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Ein rätselhaftes Geisterschiff ist gerade vor der Küste Liberias aufgetaucht

„Es kommt so gut wie nie vor, dass die GPS-Geräte versagen, außer sie werden absichtlich abgestellt.“
Foto: Flickr

Immer wieder kommt es auch in der modernen Seefahrt dazu, dass ein Schiff spurlos verschwindet und erst nach einigen Wochen oder sogar Jahren als Geisterschiff wieder auftaucht. Ohne Besatzung an Bord treiben diese Schiffe auf hoher See, Wind und Wetter ausgesetzt, bis sie gesichtet werden oder an einer Küste angeschwemmt werden. Der Verkehr auf den Weltmeeren wird längst mit GPS und satellitengestützen Monitoring-Systemen kontrolliert—und doch zeigt der Fall des nun aufgetauchten Geisterschiffes erneut, dass auch heutzutage nicht alles technisch überwacht werden kann.

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Ein „Tamaya" ist ein Schrein, der in der alten japanischen Shinto-Religion dazu genutzt wird, um seine Vorfahren zu ehren. Es lieferte auch die Inspiration für den Namen eines knapp 20 Meter langen Öltankers, der am 21. April aus dem Hafen von Dakar auslief und am folgenden Tag das letzte Mal seine Standortdaten übermittelte, bevor er zum Geisterschiff wurde.

Eine Woche später wurde der Tanker dann lokalen Medienberichten zufolge in Robertsport an der Küste Liberias angespült—1.000 Kilometer entfernt von Dakar. Von der Besatzung des Schiffs fehlt jede Spur.

Zwei Tage lang soll Tamaya 1

laut Berichten

an der Küste ziellos umhergetrieben sein, bevor Polizisten den Tanker schließlich fest machten und durchsuchten.

„Es kommt so gut wie nie vor, dass die Geräte versagen, außer sie werden absichtlich abgestellt."

Und das ist auch schon so gut wie alles, was momentan über die Irrfahrt des Geisterschiffs bekannt ist. Der Großteil der Informationen wurde von MarineTraffic veröffentlicht, einem Unternehmen, das sowohl kostenlos als auch für gewerbliche Zwecke ein Echtzeit-Tracking von Schiffen anbietet. Da die vorhandenen Fakten aber eher spärlich sind, gibt es längst die ersten Spekulationen über die möglichen Hintergründe des Falls der Tamaya 1. Unter anderem ist von einem fehlgeschlagenen Piraterie-Angriff die Rede.

Glaubt man einem liberianischem Zeitungsbericht, sollen drei unbekannte Männer den Tanker verlassen haben und „per Kanu geflüchtet" sein, nachdem das Schiff an die Küste gespült worden war. Einem anderen Bericht zufolge wurden in der Kabine des Kapitäns Hinweise auf ein Feuer gefunden, und während MarineTraffic den Öltanker als unter panamaischer Flagge fahrend listet, wird in anderen Berichten vermutet, dass es sich ursprünglich um ein nigerianisches Schiff handeln könnte.

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Am meisten beunruhigt aber die Tatsache, dass Tamaya 1 während seiner Irrfahrt auf hoher See nicht von MarineTraffic getrackt werden konnte. Öltanker sind dazu verpflichtet, ihren Standort, ihre Richtung, ihre Geschwindigkeit und andere wichtige Koordinaten zu übermitteln, um Zusammenstöße mit anderen Schiffen zu vermeiden.

Screenshot: MarineTraffic

„Es kommt so gut wie nie vor, dass die Geräte versagen, außer sie werden absichtlich abgestellt", so Philip Miller, Vizepräsident für operative und technische Dienstleistungen bei ExactEarth, einem Unternehmen, das die Überwachung unterschiedlicher Vorgänge auf See anbietet. „Es handelt sich um ein elektronisches Gerät, es hätte also ausgeschaltet werden müssen. Und wenn jemand es ausgeschaltet hat, hat er damit gegen internationales Recht verstoßen. Falls es nur kaputt gegangen ist, hätte dieser jemand das Gerät unverzüglich reparieren sollen", erklärte Miller gegenüber Motherboard.

MarineTraffics kostenloser Dienst ermittelt die Standort-Daten über an Land positionierte Empfangsgeräte, die die Informationen von den Tankschiffen erhalten, sagte Miller. Satellitengestützte Daten wären aber im Fall von Tamaya 1 um einiges hilfreicher. ExactEarth sicherte zu, Motherboard Satelliten-Informationen über Tamaya 1 zukommen zu lassen, konnte diese Daten aber bis zur Veröffentlichung noch nicht liefern; wir werden den Artikel entsprechend aktualisieren, sobald die Daten vorliegen.

„Geisterschiffe" tauchen auf den Weltmeeren immer mal wieder auf—allerdings meist aus nachvollziehbaren Gründen. Das Wrack eines Schiffs, das angeblich während des Tsunamis in Japan 2011 untergegangen ist, tauchte beispielsweise im März diesen Jahres im US-amerikanischen Oregon auf, und auch ein aus dem gleichen Grund untergegangen geglaubtes Fischerboot wurde 2013 an die Küste Kaliforniens gespült.

Bleibt also abzuwarten, ob wir demnächst doch noch mehr über die Gründe für das Schicksal der Tamaya 1 erfahren werden, oder ob es sich in die Liste der Geisterschiffe einreiht, deren Verschwinden und Auftauchen nie mit absoluter Sicherheit geklärt werden konnte.