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Reisen

By:Larm in Oslo

Es gibt ja diese Momente, in denen nichts mehr hilft außer die Flucht in den hohen Norden.

Es gibt ja diese Momente, in denen nichts mehr hilft außer Flucht. Vor ein paar Tagen war es so weit. Zur kontinuierlichen Unerträglichkeit Berlins addierten sich unerträgliche und nicht enden wollende Ränkespiele im Bundespräsidialamt, die unerträgliche Frage, wer

moderieren soll und anhaltende unerträgliche Kälte. Das alles war zu viel, also fuhr ich nach Oslo. Da ist es zwar auch nicht wärmer, aber man fühlt sich einfach wie im Paradies. Man versteht die Leute nicht, man wird in Ruhe gelassen, man kann sich an einer wundervollen, in sprachlos machender Natur eingelassenen Stadt erfreuen und sich dank der astronomischen Lebenshaltungskosten so fühlen als würde man pausenlos unachtsam auf die Kacke hauen, obwohl man eigentlich nur ein belegtes Brötchen bestellt hat. Zu all diesen wirklich guten Gründen, Oslo einen Besuch abzustatten, gesellte sich allerdings in der letzten Woche noch das by:Larm-Festival hinzu. Es wird von Insidern als skandinavisches SXSW minus die ganzen Wichser beschrieben. Und tatsächlich wird mit dieser Einschätzung nicht zu viel versprochen. Wenn du wirklich noch so etwas wie Hoffnung für die Musikindustrie verspürst, kannst du dich auf unzähligen Panels von Branchengurus über neue Entwicklungen aufklären lassen. Wenn du aber eher auf Party aus bist, hast du dieses dreitägige, über die Clubs des gesamte Stadtzentrums verteilte live-Programm, dessen Sondierung allein kaum ohne einen Personal Assistant zu bewältigen ist. Alles Sehenswerte abzuarbeiten ist sowieso unmöglich. Ich habe aber mein bestes gegeben und das hier kam dabei heraus: Oslo präsentiert sich optisch als die schlüssige Verbindung von klarer Eleganz und rustikalem Charme. Tatsächlich sieht dort alles besser aus. Man mag es kaum glauben, sogar die H&M-Klamotten erweisen sich als weniger beschissen. Komischerweise gibt es kaum Supermärkte. Und die paar, die es gibt, sind aufgebaut wie Irrgärten. Ich habe mich sofort verlaufen. Zum Glück gibt es überall Orientierungshilfen. Die erste Band, die ich gesehen habe – Overthrow. Sehr manierlicher, aber nur bedingt aufregender Geschwindigkeitsrock. Ihre Beinarbeit indes war 1A. Iceage hielten sich an ihre bewährte Bühnenstrategie, einfach so zu tun als hätten sie einen extrem schlechten Tag. Eine beinahe niedlich wirkende Inszenierung von Teenage Angst in weihevollem Ambiente – der Kulturkirche Jakob. Sune Rose Wagner von den Raveonettes sieht mittlerweile aus wie die exakte Schnittmenge von Robert Smith und Danny Mc Bride. Natur. Das ist der Beweis. Natürlich schritt ich auch die wichtigsten Sightseeing-Stationen ab. Hier der Neseblod Recordstore inkl. Black Metal Museum. Davon angefixt spazierte ich anschließend zur Adresse des damaligen Helvete Plattenladens, des Epizentrums der sich damals um Euronymous scharenden Black Metal-Szene. Leider befindet sich am fraglichen Ort heute ein Coffeeshop, in dem die Red Hot Chili Peppers aus der Anlage dudeln. Bummer.

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Dennis Lyxzén machte sich mit seinem Schwedenpunk-Spin-off Invasionen warm für die Refused-Re-Union. Sightseeing, Teil 2. In den Bergen befindet sich das Emanuel Vigeland-Mausoleum, dessen verstörende Fresken definitiv für ein paar unruhige Nächte gut und unbedingt einen Ausflug Wert sind. Das hier ist der Eingangsbereich. Unruhige Nächte sind auch nach fast dreißigjähriger Bandgeschichte die Spezialdisziplin von Mayhem. Zweifelsfrei das Highlight des Konzertprogramms. Mir ist klar, dass ihr an dieser Stelle auch solche Impressionen erwartet. Dieses Foto kann aber gar nicht auf dem by:Larm entstanden sein (ist es auch nicht). Denn man sieht in sämtlichen Ecken nur so was hier. Ein Traum. Ich hasse es, wieder in Berlin zu sein.