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Rechts, Links und dazwischen ein Schuss

Natascha Strobl setzt sich auf ihrem Blog gegen Rechtsextremismus ein, ist Medienvertreterin der Offensive gegen Rechts und wurde nach den Demonstrationen rund um den Akademikerball mehrere Male bedroht. Nun wurde auf ihr Haus geschossen.

Foto mit freundlicher Genehmigung von Natascha Strobl

Was kann passieren, wenn man sich in Österreich gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus einsetzt? Ihren Blog nutzt Natascha Strobl als Publikationsmedium für Erkenntnisse, Analysen und Einschätzungen zu genau diesem Thema; im Januar stand sie als Medienvertreterin der Demonstrationen der Offensive gegen Rechts in der Öffentlichkeit, war bei Im Zentrum im ORF und auch in unserer Dokumentation über den Akademikerball zu sehen. Danach waren ihr Name und Foto auf rechten Seiten zu finden. Nun hat ihr jemand durch das Küchenfenster geschossen. Sie ist überzeugt, dass der Schuss von Rechten kam. Per Mail hat sie uns erzählt, warum sie diesen Verdacht hat und was die Polizei dazu sagt.

VICE: Was ist genau passiert?
Natascha Strobl: Beim morgendlichen Frühstück habe ich ein Loch in meinem Küchenfenster entdeckt. Mein Freund und ich waren uns nicht sicher, ob es von einem Stein oder einem Schuss kam, deswegen haben wir die Polizei informiert. Die Beamten bestätigten uns, dass es ein Schuss gewesen sein müsste. Sie taten es als „Kinderstreich“ ab, auch auf mehrmaliges Hinweisen, dass es schon in den Wochen davor viele Einschüchterungen gegeben habe. Dreimal haben wir versucht das anzubringen, dreimal wurde es übergangen.
 
Ist so etwas (oder ähnliches) schon einmal passiert?
Es gibt in den letzten Wochen und Monaten viele Einschüchterungsversuche gegen Antifaschist_innen. Zum Beispiel als eine Gewerkschaftsveranstaltung im EKH von Nazis angegriffen wurde. Nach den Protesten gegen den Ball hat auch die staatliche Repression und das mediale Trommelfeuer gegen Antifaschist_innen deutlich zugenommen. Der Kurier druckte den vollen Klarnamen von zwei Antifaschistinnen ab. Auch beim Falter wurde in der Titelstory Antifaschismus massiv diffamiert.

Daneben wurden Ermittlungen gegen 500 Personen eingeleitet, eine Person sitzt nun schon seit neun Wochen in U-Haft. Der zugrunde liegende Paragrafen gegen Landfriedensbruch war totes Recht und wurde zur Repression gegen Antifaschist_innen, aber auch Fußball-Ultras wieder ausgepackt. Im Prinzip kann mit diesem Paragraf gegen jede Person ermittelt werden, die an einer Demo teilnimmt.
 
Wirst du, oder fühlst du dich bedroht?
Ich wurde in den letzten Wochen sehr heftig, vor allem im Internet bedroht. Dazu haben auch Seiten wie „Solidarität mit der Polizei“ oder „Verein der Freunde der Tagespolitik“ beigetragen. Aber auch außerhalb des Internets wurde versucht, mich einzuschüchtern. Schon im letzten Jahr zum Beispiel gab es eine Einschüchterungsaktion der Identitären bei einer Veranstaltung der Studienvertretung Politikwissenschaft, bei der ich vorgetragen habe.
 
Wieso bist du überzeugt, dass der Einschuss von Rechten kommt?
Es gibt drei Gründe, die mich darauf schließen lassen. 1. Die zeitliche Nähe zu der Veröffentlichung des Buchs über die Identitären, bei dem ich Mitautorin bin. 2. Die permanenten Drohungen, die ich seit meinem Auftritt bei Im Zentrum bekomme und 3. der Einschusswinkel ist sehr gerade. Ein Querschläger hätte wohl einen schieferen Winkel verursacht. Da ich nicht im Erdgeschoss wohne, muss jemand auf den Zaun des Parkes gegenüber geklettert sein, um halbwegs auf gleicher Höhe zu sein. Und wer soll das machen?
 
Ermittelt die Polizei bzw. was sagt die Polizei dazu?
Die Polizei hat freundlich den Vorfall aufgenommen, ohne übermäßig engagiert zu sein. Sie haben es als „Kinderstreich“ abgetan. Wie gesagt—mehrmalige Einwände blieben ungehört. Die einzige Antwort war: „Wenn Sie jemand einschüchtern will, dann hätten Sie einen Ziegelstein durchs Fenster bekommen oder einen Pferdkopf im Bett gehabt.“ So sehr ich die Referenz zum Paten schätze, so sehr glaube ich, dass Einschüchterungen nicht erst bei toten Tieren im Bett beginnen.

Folgt Hanna auf Twitter: @HHumorlos.