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THE IDENTITY CRISIS ISSUE

Freilandfelle

Ist es immer noch Mord, wenn man selbst jagt, häutet und schneidert?

Von Angesicht zu Angesicht—oder von Angesicht zu nacktem Bein und Muskel—mit dem halb gehäuteten Fuchs. Larry lachend im Hintergrund Vor Jahren arbeitete ich für einen Modedesigner, der ein Faible für Pelze in gewagten Farben hatte: von Neongrün bis Pflaume. Die meisten davon waren für sehr teure Jacken, die dann aussahen, als wären sie aus Muppetfell gemacht. Nur Fuchspelz, insbesondere der des Nordamerikanischen Rotfuchses, wurde in seinem natürlichen Zustand belassen. Er war auch so schon wunderschön. Und obwohl ich, zugegebenermaßen, etwas eitel bin—ich liebe Mode und ertrage bei passender Gelegenheit auch unbequeme Kleidung—geht das Unbehagen bei Pelz doch tiefer. Den Gedanken an Tiere aus Zuchtfarmen, die durch anale Elektroschocks getötet werden, wird man so schnell nicht wieder los. Dazu muss es Alternativen geben. Etwa ein Fünftel der Pelze stammt von Wildtieren, geliefert von Jägern und Fallenstellern. Pelze von Tieren, die in Freiheit gelebt haben und (hoffentlich) ein tolles Leben hatten, bevor sie zu großartiger Kleidung wurden. Die Auktionspreise für Zuchtpelze erreichen in letzter Zeit Rekordhöhen und machen Wildtierpelze, die zwar wesentlich preiswerter, aber nicht annähernd so weich sind, zu einer interessanten und günstigen Alternative. Auf einmal hängen bei Neiman Marcus and Barneys Mäntel aus dem Pelz wilder Kojoten und Waschbären an den Kleiderständern. Doch während Tierrechtler ihren Kreuzzug gegen die modische Wiederauferstehung des Pelzes fortführen, scheinen viele Designer von amerikanischen Wildtierpelzen nichts zu wissen—oder nichts wissen zu wollen. In den Händen eines vorausschauenden Unternehmers hätten sie allerdings das Potenzial, das Äquivalent der Modeindustrie zum nachhaltigen, freilaufenden, direkt vertriebenen Fleisch zu werden. Meine Literaturrecherche zu dieser ethischen Grauzone brachte mehr oder weniger gar nichts. Mir blieb also nur die Möglichkeit, selbst zu jagen und herauszufinden, wie schwierig es sein würde, die Haut eines toten Tieres in Haute Couture zu verwandeln. Wie sich herausstellte, ist es makaber, aber mit etwas professioneller Hilfe durchaus machbar. Zuerst musste ich mich um die Logistik kümmern und jemanden finden, der bereit war, mir zu zeigen, was gleich nach dem Jagen und Häuten zu tun war. Ich fand schnell einen Kürschner namens Dimitris, der mir gern half. Wie alle anderen, die ich für diese Story interviewt habe, wies ich ihn darauf hin, dass ich einen Artikel über meine Erfahrungen schreiben wollte. Ich beschloss, ihre Nachnamen nicht zu nennen, damit sie nicht eines Morgens ihre Arbeitsplätze infolge einer Tierrechtleraktion blutbespritzt vorfinden würden. Dimitris rief sofort Marc an, einen „Zurichter“, der Häute reinigt und geschmeidig macht. Marc rief dann Harry an, einen Pelzlieferanten und Großhändler. Harry rief Larry an, einen „Country Collector“, der Jägern und Fallenstellern Kadaver abkauft und diese häutet. Larry rief Barry an, seinen besten Fallensteller. Und auch den letzten Anruf machte Larry. Er rief seinen Geschäftspartner Eric an (ja, diese Namen sind alle echt).
