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DIE FASHION ISSUE

Deutscher Swag

Erfolgreichere Deutsch-Rapper sehen heute eher wie schwedische Hipsterboys, oder wie Paul Weller zu seinen besten Mod-Zeiten aus, findet Marcus Staiger.

Foto von Christoph Varga

Auch wenn die erfolgreicheren Deutsch-Rapper heute eher wie schwedische Hipsterboys, oder wie Paul Weller zu seinen besten Mod-Zeiten aussehen, gibt es auf der anderen Seite auch immer noch diejenigen unter den Rappern, die den American Dream leben. Stur und konsequent. Nun ist HipHop nicht unbedingt für seine modische Fortschrittlichkeit bekannt und tatsächlich hat sich der Dresscode der amerikafixierten Rap-Artisten seit gefühlten 15 Jahren nicht wirklich verändert. Zwar trägt man heute keine 5-XL Nachthemden mehr, in denen Rapper wie Kid Kobra oder Tai Chi wie Schlümpfe aussahen und auch die Hosen sind ein wenig enger geworden, aber ansonsten? Nichts Neues unter der Sonne. Bezeichnenderweise spielen aber all jene, die in der deutschsprachigen Rapszene noch immer verkrampft in Richtung Amerika schielen, in der hiesigen Medienöffentlichkeit keine Rolle. Man kann also durchaus vermuten, dass Kleidungsstil und Relevanz auf irgendeine geheime Art miteinander in Verbindung stehen. Selbst zwar davon überzeugt den ultimativen Swag zu besitzen, bewegen sich die Veröffentlichungen der Hip-Hop Traditionalisten (mit Ausnahme von Kool Savas) unterhalb der Wahrnehmbarkeit eines breiteren Publikums. Oder wer bitte kennt schon Liquit Walker, Laas Unltd., Megaloh oder Olli Banjo. Selbst Fler, der mit seinem Amerikafimmel alle nervt und ständig behauptet, dass die Deutschen einfach keinen Style hätten und es einfach nicht verstehen würden und der jetzt sowieso in die USA auswandern wird, um mit Booba in Miami am Strand zu chillen—selbst der bringt ein Album nach dem anderen heraus und keinen interessiert’s. „Was, den gibt es noch?“—„Ja, leider.“ Den perfektesten Abklatsch eines echten Swaggers aber lieferte in den letzten Jahren der Geldjunge aus Österreich aka Flirt aka Dr. Kid Swagger aka Iceman aka Pineapple - The Fruit Dude aka Money Boy. Was zunächst wie eine gut gespielte Parodie wirkte, entwickelt sich mit der Zeit zum Melodram. Dass er mit dieser Art nicht immer nur auf Freunde trifft, beweisen zahlreiche Hassvideos auf YouTube, die sich angeekelt von der faken amerikanischen Attitüde gegen diese Art von Hampelmann-Rap wenden. Heimlicher Höhepunkt der Affäre Money Boy war allerdings, als der weitgehend unbekannte deutsch-polnische Rapper Sentence eine wütende Beschwerde an den Österreicher richtete und sich darüber beklagte, dass dieser mit seiner Art ein ganzes Movement diskreditieren würde. Sentence, früher selbst ein Vertreter von übertrieben, verrückten oversized Klamotten und jeder Menge falschem Bling-Bling sowie geistesgestörtem American-Sprech heulte rum, dass er und seine Jungs genau diesen Lifestyle vor neun Jahren schon WIRKLICH gelebt hätten. Und nun würde Money Boy, der weder Weiber ficke; noch Geld, Schmuck und Swag besitze, dieses Vermächtnis (sic!) in den Schmutz ziehen. Also das mit den Weibern können wir natürlich nicht beurteilen, aber dass Sentence und Konsorten Geld, Schmuck und Swag besitzen oder je besessen haben sollen, davon hören wir an dieser Stelle auch zum ersten Mal. Nichtsdestotrotz: Live Your Dream!