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Popkultur

Weihnachtswerbung für Leute, die Weihnachtswerbung hassen

Weihnachten ist die Zeit im Jahr, in der große Firmen ihre „emotionale“ Werbung auffahren, um dich dazu zu bewegen, deinen Liebsten irgendeinen Scheiß zu kaufen, den sie auf keinen Fall brauchen. Viele bezeichnen das als „die schönste Zeit des Jahres...

Standbild aus dem Weihnachtswerbespot von CANAL+

Weihnachten ist die Zeit im Jahr, in der große Firmen ihre „emotionale“ Werbung auffahren, um dich dazu zu bewegen, deinen Liebsten irgendeinen Scheiß zu kaufen, den sie auf keinen Fall brauchen. Viele bezeichnen das als „die schönste Zeit des Jahres“. Du und ich tun das sicherlich nicht.

Auch wenn ich mich auf der anderen Seite des weihnachtlichen Jubelpendels befinde, bin ich durch meinen Job gezwungen, mich mit jeder einzelnen dieser großen Weihnachtswerbungen zu beschäftigen. Seit drei Monaten muss ich mir die armselige Parade von animierten Tieren, Möchtegernfilmen, Supermodels und der verdammten Helena Bonham Carter reinziehen. Nach diesen Werbespots, die uns in weihnachtliche (Shopping-)Stimmung versetzen sollen, fühle ich mich alles andere als besinnlich. Ich kann den 27. Dezember kaum erwarten.

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Dieses Jahr gibt es zum Glück ein paar Weihnachtswerbungen—um genau zu sein sind es vier an der Zahl—, die Konsumenten wie empfindsame Wesen behandeln und das ganze abgedroschene und falsche Wohlfühlgetue meiden. Hier sind sie, im kreativen Countdown:

4. Roku

Einen fiktionalen Sprecher einzusetzen, ist immer eine riskante Werbestrategie, denn die Zuschauer könnten ihn einfach abgrundtief verachten.

Aber mir gefällt dieser „Ukrainer“ „Moxkat Grvida“. Das Motto—beschenke dich selbst und scheiß auf die anderen—ist keine bahnbrechend neue Idee (vgl. Harvey Nichols, Nr. 3, unten). Doch hier passt die Strategie perfekt, und ich liebe perfekt passende Strategien. Ich bin ein altmodischer Mad-Men-Dinosaurier. Viel zu viele der heutigen Werbekampagnen sind einfach nur darauf ausgerichtet, so viele „Augäpfel“ wie möglich auf sich zu ziehen—scheiß auf die Strategie, volle Fahrt voraus. Diese Kampagnen formen keine Marke und werden ein paar Monate später wieder vergessen sein. Sie kommen von Werbeagenturen, die eine Vorliebe für Sackgassen haben.

Doch zurück zu Moxkat und Roku. Warum Moxkat ein Trampolin hat, stellt ein gewisses Rätsel dar. Vielleicht hat er es sich selbst geschenkt? In einer der kürzeren Sekundärwerbungen gibt Moxkat ein paar seiner Lieblingsfilme preis, die ziemlich vorhersehbar sind. In einer anderen beklagt er das Jahr, in dem er eine Cargo-Hose anstelle eines Jagdgewehrs bekommen hat. Das hat zwar nichts mit Roku zu tun, aber wen kümmert das schon.

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Das ist die einzige der hier präsentierten Werbekampagnen, die ausschließlich online erschienen ist. Dadurch wird sie wahrscheinlich nicht auf so viele Augäpfel kommen wie die anderen drei. Weder weiß ich, wie viele Rokus dadurch verkauft werden, noch interessiert es mich. Jedenfalls hat es mich in die richtige Stimmung für den Dezember versetzt, in dem die konsumgeile Welt ein verficktes Höllenloch ist. Gute Arbeit, Roku. (Nebenbemerkung: Ich habe Roku und ich empfehle es weiter.)

Werbeagentur: Butler, Shine, Stern & Partners.

3. Harvey Nichols Für gewöhnlich versucht das britische Luxuskaufhaus, weihnachtliche Breiigkeit in seiner Werbung zu vermeiden. 2011 bekam es einen Schlitten voller Beschwerden über ihre „Walk of Shame“-Weihnachtswerbung, die in Cannes dennoch einen Silbernen Löwen gewonnen hat.

Dieses Jahr haben sie sich für die Kampagne „Sorry I Spent It On Myself“ entschieden. Der Werbespot ist für sich genommen schon super, aber mit der „Scheiß auf weihnachtliche Großzügigkeit“-Strategie haben sie das Ganze noch einmal auf die Spitze getrieben. Du kannst die schäbigen Ersatzgeschenke, die in der Werbung gezeigt werden, tatsächlich kaufen, sowohl online als auch in den Geschäften.

Werbeagentur: adam&eve/DDB London.

2. Aldi

Mit einer langfristigen, günstigen, aber witzigen TV-Kampagne mit dem Schlagwort „Wie Marken, nur billiger“ spielt Aldi im Vereinigten Königreich clever mit seinen niedrigen Preisen. (Hier sind zwei meiner früheren Favoriten, der „Gin“-Spot und der düster-lustige „Tee“-Spot, der ebenfalls Gin beinhaltet.)

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Dieses Jahr hat Aldi sich die Produktion etwas mehr kosten lassen und ein scharfes männliches Model eingesetzt. Nebenbemerkung: Der billige Champagner von Aldi hat kürzlich in einem Geschmackstest gegen Moët und Veuve Clicquot gewonnen.

Werbeagentur: McCann Manchester.

1. CANAL+

Und hier der klare Gewinner: der französische Bezahlfernsehsender CANAL+. Wenn Sarah Palin diese Werbung sehen sollte, wird sie ein ganzes Rudel Wölfe erschießen müssen, um wieder zur Ruhe zu kommen.

CANAL+ und die Werbeagentur BETC Paris produzieren seit Langem unterhaltsame Fernsehspots, darunter „The Bear“ und mein Favorit „The Closet“. Diese Neuauflage der Szene der Geburt Christi in Bethlehem wurde in Marokko gedreht, unter der Regie von Gary Freedman von der Glue Society. Bravo.

Was man von diesem Weihnachten mitnehmen kann, ist Folgendes: Anstatt deinen Liebsten ein abgefahrenes neues iProdukt mit planmäßiger Obsoleszenz zu kaufen, solltest du dir lieber selbst was Schönes gönnen und alle anderen zur Hölle fahren lassen. Gott ist tot und Jesus hat jetzt ein CANAL+-Abo.