Wenig später bretterte ich den Pennsylvania Turnpike hinunter zu einem gelben Haus mit einem Schild davor: Kaufe unbearbeitete Felle. Den gehäuteten Kadaver, der zusammengerollt in einer Plastikwanne in der Auffahrt lag—vielleicht ein Fuchs—, versuchte ich möglichst zu ignorieren. Als ich näher kam, öffnete sich die Kellertür und ein Mann in einem Karohemd schoss heraus. Er sah aus wie Jeff Bridges, nur älter und fülliger. Das musste Larry sein. Er deutete auf meine Füße. „Hast du Stiefel?“ Bei unserem ersten Telefonat hatte er mir geraten, ein Paar hüfthohe Gummistiefel für die Jagd zu besorgen. Als ich ihn anschaute, war ich erleichtert, dass ich mit Ja antworten konnte. Mir war klar, dass Larry sofort loslegen wollte. Nur wenige Minuten später stieg ich in meine Stiefel und wurde Barry vorgestellt. Barry ist nicht nur ein erfolgreicher Fallensteller, sondern auch Veterinärtechniker. Ausgerüstet mit Aqua-Sweatshirt und John Denver Brille wirkte Barry eher wie ein netter Mathelehrer und nicht wie ein grimmiger Pelztierjäger. Fallenkontrolle mit Larry Es war bereits spät am Nachmittag und das wertvolle Licht verschwand allmählich. Wir gingen in Richtung Bachufer und stiegen direkt ins knietiefe Wasser. Ich erfuhr, dass er meistens nachtaktive Tiere fängt, hauptsächlich Füchse, Nerze und „Coon“ (die er selten „Racoons“ [Waschbären] nennt und niemals „Coons“, selbst wenn er mehr als einen meint). Coon, so Barry, suchen ihre Nahrung in Ecken und Winkeln entlang des Wassers. Um sie zu fangen, ist es am besten, eine kleine, interessante Szenerie aufzubauen, ein „Set“, das sie anlockt. Für mein erstes Set grub ich ein Loch, strich den Matsch drumherum glatt und stopfte etwas Gras hinein. Kaum war ich fertig, holte Barry ein Schraubglas mit traubengeleeartigem Köder hervor. Er wies mich an, einen Stock in die Mischung zu tunken und eine großzügige Portion davon um die grasverkleidete Öffnung zu verteilen. Dann gab er mir eine winzige Flasche mit dem Etikett „Waschbär #1“, dessen Inhalt ich sorgfältig tropfenweise auf dem Set verteilte. Es roch nach Speck. Zum Schluss verteilte ich eine Handvoll Mini-Marshmallows. Für den visuellen Reiz, schätze ich. Zeit, die Falle aufzustellen. Barry benutzt Fallen mit einem Federmechanismus, die die Pfote des Tieres einklemmen, bis es am nächsten Morgen „erledigt“ (d.h. erschossen und getötet) wird. Er reichte mir einen schwarzen, metallischen Ring. Ich überlegte mir, aus welchem Winkel ein neugieriger Coon das Set betreten könnte. Dann suchte ich mir einen Platz aus und setzte sie in den Bach. Geschafft. Ich hatte meine erste Falle aufgestellt. Die Sonne ging unter, während wir durch den Fluss wateten, mehr Fallen in den Schlamm setzten, Löcher gruben und Marshmallows verteilten. Wie wäre es wohl, das hier jeden Tag zu tun? Ich fragte Barry, was ihm am Fallenstellen am besten gefiel. „So zu denken wie das Tier“, sagte er, „und der Erfolg beim Fangen.“ Ich fragte auch nach Barrys Erfolgsquote und erfuhr, dass er nachts normalerweise 50 Fallen aufstellt. Wenn in fünfen davon ein „Coon“ landet, ist das für ihn eine hervorragende Jagd. Wir hatten nur 15 aufgestellt. Als wir Larrys Haus erreichten, dämmerte es schon. Um die Zeit öffnet er seinen Laden, versorgt Fallensteller und Jäger mit Material und kauft ihnen ihre Beute ab. Ich folgte ihm in den Keller, der auch als Werkstatt dient. Drinnen war der Tod überall präsent. Auf jeder freien Fläche stapelten sich Vorräte: Ladegeräte für Jagdlichter, Schälmesser, fleckige Handtücher, Schraubgläser gefüllt mit etwas, das nach Organen aussah. Blutige Schraubstockgriffe und