Zwei Wochen kalter Entzug – so geht es in den Heroinkliniken von Myanmar zu
Alle Fotos: David Shaw

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Drogen

Zwei Wochen kalter Entzug – so geht es in den Heroinkliniken von Myanmar zu

Im Norden des südostasiatischen Landes gibt es Schätzungen zufolge in jedem Haushalt einen Heroinabhängigen. Jetzt haben mehrere Kirchen dem Suchtproblem den Kampf angesagt.

Myitkyina, die Hauptstadt des nördlichsten myanmarischen Staates Kachin, ist hart gebeutelt. Seit Jahren herrscht in dem an Indien und China angrenzenden Gebiet ein Bürgerkrieg zwischen der Kachin Independent Army (KIA) und dem myanmarischen Militär. Dazu kommen noch grassierende Armut und der internationale Opium- und Heroinhandel. Aufgrund der schlechten Arbeitsmöglichkeiten und des niedrigen Preises sind viele Einwohner Kachins heroinabhängig. Schätzungen zufolge befindet sich in jedem Haushalt mindestens eine Person, die die Droge regelmäßig konsumiert.

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Als Reaktion auf dieses wachsende Problem hat "Pat Jasan" – ein Zusammenschluss örtlicher baptistischer, katholischer und protestantischer Kirchen – ein gemeindebasiertes Programm ins Leben gerufen, das die Bevölkerung Kachins von den Drogen wegbringen soll. Mithilfe eines Camp-Netzwerks schickt Pat Jasan die Abhängigen durch einen Entzug, der auf dem religiösen Glauben aufbaut. Die Patienten beschäftigen sich drei bis sechs Monate lang täglich mit sportlichen Übungen, Gebeten und lehrreichen Aktivitäten, um so die Drogensucht langsam durch Religion zu ersetzen. Das Programm ist komplett spendenfinanziert und wird von freiwilligen Helfern geleitet.


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Obwohl der gruppenbasierte Kampf gegen die Drogen nach außen hin erstmal positiv wirkt, wurden Pat Jasans Methoden schon scharf kritisiert. Der Zusammenschluss hat keine rechtliche Befugnis, sperrt seine Patienten aber bis zu zwei Wochen lang in "Entzugsräume" ein. Dort müssen sie ohne jegliche medizinische Betreuung die Entzugserscheinungen durchstehen.

Der Fotojournalist David Shaw hat den Alltag in Myitkyina und in den Entzugscamps fotografisch festgehalten.

Einige Einwohner Myitkyinas waschen sich im Irrawaddy, dem längsten und wichtigsten Fluss in Myanmar

Wegen der fehlenden Bildung und der schlechten Jobaussichten neigen in Kachin vor allem junge Menschen zur Drogensucht. Aber auch viele der Arbeiter in den berüchtigten, illegalen Jade-Minen sind besonders gefährdet

Im Rebirth Rehabilitation Center, einem von Pat Jasans Entzugscamps, singen mehrere Patienten vor dem Morgengottesdienst

In dem katholischen Camp am Rand von Myitkyina beginnt jeder Tag mit Bewegung und Fußball

Der 23 Jahre alte Bawn Hkaw (rotes Gewand) fing in der Schule an, Drogen zu nehmen, und hat schon zwei erfolglose Entzüge hinter sich. Jetzt ist er seit eineinhalb Monaten in seinem dritten Camp und hilft hier einem Gastpriester bei der Messe. Hkawng Lum befindet sich seit zweieinhalb Monaten als Patient im Camp und bekommt gerade die Hostie

Die Drogenepidemie wird durch die Nähe zum Bürgerkrieg zwischen der KIA und dem myanmarischen Militär nur noch weiter verschärft. Viele Milizen finanzieren sich nämlich durch den Drogenhandel. Da die Anwohner jedoch der Meinung sind, dass sich die Regierung nicht ausreichend um die Notlage in Kachin kümmert, stellen sie sich vermehrt hinter die KIA

Eines von Pat Jasans "Einsatzteams" – Freiwillige aus der Gegend, die sich dem Kampf gegen die Drogen verschrieben haben. Zu ihren Aufgaben zählt es, Drogenkonsumenten zu finden und mitzunehmen, die Entzugskliniken zu bewachen und flüchtende Patienten wieder einzufangen. Anfang 2016 kam es zu einer tagelangen Auseinandersetzung mit Sicherheitskräften, nachdem ein Einsatzteam ein Opiumfeld zerstört hatte

Der Zaun des New Life in Christ Centers, einer weitern Entzugsklinik von Pat Jasan. Bei der Festnahme stellt man die Patienten vor die Wahl: Entweder stellen sie sich der Polizei oder sie begeben sich bis zu sechs Monate lang in eines der Camps

Zwei neue Patienten befinden sich im Entzugsraum, um vom Heroin loszukommen. Die beiden harren schon seit mehr als drei Tagen aus und haben noch gut eine Woche im Käfig vor sich

Dieser Patient, dessen Bein zur Fluchtprävention in einer hölzernen Fessel fixiert ist, nimmt sein neun Jahren Heroin. Um seine Sucht loszuwerden, verbringt er zwei Wochen ohne jegliche medizinische Betreuung im Entzugsraum

Viele Leute loben das Engagement Pat Jasans, weil so die Drogen von Myitkyinas Straßen verschwinden. Kritiker sagen jedoch, dass das Problem so nur unter den Teppich gekehrt würde. Viele Patienten werden nämlich rückfällig und begeben sich mehrere Male in Therapie

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