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Dieser Schweizer hat vor 20 Jahren den ersten Exoplaneten entdeckt

Der Schweizer Nobelpreisanwärter Michel Mayor hat 1995 den ersten Planeten entdeckt, der um eine andere Sonne kreist.
​Foto von Yann Patrick Martins

​Es gibt drei Astronomen, die unser Weltbild in den vergangenen 500 Jahren auf den Kopf gestellt haben. Der erste war Nikolaus Kopernikus. Er stellte im 16. Jahrhundert die Sonne und nicht die Erde ins Zentrum des Sonnensystems. Der zweite war Edward Hubble. Er erweiterte das räumliche Denken um Milliarden von Lichtjahren: In den 1920er-Jahren hatte er nachgewiesen, dass es neben der Milchstraße noch Milliarden weiterer Galaxien gibt.

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Der dritte ist Michel Mayor, Professor, Physiker und Astronom an der Universität Genf. Der Schweizer gab uns 1995 die Gewissheit: Ja, es gibt da draußen noch andere Planeten, die um andere Sonnen kreisen.

Im Sommer 1995 entdeckte Mayor zusammen mit seinem Kollegen Didier Queloz den ersten Exoplaneten. Sie gaben ihm den Namen 51 Pegasi b. Der Planet kreist um den etwa 50 Lichtjahre entfernten Stern 51 Pegasi.

„Es war unglaublich, wir entdeckten 51 Pegasi b mit einem etwa 70 Jahre alten Teleskop im französischen Observatorium Haute Provence", erinnert sich der mittlerweile 72-Jährige. 51 Pegasi b ist ein Gasriese, so wie Jupiter in unserem Planetensystem. Während Jupiter fast 12 Jahre braucht, um die Sonne einmal zu umrunden, umkreist 51 Pegasi b seine Sonne in nur 4,2 Tagen. Wir haben uns mit Michael Mayor über seine Entdeckung unterhalten.

Auf Ihrem Planeten muss es ziemlich ungemütlich sein.

Ja, sehr. Auf der Oberfläche ist es etwa 720 Grad heiß. Jegliche Art von Leben ist da ausgeschlossen.

Wie konnten Sie sicher sein, dass es sich um einen Planeten handelt?

Wir mussten sehr vorsichtig sein. Erstmals bemerkten wir den Planeten Ende 1994. Wir warteten aber noch ein halbes Jahr mit der Publikation. Der Stern 51 Pegasi kann von der Erde aus nur alle zwei Monate für jeweils eine Woche beobachtet werden. Im Juli 1995 bot sich die nächste Gelegenheit. Wir schauten nochmals, ob sich der Planet noch immer mit der gleichen Geschwindigkeit um den Stern bewegte. Und das war tatsächlich so. Das gab uns die Gewissheit, dass es sich um einen Planeten handelte.

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Weshalb waren Sie sich sicher, überhaupt einen Planeten zu finden? Schließlich wusste ja niemand mit Sicherheit, dass es welche gibt.

Vor 1943 waren sich Astronomen einig, dass es in unserer Galaxie – der Milchstraße—abgesehen von den Planeten in unserem Sonnensystem keine anderen gibt. Vielleicht ein oder zwei, aber nicht mehr. 1943 behaupteten amerikanische Astronomen, sie hätten Planeten entdeckt. Es stellte sich aber heraus, dass es keine Planeten, sondern technische Probleme waren. Ab den 1950er-Jahren gingen immer mehr Astronomen davon aus, dass es Planeten gibt, womöglich sogar Milliarden von ihnen.

Wie haben sie 51 Pegasi b damals entdeckt?

51 Pegasi b entdeckten wir anhand leichter Abweichungen der Radialgeschwindigkeit. Das heißt, der Stern gerät aufgrund der Anziehungskraft zwischen ihm und dem Planeten leicht ins Schlingern. Diese leichten Bewegungen des Sterns gaben uns die Sicherheit, dass er von einem Planeten umkreist wird. Seit 1999 verwenden wir auch die Transit-Methode. Dabei zieht der Planet aus Sicht der Erde vor seinem Stern vorbei und verdunkelt ihn minimal. Es gibt aber auch andere Methoden.

