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Sex

Diese Firma hilft Menschen mit Behinderung beim Masturbieren

Eine Organisation für Behindertenrechte hat „Sexwerkzeuge" entworfen, um die Öffentlichkeit darüber aufzuklären, dass Menschen mit Behinderungen auch nur Menschen sind.

Foto mit freundlicher Genehmigung von GIL (Kooperative für Selbstständiges Leben Göteborg)

Es ist etwa zwei Jahre her, dass wir von der GIL gehört haben, der Göteborger Kooperative für Selbstständiges Leben. Zuletzt wollte die Interessengruppe für Menschen mit Behinderungen auf die schlechten Zustände in Kneipen aufmerksam machen. Dazu setzten sie ein selbstgebrautes Bier ein, und anscheinend hatten sie damit großen Erfolg: „Unser Bier hat mehrere Preise gewonnen, seit wir uns gesprochen haben", sagte mir Anders Westgerd, Sprecher der GIL, am Telefon. Doch diesmal unterhalten wir uns nicht wegen eines Getränks. Diesmal geht es um den Dildo mit dem seltsamen gelben Griff, den er mir letzte Woche mit der Post schickte.

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Der Dildo, sowie die künstliche Vagina und die „Faust des Adonis", die das Set vervollständigen, sollen behindertengerecht sein. Es gibt auch ein spezielles Anleitungsvideo, das ihr euch unten ansehen könnt.

Wie die Anleitung es darstellt, machen die Sex-Werkzeuge (so GILs Bezeichnung) Sex zu einer ganz schön peinlichen Sache—sowohl für die Behinderten als auch für die Assistenten. Zu der Prozedur gehören unter anderem Schutzkleidung und roboterhafte Reibebewegungen. Vermutlich seht ihr hier eine der unsexiesten Situationen, die man sich nur vorstellen kann.

Allerdings kommen die Sextoys so schnell nicht in die Läden. Der von GIL erfundene Sexspielzeughersteller Secreta AB und seine Produkte sind nämlich Teil einer Kampagne der GIL, um darauf aufmerksam zu machen, dass auf Assistenz angewiesene Menschen dieselben Bedürfnisse haben wie alle anderen. Ich musste mich einfach mit Westgerd unterhalten, um zu verstehen, wie ein Penis, eine Vagina und eine Faust aus Plastik Aktivismus sein können.

VICE: Hey Anders, danke für den Dildo!
Anders Westgerd: Gern geschehen. Freut mich, dass er dir gefällt.

Eure Sexspielzeuge, ich meine Werkzeuge, wurden extra für die Messe Leva & Fungera (Leben und Funktionieren") erfunden?
Ja, genau. Sie fing am 14. April an und ging bis heute. Sie ist die größte Messe zum Thema Betreuung und technische Hilfsmittel in ganz Skandinavien. Es gibt viel Fokus auf technische Hilfsmittel und nicht so viel darauf, wie man eigentlich leben soll, wenn man behindert ist. Das wollen wir ändern.

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Bei dieser Kampagne geht es nicht wirklich um Sex. Es ist nur eine Taktik, um Menschen zu erreichen. Sex und Behinderung sind Tabu. Am Ende geht es darum, dass andere Menschen entscheiden, wie wir unser Leben führen sollen. Wir sind wie alle anderen Leute und wir wollen die Gelegenheit, so zu leben wie alle anderen.

Was sind die häufigsten Vorurteile über das Sexleben von Menschen mit Behinderungen?
Sex ist etwas, das in unserer Kultur einen hohen Stellenwert hat, aber niemand spricht jemals über Sex in Bezug auf Menschen mit Behinderungen—und wenn doch, dann nur aus der Perversen- oder Freak-Perspektive. Über Sex als behinderte Person wird nicht gesprochen. Es gibt auch viele Leute, die glauben, dass wir gar keinen Sex haben.

Wie wird eure Kampagne diese Einstellung ändern?
Ich hoffe, die Leute werden verstehen, dass wir normale Menschen sind, die Lust verspüren, und nicht geschlechtslose Objekte. Hier geht es nicht nur um Sex—es geht darum, das alles im Leben einer Person mit einer Behinderung von allen anderen Leuten geplant und diktiert wird.

Anders mit einem der Sexwerkzeuge von Secreta AB

Was ist mit der „Faust des Adonis"? Könnte die nicht von eurem eigentlichen Anliegen ablenken?
Die Menschen werden es vermutlich falsch verstehen, aber manchmal muss man die Leute schocken, damit sie sich mit etwas beschäftigen. Wenn ich auf die vorherigen Kampagnen zurückblicke—wie das Bier und die geistig behinderte Puppe—, dann sind es hauptsächlich Menschen ohne Behinderungen, die sich empören und GIL sagen, wie wir es richtig machen sollten. Aber meistens überdenken sie ihre Einstellung noch einmal, wenn wir es schaffen, uns mit ihnen zu unterhalten.

Wie habt ihr die Werkzeuge bei der Messe präsentiert?
Wir hatten einen total nüchternen Stand, der den Eindruck einer Autorität erweckt, wie wir sie auch in unserem Leben erfahren. Wir hatten uns als Vertreter von Secreta AB verkleidet.

Wie kam euch die Idee zu dieser Kampagne?
Unsere Arbeit konzentriert sich schon immer darauf, die breite Öffentlichkeit anzusprechen—also nicht so sehr Politiker und andere Autoritäten. Ich glaube daran, dass Demokratie mit dem Individuum beginnt. Wir brauchen ein kollektives Umdenken, wenn wir als Bürger wie alle anderen auch gesehen werden wollen. Kampagnen wie diese helfen der GIL, Leute zu erreichen, die sich ansonsten nicht so viele Gedanken über unsere Lage machen würden. Sex öffnet Türen.

Alles Gute, Anders!