impfpflicht

Impfgegner erzählen, was sie machen, wenn die Impfpflicht kommt

"Auswandern ist auf jeden Fall eine Option."
Illustration von Impfungen, die Gegner der Impfpflicht ablehnen und umgehen wollen
Foto: imago | Ikon Images

Gesundheitsminister Jens Spahn will die Masern in Deutschland ausrotten – durch eine Impfpflicht. Wenn das Masernschutzgesetz im Bundestag beschlossen wird, müssen ab 2020 alle Kindergarten- und Schulkinder eine gültige Impfung vorweisen. Dasselbe gilt für Erzieher, Lehrerinnen und medizinisches Personal. Nicht geimpfte Kinder dürfen weder in den Kindergarten noch in die Schule. Nimmt eine Kita sie trotzdem auf, muss sie 2.500 Euro Strafe zahlen. Genauso wie Eltern, die ihre schulpflichtigen Kinder nicht impfen lassen.

Anzeige

Grund für die geplante Impfpflicht ist die hohe Ansteckungsgefahr durch Masern. 2018 wurden in Deutschland knapp 550 Masernfälle gemeldet. Dabei sind 93 Prozent der Schulkinder zweifach geimpft. Masern sehen nicht nur schlimm aus, sie können auch lebensgefährliche Lungen- und Gehirnentzündungen zur Folge haben. Das Virus gefährdet erkrankte Personen genauso wie nicht-geimpfte Menschen in ihrem Umfeld. Deshalb wird viel über die Sicherheit der "Herde" gesprochen.

Ein Teil der Herde sieht die Gefahr jedoch nicht in den Masern, sondern in der Impfung dagegen. Dabei gibt es aus medizinischer Sicht kaum Einwände, die gegen eine Impfung sprechen. Manchen geht es aber nicht nur um die vermeintlichen körperlichen Gefahren, sondern auch um Selbstbestimmung: Bisher durften Menschen in Deutschland selbst entscheiden, ob sie sich und ihre Kinder impfen lassen wollen. Mit der Impfpflicht würde sich das ändern.

Wie würden die Impfgegner und Impfgegnerinnen dann reagieren? VICE hat sie gefragt.

Adina, 30, Fitnesstrainerin

"Ich finde die geplante Impfpflicht total übergriffig. Ich möchte, dass meine Kinder und ich ein Recht auf körperliche Unversehrtheit haben. Es sollte nicht fremdbestimmt sein, welche Mittel in uns reingespritzt werden. Unser Körper ist unser heiligstes Gut, über den wir bisher noch das alleinige Bestimmungsrecht haben. Ich habe richtig Angst davor, dass uns das bald genommen wird. Wenn die Impfpflicht kommt, ist Auswandern auf jeden Fall eine Option für mich. Ich werde der Impfpflicht auf gar keinen Fall nachgehen. Im schlimmsten Fall würde man mir dann das Sorgerecht für meine Kinder entziehen und sie zwangsimpfen. Da verlasse ich lieber vorher das Land. Außerdem würde ich im Rahmen einer Sammelklage klagen. Ich möchte mich – so gut es geht – gegen die Impfpflicht wehren.

Anzeige

Ich habe drei Kinder im Alter von sechs Jahren, drei Jahren und neun Monaten. Mein Großer ist im Waldorfkindergarten. Da sind die meisten Kinder ungeimpft. Ich selber bin geimpft. Bevor mein ältester Sohn geimpft wurde, habe ich mich nie mit dem Thema beschäftigt. Mein Gefühl sagt mir einfach, dass es nicht gesund sein kann, so in den Körper eines Kindes einzugreifen. Ich musste abwägen, ob ich besser mit den Folgen einer Krankheit oder einer Impfung für mein Kind leben kann. Eine Erkrankung ist natürlich, eine Impfung fremdbestimmt."

Dieter, 49, Bauingenieur

Dieter mit seiner Frau und dem gemeinsamen Baby, sie lehnen die Impfpflicht ab und wollen sich dagegen wehren

Foto: privat

"Ich fühle mich von der geplanten Impfpflicht bedroht und bevormundet. Deutschland ist ein freies, demokratisches Land. Ich habe ein Recht auf die Unversehrtheit meines Körpers. Ich akzeptiere, wenn Menschen sich impfen lassen, Alkohol trinken oder Marihuana rauchen. Aber ich selbst möchte es nicht. Meine fünf Kinder sind alle ungeimpft und das soll auch so bleiben. Meine Ex-Frau wurde während der Schwangerschaft gegen Grippe geimpft. Meine Tochter ist deshalb von Geburt an schwerstbehindert. Sie begann erst mit fünf Jahren zu laufen, hat Epilepsie und eine Hirnschädigung. Laut Ärzten ist die Ursache unklar. Ich recherchiere seit sechs Jahren und bin überzeugt, dass meine Tochter impfgeschädigt ist. Ich klage momentan für die Anerkennung.

Sollte die Impfpflicht kommen, werde ich ein lebendes Impf-Hindernis darstellen. Zur Not würde ich die angedrohten Bußgelder bezahlen. Ich bin allerdings völlig mittellos. Vielleicht gibt es die Möglichkeit, die Strafe bei Herrn Spahn in Raten abzubezahlen. Zur Not würde ich sie im Gefängnis absitzen, um meine Kinder zu schützen. Solange ich lebe, werde ich nicht zulassen, dass sie geimpft werden. Jetzt werde ich aber erstmal dafür auf die Straße gehen, dass die Pflicht nicht eintritt. Impfen muss freiwillig bleiben."

Anzeige

Auch bei VICE: 10 Fragen an Jens Spahn, CDU


Sabrina, 35, Hotelangestellte

"Wenn ich an die geplante Impfpflicht denke, bekomme ich Panik. Sie verletzt meine Grundrechte. Meine Kinder sind elf und sechs Jahre alt. Mein Sohn ist vollständig geimpft, meine Tochter wurde einmalig mit acht Monaten gegen Masern geimpft. Wir haben sechs Jahre in den USA gelebt. Würde die Impfpflicht kommen, müsste ich meine Tochter in Deutschland erneut impfen lassen, da ich keinen Nachweis über die Impfung habe.

Meine Tochter hat auf die Impfung sehr stark reagiert. Sie hatte danach stundenlange Schreianfälle und hohes Fieber. Das sei zwar normal, dennoch ist es eigenartig, sein Kind so leiden zu sehen, obwohl es vorher gesund war. Ich finde, da wo ein Risiko ist, sollte auch eine Auswahlmöglichkeit sein. Ich bin mir sehr unsicher, was ich machen kann, um die Impfpflicht zu verhindern. In Amerika kann man eine Ausnahmegenehmigung beantragen, zum Beispiel aus religiösen Gründen. Gäbe es diese Möglichkeit in Deutschland, würde ich sie nutzen. Mein Sohn ist trotz Impfung gesund, ich habe aber auch schon Kinder gesehen, bei denen das nicht so ist. So wie die meisten Leute Angst vor Masern haben, habe ich Angst, wenn ich den Beipackzettel der Impfung lese."

Folge Yannah auf Twitter und VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat.