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Video Games Killed the Radio Star

Rocksteadys Vision von Batmans Gotham City ist der ultimative Spielplatz der Gaming-Welt

Das Londoner Studio hat mit seinen Interpretationen der berühmtesten fiktiven Großstadt einfach mal die besten Open-Worlds der Gaming-Geschichte hingelegt.

Rocksteady hat Batman aus den Tiefen der Videospielhölle gerettet. Und wenngleich diese Behauptung eine absichtliche Übertreibung ist, findet sich darin, wenn man kurz nachdenkt, ein gar nicht so winziger wahrer Kern. Nachdem wir uns alle viel Spaß mit Batman Returns und Batman: The Video Game hatten, kam erst mal ein ziemlicher Haufen Schrott, den kein auch nur halbwegs vernünftiger Mensch hätte als gut bezeichnen können. Das ist der Grund, warum sich auf vielen „Die-besten-Batmanspiele-aller-Zeiten"-Listen immer auch ziemlich mittelmäßige Titel wiederfinden. Die Auswahl ist einfach nicht sehr groß.

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Das ist auch der Grund, warum die Londoner Rocksteady Studios um so mehr Lob für die Liebe, Sorgfalt und Aufmerksamkeit verdient haben, mit der sie sich an DC Comics tollstes Werk gewagt haben um eine digitale Vision zu entwickeln, die eines Dark Knight würdig ist – und sogar die Call-of-Duty-Generation für sich gewinnen konnte. Die mit Warner Bros. affiliierte Arkham-Franchise – zu der bislang Arkham Asylum (2009), City (2011) und Knight (2015) gehören (Batman: Arkham Origins ist hingegen eine Produktion von Warner Bros. Games Montreal) – ist eine der populärsten der Gaming-Welt*, was nicht zuletzt mit der Art und Weise zusammenhängt, wie Rocksteady das fiktionale Universum interpretiert. Und das trifft auf alle drei Versionen von Gotham zu, die sie uns seit 2009 präsentiert haben.

Bei der Erschaffung von Asylum, City oder Knight wurde kontinuierlich darauf geachtet, immer wieder auf clevere Art wichtige Elemente von Batman einzubauen – sei es der Wink in Richtung Jason Todd oder Hugo Strange in Asylum, die Crime Alley in City, oder die zahlreichen Ostereier, die in Knight auf andere DC-Comicfiguren verweisen – darunter die riesige Werbetafel für Lex Corp. So hat es Rocksteady geschafft, dass man sich in jedem Szenario pudelwohl fühlen kann, es aber gleichzeitig genug Orientierungspunkte gibt, die einen nie vergessen lassen, wo man gerade ist. Es ist eine Welt, die ihr seit Jahren kennt und liebt, und die jetzt von jener neuen Generation schlauer Köpfe zum Leben erweckt worden sind, die momentan den Schlüssel zu dieser Stadt in den Händen hält.

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Was übrigens wirklich keine leichte Aufgabe ist. In direkter Konkurrenz mit dutzenden anderer Interpretationen und dem, was Fans sich in ihren Köpfen ausmalen, musste Rocksteady es schaffen, Gotham so zu gestalten, dass es nicht nur zum Spielen taugt, sondern auch als funktionierende Stadt glaubhaft ist. Jede Straße, jede Komponente und jeder Stadtteil musste sich nahtlos an den nächsten fügen, damit die ursprüngliche neo-gotische Adaption der dunkleren Seite Amerikas nun als auch als Spielumgebung funktioniert.

Es beginnt im Asylum, einem einzigartig Setting, das sogar noch klaustrophobischer und erdrückender als seine Vorgänger geworden ist. Rocksteadys als Insel vor der Küste Gothams imaginierte Version dieser Einrichtung für geisteskranke Kriminelle ist perfekt inszeniert. Im Asylum finden die dunklen, spannungsvollen und offen gesagt manchmal erschreckenden Momente, die viele der besten Batman-Geschichten ausmachen, den nötigen Raum, und ein Umfeld, das oft schon allein durch seine Atmosphäre verstört. Das Gefängnis ist kein Ort, an dem man sich gerne aufhält, und in jeder Ecke kann eine neue Gefahr oder Herausforderung lauern.

Daneben gibt es aber auch die kleinen Open Worlds, die die einzelnen Seitenflügel miteinander verbinden. Der Kontrast ist bemerkenswert, besonders wenn man das erste Mal mitbekommt, dass es hier außer engen Fluren noch etwas anderes gibt. Hier zeigt sich erneut wie clever Rocksteadys besondere Herangehensweise ist. Alles ist auf eleganteste Weise aufeinander abgestimmt und sogar die Bat-Gadgets fügen sich perfekt ins Bild. Angefangen mit dem Enterhaken – der besonders beeindruckt, weil die Trilogie so gebaut ist, dass man nie einen Fuß auf den Boden setzen muss – bis hin zu dem Line-Launcher, fühlt sich keiner der Gegenstände an, als wäre er nachträglich ungeschickt hineingesetzt worden. Sie passen alle, und zwar, weil sie bis ins Detail durchdacht worden sind.