Gibt es dort Meere, Berge, Landmassen oder sogar Großstädte wie bei uns? Was ist Ihre Meinung zu außerirdischem Leben?

Meine Meinung hat nichts mit Wissenschaft zu tun. Aber ich denke, Leben ist etwas völlig gewöhnliches im Universum. Leider wissen wir es nicht. Wir können nur Planeten beobachten, die in der sogenannten habitablen Zone um ihren Stern kreisen, also in einem Abstand, in dem es nicht zu heiß und auch nicht zu kalt ist für Leben. Genauso wie die Erde.

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Wenn wir beispielsweise Sauerstoff in einer fremden Atmosphäre feststellen können, wäre das ein Anzeichen auf Leben. Eine andere Möglichkeit, außerirdisches Leben nachzuweisen, sehe ich sonst kaum. Wichtig ist auch die Größe. Ist ein Planet zu klein, verschwindet die Atmosphäre. Nehmen Sie den Mond: Der hat zwar denselben Abstand zur Sonne wie die Erde, aber keine Atmosphäre und deshalb auch kein Leben.

Vielleicht wird der Mensch schon bald zu fremden Planeten fliegen können.

Nein, ich denke, wir werden nie die Möglichkeit haben, eine solche Reise zu unternehmen. Auch in 500 Jahren nicht.

Was macht Sie so sicher?

Es ist einfach zu weit. Als Astronauten zum Mond geflogen sind, brauchten sie mit einer Rakete drei Tage. Der Abstand zwischen Erde und Mond beträgt etwa 380 000 Kilometer, das sind 1,4 Lichtsekunden. Wir sprechen hier aber über Planeten, die millionenfach weiter entfernt sind. 50 Lichtjahre oder mehr.

Aber in Zukunft werden wir auch bessere Technologien haben.

Es ist sicher kein Problem, in Zukunft die Geschwindigkeit von Raketen zu verdoppeln. Aber wenn sie eine Million mal drei Tage unterwegs sind, kommen Sie schon auf mehr als 8.000 Jahre. Um solche Distanzen reisen zu können, müsste man Lichtgeschwindigkeit erreichen. Sogar dann würde die Reise 50 Jahre dauern, um beispielsweise 51 Pegasi b zu erreichen. Nur schon annähernde Lichtgeschwindigkeit zu erreichen, wird wahrscheinlich nie möglich sein. Das ist keine Frage von Technologie, sondern physikalisch unmöglich.

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Vielleicht sind Außerirdische in der Lage, solche Distanzen zu überwinden.

Auch das denke ich nicht. Seit den 1960er-Jahren gibt es in den USA das SETI-Programm. Mit Millionen paralleler Frequenzen wird nach intelligentem Leben gesucht. Bisher erfolglos.

Immerhin könnten Außerirdische, die in einem Radius von etwa 60 bis 80 Lichtjahre von uns entfernt leben, unser Schwarzweiß-Fernsehsendungen von damals sehen.

Genau, das ist wahr. Sie müssten jedoch über dieselbe Technologie wie wir verfügen, also Parabol-Spiegel, damit sie die Programme empfangen könnten. Das ist eher unwahrscheinlich. Auch der Gedanke, Außerirdischen eine physische Botschaft zu schicken, ist eher naiv. Ich denke an die Raumsonde Voyager 1, die 1977 ins All geschickt wurde mit Informationen an Bord über das menschliche Genom sowie Abbildungen von einem Mann und einer Frau. Obwohl bereits knapp 40 Jahre unterwegs, hat die Sonde gerade erst unser Sonnensystem verlassen. Ein Kontakt mit Außerirdischen ist eher unrealistisch.

​Noch bis 4. April 2016 gibt es im Naturhistorischen Museum Genf eine Jubiläumsausstellung zu 20 Jahre Exoplaneten.

Alle Fotos von Yann Patrick Martins.