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Wird Japan seine Kernkraftwerke wieder anschalten?

Nur zwei Jahre nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima werden die Reaktoren voraussichtlich wieder eingeschaltet, weil sie saubere und CO2-freie Energie liefern. Und das Argument gewinnt immer.

Nach dem Tsunami von 2011 entschied sich Japan, gefolgt von einigen anderen Ländern, wie Deutschland, gegen die Atomenergie. Vor dem Unglück hatte Japan eigentlich vorgehabt, seine Kernkraftproduktion zu erhöhen—nach Fukushima, der grauenvollsten Atomkatastrophe des Jahrzehnts, beschloss die japanische Regierung stattdessen, schnell alle Kraftwerke abzuschalten.

Jetzt laufen in einem Land, das ein Drittel seiner Energie aus Kernkraftwerken gezogen hat, nur noch ein oder zwei übriggebliebene Reaktoren. Genau dieses Land ist die drittgrößte Wirtschaftsmacht der Welt. Laut der letzten Auswertung der Berkeley Energy & Resources Collaboration hat die ganze Situation Japan zu „Entscheidungen in der Energiepolitik“ gezwungen und die Frage aufgeworfen, ob man die Atomkraftwerke erneut aktivieren soll. Und wenn nicht, wie man sie ersetzen kann.

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Momentan importiert Japan mit einem halsbrecherischen Tempo Kohle, Erdgas und Öl, um das Energiedefizit auszugleichen. Außerdem wurden gravierende Verordnungen für effizientere Energienutzung eingeführt, mit denen alle zuerst einverstanden waren, die jedoch auf Dauer nervig sind. Was soll man also tun?

Der staatliche Energiekonzern Tepco entwickelt Pläne, um Kohlekraftwerke mit einer Leistung von 12,5 Gigawatt zu bauen. Dieser Plan wird jedoch von vielen, einschließlich der Wirtschaftsverbände, abgelehnt, da es sehr viel teurer ist als Atomenergie. Es wäre außerdem katastrophal für das Klima—da wir sowieso schon am Abgrund der drastischen globalen Erderwärmung taumeln. Das Letzte, was wir also brauchen, ist der Bau Dutzender Kohlekraftwerke in einem Land, das technologisch am weitesten entwickelt ist in der Welt.

Japan hat nach Fukushima erneuerbare Energien gefördert und man arbeitet kräftig an neuen Solar- und Windprojekten. Es gibt Pläne, den weltweit größten Windpark direkt an der Küste des momentan stillgelegten Kernkraftwerks Fukushima zu bauen. Dem Berkeley-Bericht zufolge wird die Politik umweltfreundlicher erneuerbarer Energie bis 2014 zu einer Steigerung von 20-Gigawatt-Leistung führen. Also wir kommen dem Ziel schon näher, aber was wird jetzt und heute passieren?

Das Atomkraftwerk wird vermutlich wieder angeschmissen werden. Der neugewählte Premierminister Shinzo Abe ist dafür, das Kraftwerk wieder einzuschalten. Der größte Widerstand kommt aus der Öffentlichkeit—die Menschen haben zu Recht Angst vor der Atomenergie. Tepco wurde für seine schlampige Aufsicht bei der letzten Katastrophe und der mangelnden Transparenz bei der Behebung des Ausnahmezustands stark kritisiert. Hier hat der Economist Tepcos Versagen analysiert:

Die Konstruktion der Fukushima-Reaktoren war alt. Mögliche Risiken waren nicht ausreichend analysiert worden. Die Betreibergesellschaft hat unzureichend kontrolliert und die Situation falsch eingeschätzt. Die Betreiber haben Fehler gemacht. Vor Ort hat sich keiner mehr um die Sicherheit gekümmert. Ein Teil der Ausrüstung hat versagt. Das Unternehmen hat die Risken wiederholt heruntergespielt und Informationen über die Verbreitung der radioaktiven Wolke verschwiegen, so dass einige Leute von leicht verseuchten zu weitaus schlimmer verseuchten Orten gebracht wurden.

Die Auswirkungen hätten ohne Weiteres sehr viel schlimmer ausfallen können. Tepco hat sich auch keinen Gefallen damit getan, sich öffentlich vehement zu verteidigen, dass sie ihre Katastrophenschutzmaßnamen noch bis zu sechs Monate nach dem Unglück geheim halten. Trotzdem ist Atomenergie unendlich viel besser als Braunkohle, und obwohl es unverschämt teuer ist und davon abgeraten wird, neue Atomanlagen zu bauen, sollten die bereits vorhandene Kraftwerke behalten werden, weil sie saubere und CO2-freie Energie liefern können. Das sagt auch der Energiespezialist der UC Berkely so. Und genau deswegen werden die Kraftwerke auch wieder eingeschaltet:

Auf Kohlekraftwerke umzuschalten, ist aus vielen Gründen nicht gut: Die Umweltverschmutzung durch den Bergbau und durch Kohlenasche führt zu Problemen der Erderwärmung. Die Gefahren der Kohlekraftwerke sind sehr viel schlimmer als die eines Atomreaktors. Außerdem müsste Kohle importiert werden. Was die Sicherheitsfrage angeht, sind Kohlekraftwerke auch nicht ratsam … Es macht wirklich mehr Sinn für Japan, seine Atomwerke wieder anzuschalten, und deswegen glaube ich, dass Japan genau das tun wird. Die Regierung wird es still und heimlich tun … Sie wird vorgeben, dass es nur eine temporäre Lösung ist. Ich glaube, dass Kohle eine sehr viel schlimmere Alternative wäre.

Entscheidend dabei ist Transparenz, wie es vor Kurzem in der renommierten Fachzeitschrift für Naturwissenschaft Nature diskutiert wurde. Wenn die Regierung für mehr Transparenz sorgt und die vertrauliche Beziehung zwischen dem Aufsichtsrat und den Betreibern auflockern kann, dann kann sie die Öffentlichkeit vielleicht davon überzeugen, dass Atomenergie besser ist als Kohle, selbst als Folge einer furchtbaren Tragödie wie Fukushima.