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Gotham zu mehr als nur einer tollen Landschaft zu machen, stand schon seit langem aus – und Arkham City hat das nun auf überzeugende Weise geschafft. Die Idee war, eine Stadt zu schaffen, in der du „zu Batman werden" kannst (was hier tatsächlich sicher auch jedem Spieler locker mindestens ein Mal gelingt) – und auf diese Weise ist hier eine tolles Beispiel dafür entstanden, wie man eine tolle Spielumgebung schaffen kann, ohne dass man auf die dahinter liegenden Geschichten und Legenden verzichten muss. Die schon erwähnte Crime Alley, das GCPD, das Monarch Theatre, ACE Chemicals – sie alle sind hier und tragen zu einem noch intensiveren Erlebnis bei. Ihr könnt sinnierend in einem Glockenturm sitzen oder, wenn ihr wollt, durch den Himmel gleiten, von wo aus ihr Batmans Domäne aktiv im Blick behalten könnt. Und damit noch nicht genug! Ihr werdet auf den Straßen Zeugen von kriminellen Akten werden, die ihr stoppen könnt, indem ihr euch aus dem Himmel nach unten stürzt. Ihr spielt nicht das Spiel von jemand anderem. Ihr tretet in seine Fußstapfen. Ohne ein lebendes, atmendes Gotham ginge das nicht.

Im MUNCHIES-Podcast: Warum Batman dein Glas Tequila rettet

Womit wir bei Arkham Knight wären, dem besten Beweis dafür, dass der einzige Zweck Gothams darin besteht, eine Comicfigur aus den Buchseiten heraus zum Leben zu erwecken. Durch die Gebäude und die Struktur der City werden die körperlicheren Stärken von Batman hier bewusst in den Vordergrund gerückt. Egal, ob du von oben herabsinkst, um einen Gegner zu überraschen, oder über die Dächer hinweggleitest, um die Story voranzubringen – das hier ist der kompromisslose Batman, der Comicleser seit jeher fasziniert. Knight verstärkt diesen Effekt noch, indem eine extra darauf angepasste Spielumgebung dem Neuzugang dieser Serie, dem Batmobil, Raum gibt den Spieler zu beeindrucken. Andere Versionen haben das Auto eingeführt, damit sie auf dem Karton damit Werbung machen können, aber noch niemand hat das Gefährt bislang so nahtlos als essentiellen Bestandteil in das Spiel eingepasst.

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Selbst die Geographie der Straßen ist ein Augenschmaus, vor allem, weil man durch Gotham rasen kann, als hätte man ein Rennspiel vor sich. Vermutlich wird es die eine oder andere Kritik an ein paar fragwürdigen Stealth-Sections geben, in denen das gepanzerte Fahrzeug vorkommt, aber Firefly zu jagen oder durch eine Landschaft zu brettern, die um einen herum explodiert, ist ein wunderbares und einzigartiges Erlebnis, bei dem viel hätte schiefgehen können. Es ist ein weiteres Bespiel dafür, dass Rocksteady fast immer alles richtig macht – und das obwohl andere Entwickler, die mit derselben Vorlage arbeiten, teilweise Welten erfunden haben, die sich wie Nickelodeon-Trickfilme anfühlen, oder Fahrzeug-Abschnitte, die fast eine Beleidigung sind. Versucht nur mal ein paar Minuten mit dem längst vergessenen Rise of Sin Tzu zu verbringen.

Die einzige Ausnahme in diese Hinsicht ist übrigens Warner Bros. Games Montreal. Das kanadische Team hat auf die Vorarbeit von Rocksteady aufgebaut und sich bemüht, das Niveau beizubehalten. Und Arkham Origins hat dann auch nicht nur bewiesen, wie schön Arkham City ist, sondern gezeigt, wie lange man Spaß an dieser einen Welt haben kann. Die eigentliche Attraktion des Spiels – bei dem die Zeit um fünf Jahre vor den Ereignissen in Asylum zurückgedreht wird – ist, dass man altvertraute Ecken wiederentdecken kann. Wie in eurer eigenen Heimatstadt, kennt ihr immer schon den schnellsten Weg und die Positionen der wichtigsten Monumente. Ihr lauft nicht einfach ziellos umher. Ihr lebt das Spiel, und der Schnee als neues Element sorgt dafür, dass Origins, obgleich es wohl als das schwächste Spiel der Serie angesehen werden muss, dennoch ein nostalgisches Vergnügen ist.

Das größte Lob ist aber, dass man, unabhängig von den endlosen Missionen, den Gangstern, die man verprügeln und den Übeltätern, die man jagen und finden kann, auch eben so viel Spaß mit Arkham haben kann, wenn man einfach erkundet, was es zu bieten hat. Genaugenommen nichts anderes als Simulatoren, sind diese Versionen von Gotham etwas, in das man eintauchen kann, und was einem die Art Befriedigung und Unterhaltung verschafft, die einem so kaum ein anderes Spiel bieten kann. Rocksteady haben jedes mal aufs Neue bewiesen, dass sie Genies des World-Building sind. Dass sie das noch dazu mit etwas so besonderem geschafft haben, wie Batman, ist da nur das Tüpfelchen auf dem i.

(*von krassen Fehlern in der PC-Version mal abgesehen)

@SimonMiller316

Diese Review wurde durch die Unterstützung von NVIDIA SHIELD möglich. Die NVIDIA SHIELD Library findest du hier.