FYI.

This story is over 5 years old.

fc metz

Warum ist das viertärmste Land der Welt neuer Trikotsponsor vom FC Metz?

Wer hat die 12 Millionen Euro im Tschad gestemmt? Das Land will es nicht gewesen sein, ein Medienriese will den Samariter gespielt haben.
Foto: Twitter

Der FC Metz—seit dieser Saison wieder in der Ligue 1 vertreten—hat seit dem dritten Spieltag einen neuen Trikotsponsor. Tchad. Oasis du Sahel („Tschad. Oase der Sahelzone") prangt auf Brust und Rücken des Vereins aus Lothringen. Moment mal, Tschad, war da nicht was?

Ja, da war in der Tat was. Tschad gehört zu den ärmsten Ländern der Welt und hat seit Jahren mit schweren wirtschaftlichen Problemen und Hungersnöten zu kämpfen. Dazu kommt, dass der Staat im Norden Zentralafrikas in den 2000er-Jahren Hunderttausende Flüchtlinge aus Darfur aufgenommen hat und dass bis vor wenigen Jahren noch ein Bürgerkrieg im Land tobte. Zudem treibt die islamistische Terrororganisation Boko Haram auch im Tschad ihr Unwesen. Kurzum: Das Land hat verdammt viele Probleme. Und hat ganz andere Sorgen als die Förderung des landeseigenen Tourismus, auch wenn das zynisch klingen mag. Zumal Frankreich für große Teile des Landes eh eine Reisewarnung ausgesprochen hat. Wer hat also was von dem ominösen Deal zwischen dem Tschad und dem FC Metz? Und wer hat das Ganze eigentlich bezahlt?

Anzeige

Die Bezahlung ist natürlich die spannendste Frage. In einem Land, wo laut der Weltbank jedes siebte Kind vor seinem fünften Geburtstag stirbt und wo die Lebenserwartung bei 51 Jahren—und somit 30 Jahre kürzer als in Deutschland—liegt, wäre die kolportierte Zahlung von bis zu 12 Millionen Euro an den FC Metz alles andere als ein Pappenstiel.

Les photos de la victoire messine contre @AngersSCO sont en ligne #FCMSCO ➡️ https://t.co/GAbmF6TFhc pic.twitter.com/hg27UAAwEo
— FC Metz (@FCMetz) 29. August 2016

Aus diesem Grund löste der Dreijahresvertrag in Frankreich und im Tschad Wut und Empörung aus. Doch das Ganze ist (wahrscheinlich) nicht so einfach—und skandalös—, wie es aussieht. Denn nach Angaben der tschadischen Regierung soll kein staatliches Geld für den Werbedeal geflossen sein. Sowohl der tschadische Sportminister Bétel Miarom als auch der Präsident des FC Metz, Bernard Serin, beteuerten, dass der Sponsorenvertrag zwischen dem Verein und einer panafrikanischen Mediengruppe, LC2 International Afnex, entstanden sei. Aus Sicht des Tschads also Gratiswerbung für das eigene Land. Klingt eigentlich zu schön, um wahr zu sein. Dazu kommt noch, dass laut Minister Miarom so nette Boni wie Jugendförderung in Afrika und Austauschprogramme für Nachwuchsspieler den Vertrag schmücken sollen. Auch der FC Metz hat natürlich etwas von dem Deal. 12 Millionen Euro Trikoteinnahmen für einen Aufsteiger in der nicht gerade superreichen französischen Liga sind allemal passabel.

Was uns zur Rolle von LC2 International Afnex bringt. LC2 war der erste private TV-Sender im frankophonen Teil Afrikas. Ursprünglich im Benin gegründet, ist LC2 International zu einem Big Player in der afrikanischen Medienlandschaft gewachsen. Das Unternehmen besitzt seit Jahren die Rechte an der TV-Übertragung des Afrika-Cups und der afrikanischen Champions League, jongliert also mit Geldsummen, die weit über die bis zu 12 Millionen Euro für den FC Metz hinausgehen. Warum sich der Präsident von LC2, Christian Lagnidé, gerade für den FC Metz als zu unterstützenden Verein entschieden hat, ist mit einem Blick in seine Bio schnell erklärt: Lagnidé hat nach Informationen der L'Équipe in den 80er-Jahren selber für den FC Metz gespielt. Zudem ist es auch nicht das erste Mal, dass die Mediengruppe aus dem Benin den Lothringer Fußballverein finanziell unterstützt. Bereits in den 2000er-Jahren trug Metz mit dem Telefonanbieter Nasuba eine Tochterfirma von LC2 International als Trikotsponsor auf der Brust.

Und was hat jetzt LCS 2 von dem Deal? Ein Unternehmen aus dem Benin greift tief dafür in die Tasche, dass nicht der eigene Name, sondern der eines anderen afrikanischen Landes auf den Trikots des FC Metz steht? Klar, der Verein kann für sich behaupten, mit den versprochenen Förder- und Austauschprogrammen einen Beitrag für den afrikanischen Fußball geleistet zu haben. Bestimmt kann man das steuerlich auch alles fein absetzen. Aber bei so viel Samaritertum wird man dann doch skeptisch. Skeptisch gegenüber der Behauptung, dass der Tschad keinen einzigen Cent öffentliche Gelder für die Trikotwerbung beigesteuert hat.