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Es gibt einen guten Grund, warum diese Primzahl in den USA illegal ist

Du darfst sie noch nicht mal auf ein T-Shirt drucken.
Wir zeigen nur einen Ausschnitt. Bild: Screenshot

Titelbild: Screenshot (Wir zeigen nur einen Ausschnitt.) Diese Zahl ist illegal:

Das ist kein Witz—ein New Yorker Richter hat den Besitz dieser recht harmlos aussehenden Zahl für gesetzeswidrig erklärt, weil sie eine millionenschwere Industrie gefährde.

Das kam so: 1998 wurde in den USA der Digital Millennium Copyright Act verabschiedet, der die DVD- und Filmindustrie vor Raubkopierern schützen sollte. Auf DVDs wurde der Inhalt nur noch verschlüsselt abgelegt, damit ausschließlich DVD-Player Tonspur und Bild wieder zu einem Blockbuster zusammensetzen können.

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Das System, das den Inhalt schützte, heißt deshalb auch CSS, was nicht für die Auszeichnungssprache steht, sondern für Content Scramble System.

Weil das Internet das Internet ist, tauchten dort allerdings schnell die ersten Entschlüsseler zum Download auf, die diesen Kopier- und Abspielschutz umgehen konnten. Der vielleicht berühmteste unter ihnen ist DeCSS—in einer Version von Phil Carmody, der diesen Entschlüsseler als Primzahl angelegt hatte.

Das Problem: Primzahlen, diese mysterösen Phänomene, spielen eine zentrale Rolle in der Verschlüsselungstechnik, weil Computer raten müssen, aus welchen Faktoren sie zusammengesetzt sind, um sie zu berechnen. Je größer die Zahlen werden, desto länger dauert diese sogenannte Faktorisierung; sie bildet auch die Grundlage für die vielversprechenden Quantenrechner.

Ständig entdecken wir neue, größere Primzahlen—und auch, dass es ein bestimmtes Muster gibt, dass völlig überraschend in großen Primzahlen auftaucht, wurde erst vor kurzem verkündet.

Es gibt eine unendliche Anzahl an Primzahlen, weil es unendlich viele Zahlen gibt. Doch es wird immer schwieriger, neue zu finden. Organisationen wie die Electronic Frontier Foundation (EFF), die sich für sichere Verschlüsselugstechniken für Privatpersonen einsetzen, zahlen dir deshalb bis zu 250.000 Dollar für eine neue Primzahl.

Die obenstehende Primzahl ist also der Quellcode, mit dem man 2001 bereits den Kopierschutz auf amerikanischen DVDs brechen konnte. Und das taten die Leute auch. Programme wie DeCSS Initiative wurden in Folge geschrieben, die Menschen halfen, untrechtmäßige Kopien oder Downloads urheberrechtlich geschützter Filme zu erstellen.

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Die US-Filmindustrie wollte mit allen Mitteln die Verbreitung dieser Zahl unterbinden. Es folgte ein spannender Prozess, in Folge dessen allein schon in Besitz dieser Zahl zu sein einen Gesetzesbruch in den USA darstellt. So sah es zumindest ein New Yorker Richter. Laut Richterbeschluss machen sich sogar Menschen strafbar, die die Zahl auf einem T-Shirt herumtragen.

Doch der Richterspruch kam zu spät: Die aufwändige Verschlüsselung war bereits wertlos geworden.

Für Aufsehen sorgte 2007 eine weitere Zahlenfolge—eine Primzahl mit 1.401 Stellen—die ebenfalls eine DVD-Verschlüsselung brach.

Natürlich ist streng genommen jedes noch so komplexe Programm und jede Datei nichts anderes als eine (sehr, sehr lange) Zahlenreihe, wenn man es denn in seinen Binärcode umwandelt. Können Zahlen daher überhaupt illegal sein? Wissenschaftler treibt diese Frage schon seit Jahren um.

Es mutet daher seltsam an, dass die Zahl—beziehungsweise ihr „Besitz", was immer das bedeutet—an sich schon illegal ist und nicht erst ihre Verwendung als Codeknacker oder Schlüssel. Wie strafbar würde ich mich also als glühender Primzahlenfan mit Nerdhumor machen, wenn ich diese Zahl auf meine Bettwäsche drucken ließe, wo sie ja sicher nichts entschlüsselt oder anderweitig anstellen kann?

Vielleicht bleibe ich Gangster und probiere das einfach mal aus.