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Darkmarket könnte ein unbezwingbarer dezentraler Deepweb-Schwarzmarkt werden

Bitcoin-Enthusiasten haben in Toronto ihr Konzept einer dezentralen Darknet-Einkaufsplattform vorgestellt.
Bildquelle: Wired.com, die einen Einblick in die Demo-Version von Darkmarket bekommen haben.

Online-Schwarzmärkte haben sich längst zu einem durchaus serviceorientierten Betrieb entwickelt: Du kannst sie mit einer eigenen Suchmaschine durchstöbern, die Betreiber versuchen dir im Falle eines Hackes dein Geld zurückzuerstatten, und natürlich kannst du auf Plattformen wie Silk Road eine bunte Palette illegaler Substanzen erwerben—und dir auch das entsprechende medizinische Gegenmittel verticken lassen.

Dem perfekten Darknet-Shopping-Erlebnis scheint fast nur noch das Problem im Weg zu stehen, dass die Webseiten in schöner Regelmäßigkeit nicht abrufbar sind oder von den Behörden abgeschaltet werden—und die Betreiber aufgrund von Anfängerfehlern eingesperrt werden, wodurch der illegale Handel erstmal zum Erliegen kommt.

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Eine Gruppe von Bitcoin-Enthusiasten hat auf einem Hackerthon in Toronto nun den Lösungsvorschlag eines Umschlagplatzes vorgestellt, der nach dem Peer-to-Peer-Prinzip funktionieren soll—und gleich eine erste Open-Source-Version des Codes online gestellt, und den Kollegen von Wired auch noch eine erste Kostprobe in ihre Demo-Version gegeben.

Darkmarket ist bisher noch nicht viel mehr als ein Prototyp, ein Beweis der Machbarkeit. Allerdings beteuern die Entwickler, dass in dem öffentlich zugänglichen Code bereits alle Features angelegt sind, die SilkRoad zu einer Darknet-Erfolgsgeschichte gemacht haben. Und was das Konzept zu mehr als einem weiteren Online-Schwarzmarkt machen könnte, ist sein dezentraler Aufbau.

„Ich bin nur ein bescheidener Programmierer. Code ist lediglich eine Darstellungsform. Du kannst niemanden dafür einsperren eine Idee auszudrücken.“

Einer der Entwickler Amir Taaki, Gründer der anarchistisch angehauchten Hackergruppe Unsystem, verglich seine Entwicklung daher auch schon mit dem Schritt von Napster zu BitTorrent, der es den Strafverfolgern erheblich schwerer machte, dass System abzuschalten, da es nicht mehr auf einer zentralen Steuerung und Distribution basierte. Bei einer kurzen Vorstellung des Projekts verglich Amir die theoretische Seite des Konzepts immerhin mit einer unbesiegbaren Hydra und beschrieb die Sache mit martialischen Worten:

„Wir befinden uns in einem Rüstungskampf um individuelle Freiheit, in dem unsere [Entwickler-]Community die Menschen mit den nötigen Werkzeugen für die digitalen Schwarzmärkte der nächsten Generation ausstatten.“

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Auch wenn Amir Taaki und seine Kollegen bei dem Bitcoin-Event in Toronto schon einmal ein Preisgeld in Höhe von 20.000 Dollar für ihr Konzept abgesahnt haben, so ist wohl nicht zu erwarten, dass das Konzept allzu bald umgesetzt werden wird. Er und seine Kollegen sind momentan zu beschäftigt an anderen Fronten ihres Krypto-Kampfs. So arbeiten seine beiden Mitentwickler Damian Cutillo und William Swanson aktuell an ihrem Bitcoin-Start-up Airbitz, während Taaki selbst mit der verschlüsselten Bitcoin-Börse Darkwallet beschäftigt ist.

Amir Taaki gibt dann zwar auch an, dass es sich zunächst mal nur um einen Machbarkeitsnachweis handelt—aber gleichzeitig hat er gegenüber Wired detailliert erklärt, wie eine Transaktion funktionieren würde. Die größte technische Hürde dürfte dabei wohl die Einbindung der Peer-to-Peer-Anwendung in das anonymisierte Tor-Netzwerk sein, denn in der bisherigen Fassung findet noch keine Verschleierung der IP-Adressen der Nutzer statt.

Was dich nicht tötet, macht dich härter.

Das Entwicklerteam um Amir Taaki ist sich jedenfalls sicher, dass ein Deepweb-Schwarzmarkt nach dem BitTorrent-Prinzip früher oder später kommen muss. Das Konzept klingt in der Theorie jedenfalls verlockend für geneigte Freunde des Deepweb-Shoppings und es ist durchaus vorstellbar, dass sich die Idee  einmal als eine florierende Plattform etablieren könnte.

Sollte eine solche unregulierte, dezentrale und nicht versteuerte Deepweb-Einkaufsplattform eines Tages gar zu einem massenkompatiblen Erfolg werden, könnte es durchaus auch Auswirkungen auf die Surface-Web-Ökonomie haben. Auch wenn die allgemeine Einkaufswelt sicher nicht gleich schockiert zusammenzubrechen brauch—schließlich hat auch die Musikindustrie allen Unkenrufen zum Trotz auch nach den diversen Napster-Nachfolgern überlebt. Aber von Fragen der ausbleibenden Steuerzahlungen, über die Legitimation möglicherweise erhobener Gebühren bis zu rechtlichen Fragen für Endnutzer und Anbieter wirft das Darkmarket-Prinzip gänzlich neue Unklarheiten auf.

Und die Folgen eines Peer-to-Peer-Schwarzmarkts für seine Entwickler sind ebenso unklar. Amir Taaki betont bei seiner Ansprache in Toronto, dass er und seine Kollegen lediglich ein Programm vertreiben würden: „Ich bin nur ein bescheidener Programmierer. Code ist lediglich eine Darstellungsform. Du kannst niemanden dafür einsperren eine Idee auszudrücken.“ Strafverfolgungsbehörden dürften sich trotzdem für das Konzept interessieren—schließlich begeistern sie sich mit gewisser Vorliebe für schwer lösbare Herausforderungen.