Alle Fotos: Kurt Prinz | Zuvor sind die Fotos in diesem Artikel erschienen.2014 im Jänner krachte es in Wien ganz gewaltig. Damals war im Zuge der Demonstrationen gegen den Akademikerball so ziemlich alles aus dem Ruder gelaufen, was nur aus dem Ruder laufen konnte. Der erste Bezirk und einige Geschäfte waren danach ganz schön unordentlich, samt Mediengewitter – und das im schönen Wien: "Ja dürfen's denn des?"
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In den letzten beiden Jahren wurde zwar weiterhin demonstriert, der berüchtigte "Schwarze Block" blieb aber im Blockhaus und die Kundgebungen verliefen weitestgehend ruhig.
Auch dieses Jahr steigt der Gespensterball wieder. Er manifestiert sich tatsächlich stets irgendwie als unheimliches Schauspiel: Seltsam dekorierte zerschnittene "deutsche" Recken mit Bierbauch und Frau Vettel am Arm stolzieren ein, ein paar haben sich sicher gefreut, ein paar Eier abbekommen zu haben und dann schluchzend der Presse ins Mikrofon zu heulen, wie brutal nicht der "linke Mob" sei. Drinnen ist das Ganze dann so fad wie eine Zugfahrt nach Peyerbach- Reichenau – selbst eingeschleuste Hobby-Wallraffs schliefen nach dem siebten Vodka Orange ein.In jedem Fall waren ob des Wirbels die ganz großen und gefürchteten Rechtspopulisten dem Ball mehr und mehr fern geblieben – einige kamen freilich immer. Das Zeichen, das mit dem Beginn der Demonstrationen gesetzt werden sollte – den Ball als unnötigen Kropf am geschichtsträchtigen Platz abzulehnen – hat jedenfalls so gesehen ein wenig gefruchtet. Geblieben ist er uns leider trotzdem und mein Wunsch, ihn nach Gramatneusiedl auszulagern, blieb ein feuchter Traum.
Just unser neuer Bundespräsident überraschte nun jüngstens mit einer Aussage – wohl nicht ganz im offiziellen Kontext, aber von den Medien genüsslich aufgesogen – dass ihm der Ball quasi "egal" sei: "Lasst sie doch, was geht mich das an", flachste er, es sei nicht sein Trakt. Das überraschte viele, die ihn kurz davor noch so inbrünstig unterstützt hatten, denn gerade diese sanfte Anbiederung an die Rechten hatte so nicht jeder erwartet. Nun, vielleicht ist das der Beginn seines Grabenzuschüttens. Ein bisschen verwirrt blieb ich dann am Ende auch zurück, denn sympathischer ist uns der Ball deswegen ja nicht geworden, auch wenn manche ihn achselzuckender hinnehmen als zuvor. Vielleicht, weil wir vom extrem langen Wahlkampf müde sind. Das sind wir nämlich. Der lange bis in den Winter hineinwuchernde Wahlfight (das Wort des Jahres wiederhole ich nicht) hat selbst den politisch stark Engagierten ein wenig Saft genommen. Irgendwie ist der Ball uns heuer echt "wurscht", oder?
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Soll das so sein? Darf das so sein?
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Fast hat man den Eindruck, als würde die Polizei die Demo immer ein wenig als großes Manöver sehen – samt der Präsentation irgendeiner technischen Neuerung. In jedem Fall verspüre ich bei vielen aber auch tatsächlich den Drang, das Demonstrieren dieses Jahr sein zu lassen: Der Winter ist kalt, es liegt Schnee, es war gerade alles so stressig und sogar Van der Bellen meint, es sei ihm Powidl – ein wenig österreichisch halt, denn die Jahre davor war's gemütlicher.Dass aber Österreich, wenn es sein muss, auch aufstehen kann und eine Zivilgesellschaft besitzt, hat man schon einige Male gesehen. Die von den Ballmachern so tief herbeigesehnte Rechtswende ist immer noch nicht gekommen und wenn es nach mir und auch nach vielen anderen geht, dann kann das sehr gerne so bleiben.
Ein Stündchen friedlich mitspazieren, damit wir, auch wenn es kalt ist, wissen, wofür wir ein ganzes Jahr lang wahlgekämpft haben, könnten wir aber schon. Dann gerne auf den heißen Kaffee, aber ganz "wurscht" muss uns dieser seltsam gestrige Grimassentango in der Hofburg nicht sein.Nur auf große Schlagzeilen sollten diejenigen, die mitgehen, verzichten. Die Menschen sind wohl eher harmoniebedürftig gerade. Sei es wegen dem Wahlkampf oder wegen Trump. Ein Krieg mit der Polizei samt "FP-Heute"-Mediengetöse wäre da ein plumpes Eigentor und eigentlich auch unnötig. Denn man stelle sich nur vor, es wäre nichts los draußen am Heldenplatz, ebenso wie drinnen im leeren Saal. Wer schriebe dann die Schlagzeilen? Die Titelseite bei Heute bliebe weiß – ein Traum und eine Zukunftsvision.**Folgt Noisey bei Facebook, Instagram und Twitter.