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Die Kindersoldaten der deutschen Bundeswehr

1.576 Rekruten unter 18 werden gerade an der Waffe ausgebildet.

Foto: imago | Jens Koehler

Aus der Antwort des Bundesverteidigungsministeriums auf eine Anfrage der Linken, über die die Welt berichtete, geht hervor, dass zum 1. November 1.576 Rekruten der Bundeswehr unter 18 waren. Das ist Erstens eine ziemliche Steigerung (2011 waren es noch 689) und Zweitens auch ziemlich problematisch.

Natürlich wird niemand einem 17-Jährigen ein Sturmgewehr in die Hand drücken und ihn dann über Aleppo aus dem Flugzeug werfen. Auslandseinsätze und Wachdienst dürfen Soldaten erst ab 18 leisten. Trotzdem lernen in diesem Moment gerade 1.576 Menschen unter 18, wie man am Effektivsten andere Menschen mit Waffen umbringt.

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Die internationale Menschenrechtsorganisation Terre des Hommes zitiert auf ihrer Website die "Pariser Prinzipien" von 2007, die auf einer Unicef-Konferenz beschlossen wurden:

Kindersoldaten sind alle Personen unter 18 Jahren, die von Streitkräften oder bewaffneten Gruppen rekrutiert oder benutzt werden (…).

Schon 2014 hatte die UN Deutschland empfohlen, das Rekrutierungsalter auf 18 hochzusetzen. Und eigentlich hat sich auch der Bundestag zum "Straight 18"-Ziel bekannt, bei dem es darum geht, dass auf der ganzen Welt keine Minderjährigen mehr in Armeen eingesetzt werden. Genutzt hat das alles aber offenbar nicht viel.

Das Verteidigungsministerium sieht allerdings kein Problem. Jugendliche, die sich für eine Ausbildung bei der Bundeswehr entscheiden, sollen nicht warten müssen, bis sie 18 sind, und genauso wie Gleichaltrige direkt nach der Schule in den Beruf starten. Als wäre eine Soldatenausbildung das Gleiche wie eine Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin. Schon 2014 sagte Bundesverteidigungsministerin von der Leyen dazu: "Wir wollen die besten jungen Frauen und Männer der jeweiligen Jahrgänge gewinnen. Wie in allen anderen Ausbildungsberufen auch können junge Menschen ab 17 bei uns anfangen."

Joachim Schramm vom Bündnis Schule ohne Bundeswehr ist davon nicht begeistert und sagte zu VICE: "Es ist vorgeschoben, dass es um die Interessen der Jugendlichen geht. Es liegt eher im Interesse der Bundeswehr, frühzeitig Freiwillige zu bekommen. Die Bundeswehr will zugreifen, bevor sich Jugendliche anders orientieren. Die Kinderschutzkonvention besagt, dass eine gewisse Reife vorhanden sein muss, um so einen Schritt zu vollziehen und eine Ausbildung anzutreten, bei der es auch ums Töten und selber getötet werden geht. Das ist eine Ausnahmesituation, die nicht mit normalen Berufen oder Ausbildungsgängen zu vergleichen ist."

Am Donnerstag will die Linke einen Antrag im Bundestag einbringen, um die Rekrutierung von Minderjährigen komplett abzuschaffen. Deutschland ist mit seinem Minderjährigen-Problem in den Streitkräften nicht allein, wenn auch nicht unbedingt in allerbester Gesellschaft. In der EU rekrutieren Frankreich und Österreich Unter-18-Jährige, international dürfen zum Beispiel in China, Saudi-Arabien und Pakistan Minderjährige an die Waffe.