aber es gibt auch eine Kehrseite: Wenn emotionales Branding mit Gesichtern einmal nicht funktioniert, sind Kunden auch länger nachtragend, weil sie sich persönlich verraten fühlen. Die nächsten Wahlen werden zeigen, ob das auch
bei Wählern zutrifft.

Markus auf Twitter: @wurstzombie


Titelbild: White House | Wikimedia Commons | Public Domain