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So hast du alleine Spaß im Club

Nur weil deine Freunde kein Techno mögen, musst du nicht zu Hause bleiben.
Ein junger Mann mit langen Haaren tanzt allein im Scheinwerferlicht, allein in einen Club zu gehen, kann sehr befreiend sein, aber auf ein paar Sachen muss man achtgeben.
Foto: Chris Bethell

Nach zwei Jahren Pandemie fühlt sich ein Besuch in den wiedereröffneten Clubs diesen Sommer wie eine kleine Offenbarung an. Auf den Dancefloors zeigt sich ein verschwitzter Hedonismus, der 2019 in dieser Form noch nicht da war. Aber was tun, wenn der Rest deines Freundeskreises lieber Spieleabende macht, in Indie-Discos schwoft oder überall Hausverbot hat? Zieh einfach alleine los! Du glaubst gar nicht, wie befreiend das sein kann. Du wirst nicht ständig zu endlosen Zigarettenpausen gezwungen, musst nicht alle zehn Minuten "Wo?"-Nachrichten beantworten und kannst vor allem nach Hause gehen, wann du es willst.

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Nimm mich, eine gestandene Solo-Clubberin: Meine erste einsame Partynacht hatte ich in Montpellier in Frankreich, als ich mit meinem Vater im Urlaub war. Auch wenn er der wahrscheinlich beste Tänzer ist, den ich kenne, gehen unsere Musikgeschmäcker dann doch zu weit auseinander, also bin ich alleine los. Abgesehen von ein paar fragwürdigen Track-Übergängen spürte ich bei dieser Partynacht unter Fremden eine Freiheit, die ich beim Ausgehen mit meinen Freundinnen so nie erleben würde. Es geht zwar nichts über die unfassbare Euphorie, die ich mit meinen engsten Freunden auf der Tanzfläche erlebe, aber an keine Gruppe gebunden zu sein, bedeutete in Montpellier, dass ich jeden Augenblick nach meinen eigenen Regeln genießen konnte. Für den Fall, dass du neugierig geworden bist, habe ich noch ein paar andere erfahrene Solo-Raver nach ihren besten Tipps gefragt.


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Schließ neue Freundschaften – und lass sie links liegen, wenn dir danach ist

Solo-Clubbing ist auch deswegen so aufregend, weil du keine Ahnung hast, wen du alles kennenlernen wirst. Während meiner wenigen Stunden auf der Party in Montpellier habe ich wahrscheinlich mit über 20 Leuten gequatscht. Am meisten gefällt mir allerdings die Freiheit, sich von Gruppe zu Gruppe treiben zu lassen. Genieß deine neuen Bekanntschaften, aber vergiss dabei nicht, dass du hier an niemanden gebunden bist und einfach machen kannst, wonach dir ist. Wenn du gerne auf einen anderen Dancefloor willst oder eine Unterhaltung dich langweilt, kannst du dich jederzeit entschuldigen und woanders hingehen.

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Der Eventmanager Sean O'Connor geht seit über zehn Jahren alleine in Clubs. Er sagt, dass ihm das dabei geholfen habe, Leute kennenzulernen. "Ich bin ein sehr introvertierter Mensch", sagt der 29-Jährige, "und das hat mir dabei geholfen, in sozialen Situationen besser klarzukommen und meine Angst zu überwinden, wenn ich neue Leute kennenlerne".

Der 20 Jahre alte Dan Funke ist erst viermal alleine in einen Club gegangen, aber für ihn bedeutet, alleine auf eine Party zu gehen, nicht, dass er alleine feiert. "Fast alle sind nett und kommunikationsfreudig und früher oder später wird eine Gruppe dich aufnehmen oder du lernst eine Person kennen, mit der du den Abend verbringst."

Trau dich einfach

Ein paar Stunden vor meinem Solo-Clubbesuch fuhr ich in der Straßenbahn, als mir drei Menschen mit hochhackigen Schuhen und Bärten voller Glitzer auffielen. Ich sprach sie an und erzählte ihnen von meinen Plänen. Ob sie ein paar Empfehlungen für mich hätten? Sofort luden sie mich ein, später mit ihnen zu einer Dragshow zu gehen. Damit war das Vorglühen schon mal geregelt.

