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Drogen

Hat der deutsche Zoll drei Norwegern beim Gras-Schmuggel geholfen?

Die aus den Niederlanden kommenden Norweger haben nämlich behauptet, es handele sich um medizinisches Cannabis.
Foto: Imago/Christian Ohde

Bereits vor zwei Wochen hatte die Polizei in Schleswig-Holstein drei Norweger mit 250 Gramm Gras kontrolliert. Weil die Polizisten, die den Wagen angehalten hatten, sich nicht sicher waren, ob das Gras legal oder illegal ist, wurden die Zollbehörden hinzugezogen. Das Ergebnis: Nach eingehender Prüfung der Sachlage entschieden die Beamten, dass die drei mitsamt den Blütchen weiter reisen dürfen.

Hintergrund der nachsichtigen Behandlung waren eine Quittung aus einer niederländischen Apotheke und die amtliche Verpackung. Das „Cannabis Flos" stammte offensichtlich aus einer niederländischen Apotheke und war somit in den Augen der Beamten legal. Aus der Quittung sei hervor gegangen, dass es sich nicht um eine illegale Droge, sondern um „Cannabis Flos" zur medizinischen Anwendung handele. Zudem hätten die Norweger glaubhaft versichern können, dass die benötigte Medizin in Norwegen um ein Vielfaches teurer sei und die Reise in die Niederlande sowie die Durchfuhr nicht dem Zwecke des Drogenschmuggels diene, erklärte Claus Minkwitz, Pressesprecher im Hauptzollamt Kiel, auf telefonische Nachfrage.

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Strafvereitlung im Amt?

Klingt logisch, stimmt aber leider nicht. Streng genommen hätte der Zoll bei der Bundesopiumstelle nachfragen müssen, denn auch als Medizin fällt Cannabis in deutschem Hoheitsgebiet unter das Betäubungsmittelgesetz, Quittung oder Rezept hin oder her.

Die Bundesopiumstelle hat auf eine Mailanfrage geantwortet, dass das Gras der vier Nordlichter wohl doch nicht so legal war, wie die Beamten dachten:

„Nach Auffassung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte handelt es sich bei der […] geschilderten Situation um eine Durchfuhr von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetztes. Folgerichtig hätten die Bestimmungen des § 11 Absatz 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) sowie § 13 Betäubungsmittel-Außenhandelsverordnung (BtMAHV) Anwendung finden müssen. Danach hätten die Medizinal-Cannabisblüten dem Durchführenden zu keinem Zeitpunkt tatsächlich zur Verfügung stehen dürfen und eine Ausfuhrgenehmigung der zuständigen niederländischen Behörde hätte die Lieferung begleiten müssen. Schließlich wäre eine zollamtliche Überwachung der Durchfuhr obligatorisch gewesen, da Norwegen kein Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist."

Die drei haben also genau genommen ein halbes Pfund Gras geschmuggelt, und zwar mit Erlaubnis des deutschen Zolls. Schön, dass hier der gesunde Menschenverstand einzelner Zöllner einmal das unsinnige Paragraphenwerk zu medizinischen Cannabis ausgehebelt hat—möglicherweise ohne dass sie sich dessen bewusst waren. Andererseits hat der deutsche Zoll vor Kurzem erst bewiesen, dass er der ganzen Sache entspannt gegenübersteht: Da wurde nämlich bekannt, dass der Zoll beschlagnahmtes Grow-Zubehör einfach weiterverkauft.