blanke Haken hingen von den niedrigen Deckensparren, an denen Kadaver aufgehängt und gehäutet werden. Eine Klinge mit Doppelgriff lag am Rand einer brusthohen Holzkiste mit weggeworfener Haut und Haaren. Larry erklärte, dass dies eine Schabestation sei, an der er das Fett von der Haut abtrenne. Und da waren natürlich die Häute. Hunderte davon waren zum Trocknen straff über metallene, u-förmige Rahmen gespannt. Drei mausähnliche Opossumkadaver lagen neben einem toten Waschbären auf dem Boden. Sie waren gefroren. Die Jäger legen den Kadaver auf Eis, wenn sie wissen, dass es ein paar Tage dauern wird, bis sie ihn verkaufen. Die Kerlchen auf dem Boden tauten gerade auf. Ich gewöhnte mich schnell an die Umgebung, vielleicht weil mein Zopf jedes Mal, wenn ich meinen Kopf drehte, ein Opossumfell oder einen Waschbärenschwanz berührte. Doch ein Kadaver fiel mir besonders auf: ein kleiner Rotfuchs, der auf der Seite lag. Abgesehen von den Blutstropfen und den gebleckten Zähnen, sah er aus wie die Zeichentrickfüchse, die ich als Kind so geliebt habe. Sein kleiner Brustkorb war gut dimensioniert und die Beine sahen aus, als würde er laufen. Mich verließ der Mut und ich verabschiedete mich kurz darauf für den Abend von Larry. Als ich in dieser Nacht schlafen ging, fragte ich mich, ob wohl ein Waschbär im Mondschein schreien würde—seine Pfote in einer meiner Fallen. Am nächsten Morgen fuhr ich wieder zu Larry, und wir machten uns auf den Weg zu den Fallen. Wir hatten nichts gefangen; der Pegel war stärker gefallen, als wir erwartet hatten, sodass die Fallen deutlich zu sehen waren. Nicht einmal die Marshmallows waren angerührt worden. „Das Problem mit diesen Tieren ist, dass sie durch die ganze Welt spazieren können“, sagte Larry, „und wir müssen sie in einen Ring von etwa 10 bis 12 cm Durchmesser locken.“ Leere Fallen waren jedoch kein Grund für Larry, mich vom Haken zu lassen. Es gab genug zu tun. Der kleine Rotfuchs war über Nacht aufgetaut und konnte gehäutet werden. Ich wusste, dass dies vielleicht meine einzige Chance war, selbst ein Fell abzuziehen, und mit zittriger Stimme sagte ich, dass ich es tun würde.
Vom Fuchs über das Fell zum Pelz Larry brachte mir eine gelbe Gummischürze und Latexhandschuhe, und damit war seine Aufgabe erfüllt. Meistens übernimmt sein Partner Eric, der gerade von der Frühschicht als Sergeant im Lebanon County Gefängnis kam, das Häuten. Während Eric mich also anleitete, holte Larry sich einen Stuhl. Ich war konzentriert, aber mir war auch ein bisschen übel. Eric langte über seinen Kopf und griff nach einem stabilen Metallhänger, der an einem Seil von der Decke baumelte. Er hing auf Augenhöhe und hatte zwei große, blanke silberne Haken, die an jeder Ecke an Ketten aufgehängt waren. Eric hob den Fuchs hoch und bohrte einen Haken durch einen seiner Hinterläufe. Dann war ich dran. Ich mochte schon immer die süßen kleinen Ballen an Hundepfoten und die Abdrücke, die sie hinterlassen. Die vom Fuchs sahen ganz ähnlich aus. Während Eric den Körper festhielt, nahm ich das kalte, knochige Schienbein zwischen meine latexbehandschuhten Finger und drückte die Pfote auf den Haken, aber er wollte nicht durch. Eric riet mir, stärker zu drücken. Ich fühlte, wie der Haken an den Knochen vorbeiging und sah, wie er auf der anderen Seite herauskam. Eric drehte den Fuchs, der nun an seinen Hinterläufen hing, langsam um. Auf dem Boden unter seiner Nase stand ein blauer Plastikeimer. Ein paar Tropfen Blut waren schon hineingetropft. Er reichte mir eine Bürste mit Metallzinken, mit der ich das verfilzte, kupferfarbene Fell des Fuchses kämmte. Meine