Die Lektion hier ist, einfach Selbstbewusstsein vorzugaukeln. Auch wenn dir allein bei der Vorstellung, eine Gruppe Fremder anzusprechen, der kalte Schweiß ausbricht: Die allermeisten Menschen freuen sich, wenn du sie etwas fragst oder ihnen sagst, dass sie ein cutes Outfit tragen – solange du dabei nicht aufdringlich oder sexuell aggressiv bist, versteht sich.

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Für den Extra-Selbstbewusstseinspush kann ich empfehlen, auf dem Weg zum Club deine Lieblings High-Energy-Playlist zu hören. Dann schreitest du durch die Tür, als würde dir der Laden gehören. Auch wenn du innerlich ein kleines Nervenwrack bist.

Vergiss diese Sachen nicht

In meiner Ausgehtasche habe ich die üblichen Club-Essentials: Kaugummi, Handy, Bargeld, Bankkarte, Krankenkassenkarte und Labello. Eine Zigarette schnorrt man leicht, aber wenn du 20 Euro für das Taxi nach Hause brauchst, weil sich dein Handy-Akku verabschiedet hat, wird die Sache etwas schwieriger. Am besten hast du alles dabei, was du vielleicht brauchen könntest – vor allem ein vollständig geladenes Handy. Wenn du ganz sicher gehen willst, nimmst du noch eine Powerbank mit. Falls du in einer fremden Stadt ausgehst, schreib dir für den Fall der Fälle die Adresse deiner Unterkunft auf einem Stück Papier auf.

Informier dich

Der 22 Jahre alte DJ Yazan Saleh ist schon unzählige Mal alleine in Clubs gegangen. "Du bist der Pilot deiner Nacht und von dem, was du erlebst", sagt er. Yazan empfiehlt dringend, sich vorher über die Veranstaltung zu informieren, die man besuchen will. "Schau dir die DJs, das Line-up und den Club an, damit du ungefähr weißt, was dich für eine Atmosphäre dort erwartet." Außerdem fragen einen Türsteher gerne, ob man wisse, welche Party gerade in dem Club stattfindet.

Saleh vergleicht den einsamen Clubbesuch damit, alleine eine fremde Stadt zu besuchen. Ich persönlich finde es eher, wie alleine in ein Museum, Restaurant oder ins Fitnessstudio zu gehen. In anderen Worten: Versuch Clubben als Hobby zu sehen. Das macht es dir vielleicht auch leichter, es mal alleine auszuprobieren.

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Sei vorsichtig

In den ersten Stunden meiner Solo-Clubnacht hatte ich Probleme, einen guten Platz auf der Tanzfläche zu finden. Jeder Ort, den ich mir suchte, wurde schnell von Männern infiltriert, die viel zu nah neben mir tanzten. Erst als ich mit einer Gruppe von Leuten tanzte, mit denen ich mich davor unterhalten hatte, fühlte ich mich weniger wie als Ziel. Die Belästigungen waren allerdings eine gute Erinnerung daran, wie wichtig es ist, auf meine Sicherheit zu achten.

Jede Person, die ich zu dem Thema befragt habe, betont, wie wichtig das ist. "Besonders wenn du weiblich oder eine Transperson bist – ich bin beides –, sollte deine Sicherheit immer an erster Stelle stehen", sagt Dan. "Sag Freunden, in welchen Club du gehst. Achte immer auf dein Getränk und nimm keine Drogen von Menschen, die du nicht kennst."

In vielen Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es außerdem die "Frag nach Luisa"-Kampagne. Wenn du eine unangenehme oder aufdringliche Person nicht loswirst oder dich anderweitig unsicher fühlst, kannst du dich an das Bar-, Garderoben- oder sogar Türpersonal wenden und nach Luisa fragen. Dort versteht man dann, dass du Hilfe brauchst.

In Berlin ist diese Kampagne zwar nicht bekannt, aber dafür gibt es in fast allen Clubs einen Aushang dazu, an wen man sich in unangenehmen Situationen wenden kann. Manche Partys haben sogar eigens dafür zuständige Awareness-Teams. Leider ist die Tanzfläche nicht so sicher, wie sie sein sollte, und ohne Freunde, mit denen man gemeinsam aufeinander achtgeben kann, kann man sich etwas schutzlos fühlen – auch wenn sonst alles super läuft.

Wenn du dich dann doch fürs Solo-Clubbing gewappnet fühlst, sind die Möglichkeiten quasi endlos. Bereite dich so gut vor, wie du kannst, und stürz dich ins Ungewisse. Vielleicht erlebst du die beste Nacht deines Lebens.

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