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Popkultur

Der Minister: Privatfernsehen plagiiert zu Guttenberg

Es ist schwer, nicht hinzuschauen, wenn wieder was über zu Guttenberg läuft. Jetzt hat Sat.1 seine ganze peinliche Politikerlaufbahn sogar im TV verwurstet!

Illustration von Nikita Kakowsi

Mit der Satire Der Minister fand die Geschichte um den Aufstieg und Fall von Politsternchen Karl-Theodor zu Guttenberg eine würdige Plattform—im Privatfernsehen auf Sat.1.

Der heimliche Chronist Deutschlands (Der Turm, Die Flucht und diverse andere Der/Die/Das Großereignis), Nico Hofmann, hatte es selten so einfach, eine Satire über den Politikbetrieb zu produzieren. Denn das, was Schauspieler Kai Schumann als Franz Ferdinand von und zu Donnersberg zeigte, entsprach auf weiten Strecken schlicht und ergreifend der Realität.

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Donnersberg als DJ, der spackomäßig den Takt von Yuppie-Rocker-Ikone Brian Adams mit seinem Zeigefinger angibt, hat so ähnlich auch zu Guttenberg gemacht. Die Reise mit dem Fernsehteam eines Privatsenders (übrigens auch Sat.1) in das Kriegsgebiet von Afghanistan hat ebenso stattgefunden. Johannes B. Kerner hat damals den top-gun-mäßig gestylten zu Guttenberg und seine Gattin (nicht minder gestylt in dunkelblauer Daunenjacke mit Fellkapuze) begleitet.

Und auch das schräge Bild, das die zu Guttenbergs neben dem Bild-Chefredakteur Kai Diekmann mit seiner Frau Katja Kessler abgegeben haben, war schon immer Realsatire: Ein Gelmattenklon mit Hornbrille und einer blonden, intellektuellen Barbie an der Seite.

Foto von Hardy Brackmann und Sat.1

Das hätte sich kein Drehbuchautor besser ausdenken können. Selbst bei dem Text konnten sich die Autoren entspannt zurücklehnen und einfach die Zeitungsarchive durchgehen. Es war alles da, es musste nur jemand nachdrehen. Insofern hat Kai Schumann schon alleine durch seine Ähnlichkeit zu Gutti überzeugt.

Leider fehlte auch der legendäre Zapfenstreich, aber hier nochmal zum Anschauen:

Die einzige Herausforderung bestand in der Geschichte drum herum. Zu erklären, was jeder sowieso schon vermutet, aber keiner wirklich belegen kann: zu Guttenberg/zu Donnersberg hat die Doktorarbeit nicht selber geschrieben. Wer war also der Ghostwriter? Und wieso kam irgendein gelangweilter Professor auf die Idee, die Arbeit nach Jahren noch einmal zu filzen? Dafür hat die Sat.1-Produktion die Kunstfigur Max Drexel erfunden—in seiner spießigen Ödnis super dargestellt von Johann von Bülow.

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Foto von Sat.1

Ein Studienkumpel, der zu Donnersberg nicht nur alle wesentlichen politischen Impulse gibt, sondern auch die Schmalzlocke erfindet und ihm letztlich noch den einzigen Titel beschafft, den zu Donnersberg nicht schon seit Geburt besaß—den Dr. jur. mit der Bestnote summa cum laude. Die Idee war ganz nett gemacht: Der blasse Max Drexel—das eigentliche Brain mit dem Charme einer ranzigen Milchtüte. Den Turnaround im Film löste dann seine Ehefrau Lisa aus, die Max Drexel irgendwann vor die Wahl stellte, sich entweder von zu Donnersberg zu trennen oder eben von ihr. Drexel erkennt plötzlich die globale Bedrohung, die er mit seinem politischen Frankenstein geschaffen hat. Er zerstört daraufhin seine eigene Kreatur, indem er dafür sorgt, dass das Plagiieren der Doktorarbeit öffentlich gemacht wird. Am Ende kann er also die Kanzlerschaft von zu Donnersberg gerade noch einmal abwenden und seine Frau nimmt ihn zurück—ein nicht wirklich überraschendes Happy End, aber wie gesagt—nett gedacht und zumindest das Ergebnis stimmt auch hier mit der Realität überein.

Richtig überrascht hat die Figur der Bundeskanzlerin Angela Murkel, beängstigend überzeugend gespielt von Katharina Thalbach. Beim Kucken bekam man schon ein schräges Gefühl, dass auch die echte Bundeskanzlerin ihre politischen Entscheidungen so krass von Machterhalt und Rationalität leiten lässt.

Sachliche Kompetenz? Scheißegal! Hauptsache das Kabinett schafft es, die Stimmen der Leute im Land zu bekommen. Wenn man sich das echte Kabinett von Merkel anguckt, scheint die Sat.1-Filmversion näher an der Realität zu sein, als einem lieb ist: Welche echte familienpolitische Kompetenz hat noch einmal Baby-Ministerin Kristina Schröder (damals gerade mal 32) mitgebracht? Angela Murkel zeigte, dass es mehr um „Was will der Mensch auf der Straße“ geht als um „Was ist gut für den Menschen auf der Straße?“ Das war dann auch eine der Schlüsselszenen im Film, als Murkel konstatiert, dass der Bürger sowieso nicht so viel wissen wolle. Etwa wie manche Dinge gemacht werden: Krieg und Wurst. Dann schiebt sie sich eine Scheibe jenes Produktes ohne Zögern komplett Richtung Rachen. Ein Moment, der Gänsehaut verursacht!

Illustrationen von Nikita Kakowsi