andere Hand drückte ich gegen seinen kalten Bauch, damit er sich nicht drehte, während ich Zweige und Kletten herauspickte. Als Nächstes gab mir Eric ein kleines Schälmesser mit Plastikgriff. Mit der Spitze der Klinge schnitt ich an der Rückseite der Fuchsläufe entlang und dann unten um seine Knöchel herum. Ich arbeitete mich mit den Fingern durch den Schlitz zwischen Fleisch und Haut und zog das Fell vom blanken Muskel, bis der Hautstreifen komplett abgetrennt war und genau unter seinem Schwanz hing. Dann steckte ich meine Finger in eine kleine Lücke zwischen dem Muskel und der immer noch verbundenen Haut. Ich riss daran, so fest ich konnte, sodass dem Fuchs die Haut bis zum Ansatz seines Schwanzes abgezogen und das Steißbein sichtbar wurde. Eric reichte mir dann etwas, das aussah wie eine rote Plastikwäscheklammer—ein sogenannter „Tail-Stripper“—, den ich um das Steißbein klemmte. Ich legte meine Hand auf die Oberseite des Werkzeugs. Der Knochen verlief zwischen meinem Zeigefinger und den mittleren Fingern. Ich zog so fest ich konnte am buschigen Ring aus Schwanzfell und drückte gegen den kalten Rumpf des Fuchses. Das harte Plastik grub sich in meine Finger, aber nichts bewegte sich. Dann glitt die Haut langsam nach unten, ich war erleichtert, und ich glaube, ich schrie auf. „Genauso!“, rief Eric, „Ziehen, ziehen, einfach ziehen! Immer weiter ziehen!“ Plötzlich glitt meine Hand den ganzen Schwanz hinunter, der Fuchs schaukelte weg von mir und ein langer, dürrer Knochen flitschte mir ins Gesicht. Der pure Horror. „Das ist der einfache Teil“, sagte Eric, „warte, bis wir zu den schweren Sachen kommen.“ Die gesamte hintere Hälfte des Fuchses hing nackt und abgebalgt herunter, rot und violett, mit weißen Spuren entlang der Muskulatur. Unter Erics Anleitung machte ich weiter, bis die Haut, blass, rosa-grau und nun von erheblicher Länge, nur noch hinter den Vorderläufen des Fuchses hing. Eric reichte mir ein braunes Handtuch, um die Haut zu umwickeln, und bat mich, noch einmal zu ziehen. Mit jedem Zug löst sich die Haut langsam weiter ab, ganz hinunter bis zur breitesten Stelle des Rumpfes. Dann schnappte Eric sich plötzlich den Fuchs und fuhr mit der Hand zwischen Fell und Körper in ein kreisförmiges Loch, wie ein Hebel. Anatomisch machte das keinen Sinn, aber dann dachte ich an Kleidung. Wir zogen einen Ärmel ab. „Du hast es erfasst“, sagte Eric und sicherte die Armhöhle, während ich die letzten Hautstreifen abzog. Eric schnitt das restliche Fleisch über den Pfoten ab und ließ dem Fuchs zwei pelzige Vorderpfoten. Beim nächsten Schritt musste ich viel näher am Boden arbeiten, also klemmte ich mir meine Schürze zwischen die Beine, legte mir das mit dem Handtuch umwickelte Fuchsfell zwischen die Schenkel und lehnte mich zurück, wobei ich es fast parallel zum Boden zog. Während ich zog, fuhr ich mit meinem Messer am Hals des Fuchses entlang und trennte vorsichtig die Haut vom Körper ab. Als ich den Kopf erreichte, übernahm Eric, um ein paar Zentimeter um ein Ohr herumzuschneiden. Dann bearbeitete ich das andere Ohr, was ein bisschen widerspenstig war, aber schließlich nachgab. Als ich mich zur Stirn vorarbeitete, entdeckte ich eine winzige Silberkugel und darunter eine blutunterlaufene Stelle am Schädel. Für einen Augenblick wurde ich traurig, aber Eric lenkte mich schnell ab und wies mich an, meinen Finger in die Ohröffnung zu stecken. „Da rein?“, fragte ich. „Ja, steck deinen Finger da rein“, sagte Eric. „Jetzt zieh.