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'Evolve' hat Fangenspielen endlich zum Videospiel gemacht

Das sind unsere Game-Reviews aus dem letzten Heft. Darunter 'Grim Fandango Remastered', 'Dying Light' und das enttäuschende 'Evolve'.
Screenshot ,Evolve‘

Der Fortschritt im Sektor Freizeitunterhaltung ist nicht zu stoppen und erfindet sich stets neu. So haben wir es tatsächlich geschafft, „Fangenspielen" in ein Online- Multiplayer-Game umzuwandeln. Die altbekannten Räuber und Gendarme sind in Evolve zu Lovecraft'schen Monstern und überstilisierten Blizzard-Charakteren geworden, die mit witzigem Raumschiffwaffenarsenal und feuerspuckenden Godzilla-Skills imponieren.

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EVOLVE

Was einem gleich zu Beginn schonungslos ins Gesicht schlägt—eigentlich wie bei jeder Form von Mehrspielerschlacht im Netz—, ist die komplette Ahnungslosigkeit, mit der man sich mit den in kürzester Release-Zeit und mit Hilfe von Beta-Versionen zu verdammten Evolve-Profis hochtrainierten Gegnern aus der ganzen Welt auseinandersetzen muss.

Man wird im Online-Multiplayer einfach immer sofort zur Sau gemacht und gleichzeitig hasst man mit einer leidenschaftlichen Hingabe die Team-Kollegen, die vielleicht noch ein bisschen schlechter sind als man selbst. So gesehen passt eigentlich die Analogie mit den Schulhofspielchen aus der Kindheit ganz gut.

Ich habe es in einer meiner ersten Runden Evolve geschafft, den Tod in einem Tentakelmaul abzuwehren, indem ich mich im Dickicht der außerirdischen Dschungelvegetation versteckt habe. Das war aber genau so furchtbar für mein Monsterjäger-Team, da jeder in der Avatargang essentielle Aufgaben des Schutzes, Heilung und Alien-Bekämpfung mit sich bringen MUSS—nur ich kauerte hinter Büschen. So fühlte ich mich trotz einigen Upgrades und Unlocks von neuen Spielfiguren immer noch wie das fette, pickelige Kind der Evolve-Arenas.

Und damit überschreitet dieses superschöne Spiel für mich leider knapp die Grenze an Frustration, die, wenn richtig eingesetzt, dazu führen kann, dass man trotz Fluchen und Zähneknirschen einem Game doch immer wieder eine weitere letzte Chance gibt— wie bei Battlefield oder Rogue Legacy. Was soll ich sagen, auch als Monster bin ich scheiße und finde es langweilig, immer nur davonzulaufen. Sogar der Sprung aus dem Drop Ship dauert mir ein paar Sekunden zu lange. Dieser gequälte Schulhof-Loser will nicht mehr mitspielen.

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Josef Zorn vergibt 2 von 5 nicht überwältigenden, aber soliden Online-Demütigungen.

Publisher: 2K Games
Platform: PS4, Xbox One, PC

Dying Light

Zombies mit im Müll gefundenem Ramsch filetieren, wie ein mit Speed vollgepumpter Parkour-Masochist durchs Armenviertel turnen und das alte „Looting and Leveling"-Spielchen—diese einzelnen Bestandteile für sich genommen finde ich ja schon ziemlich geil. Warum ich in Dying Light eine Überlebendenkommune inmitten einer Zombie-Apokalypse infiltrieren muss, ist mir über weite Strecken nicht klar. Darum geht's aber auch nicht, denn hier kann ich meiner manischen Sammelwut freien Lauf lassen und in einer nicht genau definierbaren, wohligen Fallout 3-Nostalgie schwelgen.

Dying Light kommt stellenweise unausgegoren daher. Ein richtig beschissener (aber mittlerweile reparierter) Bug, der sowohl all meine Gegenstände als auch meine Skill-Punkte pulverisierte, kostete einiges an Nerven. Grafik, Gameplay und der spielbestimmende Tag-und-Nacht-Wechsel tröstet mich darüber aber hinweg.

Raphael Schön vergibt 4 von 5 zertrümmerte Zombie-Hirne und verpasst jetzt wieder eine paar Zombies einen Dropkick.

Publisher: Warner Bros
Platform: PS4, Xbox One, PC

GRIM FANDANGO REMASTERED

Was nach unserem Tod mit uns passiert, haben sich schon viele Leute überlegt. Wenn es nach Grim Fandango geht, landen wir in einer bizarren Fegefeuer-Zwischenwelt, irgendwo zwischen Film Noir und mexikanischer Folklore, wo wir erst unsere im Leben angehäufte Schuld abarbeiten müssen, bevor wir ins Jenseits weiterziehen dürfen.

In genau dieser Situation steckt auch Protagonist Manny Calavera, quasi ein knochiger Bogart-Ersatz mit spanischem Akzent, den wir durch ein vier Jahre umspannendes Epos voller wilder Story-Wendungen, absurder Figuren und vor Sprachwitz sprühenden Dialogen aus der Feder von Tim Schafer (Psychonauts, Brütal Legend und viele geniale Titel mehr) jagen.

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Das 1998 von LucasArts erstmals veröffentlichte Adventure-Spiel ist jetzt in einer „Remastered"-Version zurück. Das Erlebnis des Originals wird lobenswert gut bewahrt und mit kleinen Grafikmodernisierungen erweitert sowie mit Extras wie einem Audio-Kommentar der Entwickler. Einer Sache muss man sich aber bewusst sein: Zur Zeit von Grim Fandango war das Adventure-Genre an einen Punkt gelangt, der sich irgendwo in den Untiefen seines eigenen Arsches befand. Gerade LucasArts hatte sein Publikum über die Jahre fast zwangsläufig zu gestählten Point-&-Click-Veteranen geschult, die nur noch durch die abstrusesten Rätsel zu erschüttern waren.

Also ja, Grim Fandango ist Hardcore und ohne Walkthrough aus dem Netz nur mit ordentlich viel Geduld zu meistern. Ich habe es mehrmals durchgespielt, aber auch diesmal wieder nicht verstanden, wie dieses verdammte Rätsel mit dem Katzenrennen funktioniert und warum es Sinn ergeben soll. In Sachen Storytelling, Dialogwitz und Art Design kommen 2015 nur wenige Spiele an Grim Fandango heran. Much Love.

Andreas Capek vergibt 4 von 5 Totenschädel mit Zigarette und Sombrero

Publisher: Double Fine Productions
Plattform: PC, PS4, PS Vita

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