In einem japanischen Sexmuseum
Szene in einem Sexmuseum | Alle Fotos: Shane Thoms
Sex

Fotos: So unheimlich sind Japans verlassene Liebeshotels

Die Menschen in Japan werden immer älter und haben weniger Sex. Viele Stundenhotels müssen deswegen schließen und verfallen zu Ruinen.

Für Privatsphäre ist im traditionellen Japan wenig Platz. Die Kultur verlangt, dass junge Paare mit der Familie zusammenleben und die Wände der traditionellen Washitsu-Zimmer sind buchstäblich aus Papier. In Japan gibt es aber für alles eine pragmatische Lösung. Überall im Land sieht man entlang der Autobahnen sogenannte "Love Hotels". Sie sehen süß und etwas kitschig aus, bezahlt wird pro Stunde.

Ihren Namen haben die Stundenhotels vom Hotel Love, das 1968 in Osaka eröffnete. In der Wirtschaftsblase der 80er florierte das Geschäft mit den Love Hotels und erreichte in den späten 2000ern seinen Höhepunkt. In dieser Phase besuchten schätzungsweise zwei Millionen Menschen diese Hotels, pro Tag.

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Heute sieht es anders aus. Japans alternde Bevölkerung hat offenbar andere Interessen als heimliche Quickies und dank der stagnierenden Geburtenrate gibt es immer weniger sexhungrige junge Menschen. 2015 bezeichnete sich etwa ein Viertel der 18- bis 39-Jährigen als sexuell inaktiv. Das sind 20 Prozent mehr als vor 20 Jahren noch.

Anlässlich der anstehenden Olympischen Sommerspiele hat die Regierung die Inhaber der Love Hotels aufgefordert, ihre Etablissements für die internationalen Gäste in reguläre Hotels umzuwandeln.

In den vergangenen Jahren mussten dennoch viele Love Hotels schließen und wurden von ihren Inhabern einfach zurückgelassen. Wir haben mit dem australischen Fotografen Shane Thoms gesprochen, der viele der verlassenen Stundenhotels dokumentiert hat.

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VICE: Wie hast du von den verlassenen Love Hotels gehört?
Shane Thoms: Ich liebe verlassen Orte und ich liebe Japan. Bei meinen Reisen durchs Land bin ich immer wieder in verfallene Gebäude geklettert und habe Fotos gemacht. Irgendwann ist mir aufgefallen, dass ich eine Art Gebäude immer wieder sehe. Das waren die Love Hotels.

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Wie viele dieser Hotels hast du besucht?
Etwa 20 oder 30? Vielleicht auch mehr. Ich habe auf jeden Fall eine Menge Fotos von ihnen. Einige sind schwer zu fotografieren, weil sie bereits so verfallen sind. Manche sind aber regelrecht mit dem Untergrund verschmolzen. Sie sind komplett aus Holz und es ist nicht mehr viel übrig, was ich fotografieren kann. In einem verlassenen Sexmuseum habe ich auch fotografiert.

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Hast du ein Lieblingshotel?
Das Fuu Motel war toll. Ich habe es 2013 fotografiert, aber heute steht es immer noch dort. Die eine Hälfte ist zerstört, aber der Rest steht noch. Normalerweise haben Love Hotels ein Thema, das man schon von außen erkennt. Im Fuu Motel Hotel hatte jedes Zimmer ein anderes Thema. Es gab ein Mittelalterzimmer, ein traditionell japanisches Washitsu-Zimmer, ein griechisch gehaltenes Spa und ein Zimmer mit Meer-Thema, in dem das Bett wie ein Boot aussah.

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Welches war dein Lieblingszimmer?
Das Mittelalter-Zimmer. Es war extrem opulent, mit schweren Rottönen. Weil es gleichzeitig extrem verfallen war, gab es einem dieses Gefühl von verblasster Dekadenz. Das Bett hatte die Form einer Pferdekutsche, an den Wänden hing roter Samt, der zum Teil zerrissen und verschimmelt war. Neben dem Bett stand eine große Ritterrüstung. Es war einfach sehr schön.

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Waren in den Hotels auch noch Sexutensilien?
Ja, wirklich Unmengen an Kondomen, viel Sexspielzeug, Sexpuppen und anderes Zeug. Diese Sachen findet man meistens unter den Betten oder in den Schränken. Ich würde dieses Zeug aber niemals anfassen.

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Gab es auch Hotels, die dir gar nicht gefielen?
Vor Kurzem war ich in einem in der Nähe von Niigata. Das war besonders düster. An den Wänden waren Graffiti mit abscheulichen Sachen. Es war wirklich unheimlich. Die Zimmer hatten eine Energie, die mir extrem unangenehm war. Ich bin besessen von Horrorfilmen. Das ist auch der Grund, warum ich mich an solchen Orten rumtreibe. Aber das hier war einfach abstoßend.

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Sind die verlassenen Love Hotels schwer zu finden?
Nicht wirklich. In Japan gibt es viele verlassene Orte. Wenn ein Geschäft oder Unternehmen aufgegeben wird, lassen die Inhaber in der Regel alles zurück und machen an einem anderen Ort ein neues Geschäft auf. Sie nehmen nichts mit, weil sie glauben, dass die Sachen mit schlechten Energien und Versagen behaftet sind.

Du musst allerdings schon in abgelegene Gegenden gehen, fernab der Hauptverkehrsadern. In Städten werden die Gebäude einfach abgerissen, aber auf dem Land ist das zu teuer. Besonders die Love Hotels befinden sich an recht versteckten Orten, weil Menschen sich dort auch heimlich getroffen haben.

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Bist du jemals in einem intakten Love Hotel gewesen?
Als ich 2010 oder 2011 anfing, das Land zu erkunden, war ich in einer abgelegenen Gegend unterwegs und es wurde dunkel. Also fuhr ich auf einen Hotelparkplatz, aber konnte die Rezeption oder den Eingang nicht finden. An allen Türen waren kleine rote Lampen mit einem Kreditkartenschlitz. Weil ich damals noch keine Ahnung hatte, wo ich gelandet war, habe ich an alle Türen geklopft, während die Leute darin wahrscheinlich zugange waren. Näher bin ich einer Übernachtung in einem Love Hotel nie wieder gekommen.

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Hast du durch die Hotels etwas über das Land gelernt?
Ich habe durch die Hotels viel darüber nachgedacht, wie sehr sich das Land verändert. Die Hotels waren super beliebt in den 80ern. Heute sieht man nicht mehr viele. Sie sind wie eine Metapher für die niedrige Geburtenrate in Japan.

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