“ Einen Finger im Fuchsohr, lehnte ich mich zurück, nutzte meinen Körper als Hebel, um ein paar mehr Zentimeter vom Gesicht freizulegen. Es geht darum, erklärte Eric, die Haut straff zu halten, um ein paar Zentimeter mehr Luft zu haben, wenn wir uns um die Augen kümmern. „Das ganze Augenlid soll dranbleiben“, sagte er und zeigte mir, wie es ging. Er steckte seinen Daumen in die Ohröffnung des Fuchses und zog die Haut bis zu einem seiner blau-grauen Augäpfel. Dort machte er einen Schnitt und zog sie ab. „Ich überlass dir das andere.“ „Oh, toll“, erwiderte ich und nahm das Messer. „Üb gleichmäßig Druck mit den Beinen aus, wie jetzt.“ Ich hatte vergessen, dass sich der größte Teil der Fuchshaut zwischen meinen Beinen befand. Erics Anweisung, nach und nach direkt zum Knochen durchzuschneiden, hatte mich abgelenkt. „Keine Angst“, meinte Larry. Ich legte schnell den anderen Augapfel frei und zog, bis nur noch die Schnauze des Fuchses in der Haut steckte. Eric arbeitete sich durch die Lefzen und Tasthaare und legte den gesamten Kiefer mit dem sägeblattförmigen Gebiss frei. Das nackte Gesicht des Fuchses starrte mich mit seinen riesigen Augäpfeln an wie ein Alien. Jetzt musste nur noch die Nasenspitze herausgeschnitten werden. Eric riet mir, drum herum zu ziehen und zu schneiden. Wenig später hielt ich vollkommen fassungslos die gesamte Haut, die Innenseite nach außen, in meinen Armen. Ich schaute auf die Uhr. Das Ganze hatte etwa 40 Minuten gedauert. „Jetzt nimm die Haut“, sagte Larry, „dreh die Fellseite nach außen und schau dir an, was für eine Arbeit du geleistet hast.“ Dazu musste ich meinen Arm ganz in die kalte, schleimige Fuchshaut hineinstecken. Sie erinnerte in dem Moment eher an eine Fleischsocke. Ich fand das Ende und zog die richtige Seite nach außen. „Siehst du, alles da“, sagte Eric. „Die Tasthaare sind da, die Nase, die Ohren. Alles ist gut.“ Als ich das Fell in den Armen spürte, war das, was mir wie ein blutiges, zermürbendes Experiment erschienen war, plötzlich nur noch ein Fuchs. Ich rieb seine kleine schwarze Nase und die Tasthaare zwischen meinen Fingern, sein Kieferbogen lag in meiner Handfläche. Eine ungewohnte Mischung aus Dankbarkeit und Schuldgefühlen überkam mich. Etwas in mir wollte ihn an mich drücken wie einen Teddybären oder ein Baby. Meine Lippen begannen zu zittern. Ich versuchte mich zu beherrschen, aus Angst Larry and Eric könnten mich vielleicht doch für eine Undercover-Tierrechtlerin halten. Zwischen seinen Augen befand sich ein kleines Loch. „Ist da die Kugel durchgegangen?“, fragte ich. „Ja, das ist eines der Einschusslöcher“, antwortete Eric. Zu meinem Entsetzen fing ich an zu weinen. „Manchmal, wenn wir müde sind und albern werden“, Larry sprang aus seinem Stuhl, „spielen wir mit ihnen wie mit Handpuppen. Einer zieht einen Fuchs über seine Hand, der andere einen Coon. Und dann setzen wir uns hier hin und unterhalten uns.“ Wir lachten alle. Larry kümmerte sich wie selbstverständlich um den letzten Schritt. Er drehte die Innenseite nach außen und spannte die Haut auf einen Rahmen, um das Fett abzukratzen. Eric schnitt die Drüsen vom Körper, der immer noch am Haken hing, und steckte sie in ein Schraubglas, um sie später als Köder zu benutzen. Nachdem ich also gezeigt hatte, dass es mir ernst war, meinten Eric und Larry, dass ich mit nur einem Fuchspelz nicht weit kommen würde. Sie gestatteten mir großzügig, ihnen fünf ihrer schönsten Fuchspelze abzukaufen. Ich bürstete sie aus und reichte sie Larry, der die unterste Stange eines schweren Stahlaufhängers löste, sie durch ihre Augenhöhlen zog, und die Füchse damit in eine überdimensionierte schwarze Kleiderhülle steckte. Dann stellte er eine Quittung über 150 Dollar aus—ein super Schnäppchen.
Das Highlight auf meiner Weste Die brandneue (und sehr kuschelige) Pelzweste Obwohl nicht alle Pelze auf dieselbe Art gewonnen werden, macht PETA keinen Unterschied zwischen Wild- und Zuchtpelzen. „Der Pelzhandel an sich ist ein grausames und blutiges Geschäft, unabhängig von der Tötungsmethode“, erklärte mir Kampagnenleiterin Lindsay Wright. Ich suchte nach einem etwas differenzierteren moralischen Standpunkt und rief daher Steven Wise an. Der Autor von An American Trilogy, einer vernichtenden Kritik an industrieller Schweinezucht, gibt als Rechtswissenschaftler an der Harvard Law School Seminare über Tierrechte. Seiner Meinung nach sollten Pelze komplett verboten werden. Allerdings räumte er eine gewisse ethische Differenzierungsmöglichkeit ein. „Pelze zu züchten, ist wahrscheinlich schlimmer als wild lebende Tiere wegen ihres Fells zu töten“, erklärte er. „Bis das Tier in der Wildnis getötet wird, hat es ein artgerechtes Leben in der Natur verbracht. Ein Tier in der Pelzzucht hat ein schreckliches Leben und stirbt einen grausamen Tod.“ Ich fragte ihn, ob er der Meinung sei, dass selbst zu töten und seine Kleidung selbst zu schneidern etwas ändere. „Nein“, erwiderte er. „Man fragt sich höchstens, ob das nicht verrückt ist.“ Haltet mich ruhig für verrückt, aber das kaufte ich ihm nicht ab. Es war Wochenende, und ich konnte die Pelze nicht zu Marc, dem Zurichter, bringen. Inzwischen hing die Kleiderhülle im Badezimmer, die Tür geschlossen und das Fenster geöffnet. Erst war es so, als hätte ich ein neues Kleid; ich hatte gute Laune, wenn ich an die Felle dachte. Dann fingen sie an zu riechen: ein leichter Geruch irgendwo zwischen Schlachtbank, Ledergeschäft und einer Schüssel Cheetos. Und die Kleiderhülle sah eher aus wie ein Leichensack. Am Montagmorgen öffnete ich sie ein letztes Mal. Das Fell war immer noch wunderschön, aber die Häute waren steif und bröckelig und hatten sich magentarot verfärbt. Sagen wir mal, ich sehe Prosciutto jetzt mit anderen Augen. Als ich Marcs hohes Ziegelgebäude in New Jersey erreichte, konnte ich es kaum erwarten, die Felle loszuwerden. „Einen Rotfuchs häuten?“, fragte Marc, als ich ihm meine Geschichte erzählte. „Machst du Witze? Ich komme aus North Jersey.“ Er kam als 19-jähriger Aussteiger und Möchtegern-musiker ins Pelzgeschäft. In den 70ern fuhr er Pelztrucks. Er erschien mir überraschend empfindlich, vor allem wenn man bedenkt, dass er der Inhaber einer der größten Pelzzurichtereien Nordamerikas ist. Als er meine Kleiderhülle öffnete, zuckte er bei dem Geruch kurz zusammen, meinte aber: „Ich glaube, sie werden ganz schön.“ Zur Erklärung zeigte er mir Pelze, die in Becken voller Seife, Chemikalien und Salz schwammen, damit sie vom restlichen Fleisch befreit und dann getrocknet werden konnten. „Ich mache aus Häuten Leder“, sagte er. Noch vor wenigen Jahren, erzählte mir Marc, machten Wildtierpelze nur ein Fünftel seines Geschäfts aus. Doch in letzter Zeit, seit die Auktionspreise für Zuchtpelze in die Höhe geschossen sind, schätzt er, dass das Verhältnis auf 50 Prozent gestiegen ist. Er macht für diesen Wandel die steigende Nachfrage nach Pelzen in Russland und China verantwortlich. Er erzählte mir auch, dass die Nordamerikaner seiner Ansicht nach aus dem Zuchtpelzmarkt gedrängt werden. Die Alternative sei allerdings eine Herausforderung. „Wildpelz ist sehr wollig“, erklärte er. „Er verfilzt leicht.“ Ich fand nicht, dass meine Pelze aus Pennsylvania besonders wollig waren, bis Marc mir Fuchspelze aus finnischer Zucht zeigte: unglaublich weich, dreimal so groß wie meine und in Farben von „Platin“ bis „Eisblau“. Der Nordamerikanische Rotfuchs dagegen hat nur eine Farbe. Aber ich fand ihn immer noch schöner als diese finnischen Puschelbomben und konnte es nicht erwarten, Marc bei der Arbeit zuzuschauen. Er erzählte mir, wenn er fertig sei, verlade er die Felle für seine tägliche Trucklieferung in Manhattans Kürschnerviertel. Zwei Wochen später war ich auf der 30ten Straße Richtung Westen zu Dimitris’ Werkstatt unterwegs. Als er 1985 aus Griechenland nach New York kam, war er einer von über 500 Kürschnern in der Stadt. Heute gibt es noch etwa 40. In der Woche zwischen Weihnachten und Silvester war es in Dimitris‘ Werkstatt in der vierten Etage ziemlich ruhig. Taschen, Kisten und Pelzstapel beanspruchten jede freie Fläche, abgesehen von einem massiven Holztisch in der Mitte des Raums. Wir breiteten meine Fuchsfelle aus. Sie waren weich und geschmeidig, mit karamellfarbenen Rücken, darunter grau, und silbergrau an Nacken und Seiten. Die ehemals prosciuttofarbene Haut sah jetzt fast aus wie reines, weißes Leder. Die Pelze hatten immer noch Ohren, Nasen und Tasthaare, aber es schien, als hätte man ihnen ihre tierische Seele ausgetrieben. Wir wählten zwei stärker weiß melierte Felle aus und legten sie nebeneinander. Mit einer Klinge mit Goldgriff schnitt Dimitris die hellen inneren Ränder ab, nähte die Häute dann zusammen und erschuf einen Mutanten: einen zweiköpfigen Fuchspelz mit doppeltem Rücken. „Siehst du?“, sagte er. „Wie Schönheitschirurgie.“ Dann trennte er kurzerhand die Köpfe ab. So wurden meine Füchse also zu Werkstoffen. Vier Tage lang lernte ich bei Dimitris. Ich schnitt um Schusslöcher und Kratzstellen herum, nähte Häute zusammen und dehnte sie auf die richtige Größe. Wir fertigten eine Pappschablone für eine Weste an und übertrugen sie auf vier der Lederseiten. Die fünfte Haut legten wir für ein anderes Projekt zur Seite. Wir schnitten an den Umrissen entlang, nähten die Teile zusammen und bedampften den Pelz. Als wir zum Kragen kamen, ließ er mich an die Maschine. Tagelang hatte ich Dimitris zugeschaut, wie er das Leder zusammennähte, wobei er das Fell mit den Daumen zurückstreifte. Doch als ich nun selbst den Fuß auf das Pedal stellte, war ich genauso nervös wie mit dem Messer in Larrys Werkstatt. Schließlich trat ich drauf, ließ das Stahlrad der Maschine rotieren, während die Nadel auf und ab durch den Kragen stach. Als die Weste fertig war, besorgte ich mir in einem Stoffladen passendes Futter. Ich konnte mich kaum zwischen zwei Flanellstoffen entscheiden: ein Jägergrün, das mich an die Wälder in Pennsylvania erinnerte, und ein Grau mit karamellfarbenen Punkten, das der unteren Schicht des Fuchsfells ähnelte. Ich entschied mich für Grau und brachte es zu Maria, der Schneiderin, oder richtiger, zur Finisherin. Sie schnitt das Futter zu und nähte es mit einer rasiermesserscharfen Nadel von Hand in die Weste ein. Nun war sie fertig, abgesehen von einem etwas altmodischen Highlight. Ich brachte die Weste in einen Monogrammladen auf der 30ten Straße, um meinen Namen einsticken zu lassen. Eigentlich hätte ich noch ein paar mehr einsticken lassen sollen: Maria, Dimitris, Marc, Barry, Eric und Larry. Sowie fünf kleine Rotfüchse, die mich diesen Winter sehr, sehr warm halten werden. Und ich liebe jeden einzelnen von ihnen.

Fotos von Dustin Fenstermacher