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Ein ernstes Interview mit Josh T. Pearson

Es besteht kein Anlass, groß rumzulabern.

Es besteht kein Anlass, groß rumzulabern. Josh T. Pearson war der Sänger der mittlerweile zehn Jahre aufgelösten Band Lift To Experience. Laut diverser Quellen zählen sich Nick Cave, Interpol und Cocteau Twins zu seinen Fans, aber ich bin mir nicht sicher, ob das auf Gegenseitigkeit beruht.

Er hat vor kurzem ein hervorragendes Folk-Album herausgebracht, spielt heute Abend (04.04.) eine Show im Comet Club (siehe unten für weitere Tourdaten) und ist darüber hinaus der gescheiteste und lustigste Typ, mit dem ich mich seit langem unterhalten habe (und ich habe nur die Hälfte seiner Witze verstanden. Sorry dafür.)

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Josh T. Pearson: Du bist von Vice?

Vice: Ja.

Bezahlen sie ihre Leute immer noch nicht?

Haha. Manchmal schon.

(lacht) Ok, ok. Ich bin jetzt bereit. Adjusted. Also. Stecke ich in Schwierigkeiten?

Warum?

Stecke ich in Schwierigkeiten?

Warum solltest du?

Stecke ich in Schwierigkeiten?

Warum?

Keine Ahnung, wegen des Albums?

.. ich hab dein Showcase gestern Nacht gesehen, das war großartig. Ich würde mir keine Sorgen machen.

Oh, danke. Stecke ich in Schwierigkeiten? (lacht) Ich habe mein Bestes gegeben. Die Bar war auch cool. Wie hieß sie, "Trödeler"? Was heißt das auf Deutsch?

Du kaufst da alte Möbel.

Ok, cool. Ich habe Möbel gemacht, früher. Zweieinhalb Jahre lang, in einem Laden in Texas… Ich war Möbelmacher… In Schwierigkeiten. Wie alt bist du?

23.

Dann bist du 84 geboren.

Ende 87. Wie alt bist du?

Alt genug.

Du siehst nicht aus, als ob du in Schwierigkeiten wärst. Nur müde.

Nein, es ist nur, ich bin alt genug, um dein Geliebter zu sein. Oder dein Vater. Das ist beschissen. — Ich bin 36.

Und du fühlst dich alt?

Ja. Sehr. Ich hab Rückenschmerzen.

Naja, ich auch. Mit 23.

Machst du Yoga? Ich habe es letztens ausprobiert. Es funktioniert. Ich hab immer zu den Menschen gehört, die die Yoga-Leute verachten, aber jetzt weiß ich, wieso die das tun. Wegen ihrer Rücken. Ich wünschte, jemand hätte mir das früher gesagt.

Wir sollten nicht über Yoga reden, unser Musikredakteur wollte ein ernstes Interview. Also ab jetzt ernste Themen.

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Ernste Themen. Wie den Welthunger. Schlachthäuser. Sexsklaven. Die Weltökonomie. Die Stringtheorie. Physik. Über was davon willst du reden?

Alles. Physik.

OK. Fangen wir an: jede Vibration ist Klang, alles wiederholt sich. Ich mag die Idee, dass all diese Songs schon mal geschrieben wurden, irgendwo da draußen, in unserer Zeit, der Zeit des Weltalls..

Jaja, wie Nietzsche sagte.

Was hat er gesagt? Er hat eine Menge gesagt.

Dass alles sich exakt so bis in die Unendlichkeit wiederholt. Also wirst du jeden Song, so wie du ihn geschrieben hast, immer und immer wieder so schreiben, bis in alle Ewigkeit, bla.

Ich hoffe nicht! Aber er war ein guter Deutscher.

Er hatte den gleichen Bart wie du.

Meiner ist besser.

Ernst bleiben. Was denkst du zum Beispiel, wenn du am Meer stehst und in die Weite blickst und so?

Vermutlich, dass es kalt ist. Dass es kalt ist, und wo verdammt nochmal meine Jacke ist, und warum bin ich jetzt ohne Jacke am Meer, ich wusste doch, dass es kalt sein würde, aber ich dachte, ich bin trotzdem hergekommen, aber vielleicht hab ich sie ja auch an. Jacke an Jacke aus. Ich weiß es nicht. (lacht)

In Texas ist es vermutlich nicht so besonders kalt.

In Texas war ich als letztes, davor in Paris. Im März bin ich wieder in Texas, spiele da auf dem South by Southwest Festival. Es ist schrecklich. Geh da nicht hin, und wenn, sei die ganze Zeit so betrunken wie nur irgendwie möglich. Sieben Tage, durchgehend. Dann geht es nach New York, dann gehen wir auf Tour. Spielen eine Show für Vice. Scherz. Hatten sie nicht ein Label? Da war eine gute Band aus Texas drauf, wie hießen die noch? Ich toure nicht gerne, kein bisschen. Ich hasse es, diese Songs wieder und wieder zu spielen. Es ist hart, es ist schmerzhaftes Zeug..

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Aber du kannst es. Du zwingst das Publikum, zuzuhören. Das können nicht viele.

Nun, das ist gut. Ich habe jedem Zuschauer einen Dollar gezahlt, damit sie leise sind.

Ich hab keinen gekriegt.

Ich rede mit Peter, dass er ihn dir noch gibt. 70 Cent oder so… Nein, danke. Ich hab ein bisschen Übung. Es ist ein notwendiges Übel, das Zeug muss ja unter die Leute gebracht werden. Die Leute nehmen etwas davon mit, und das ist gut für sie. Hoffe ich zumindest. Ich lebe in der Hoffnung, dass das für andere wichtig ist.. ich habe selbst soviel aus Liveshows mitgenommen… das ist das sechste Interview heute, und ich versuche, ehrlich zu sein. Ich habe ein bisschen Angst, weißt du, ich habe keine Ahnung, was du mit diesen Worten machen wirst. Ich habe schlechte Erfahrungen damit. Ich habe nicht viele Interviews gegeben in den letzten zehn Jahren, und die, weil ich musste. Ich bin aus der Übung. Ich weiß nicht, werde ich zu persönlich? Werde ich richtig zitiert? Ich würde lieber keine Interviews machen. Es ist harte Arbeit für dich UND für mich. Aber es ist wichtig, weißt du. Es fängt den Geist der Stunde ein. Wie lange bist du schon in Berlin?

Zwei Jahre.

Ich habe auch zwei Jahre hier gelebt. (auf deutsch) Mein Deutsch ist sehr gut. Sehr sehr gut. Ich bin sehr lustig. Sprechen Sie deutsch?

(auf deutsch) Ja, ein bisschen. Wo hast du gewohnt?

Friedrichshain.

(auf deutsch) Wo da?

2005 bis 2007.

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Wo?

Ach, wo ist where. Kopernikusstraße. In Friedrichshain, nicht in Kreuzberg. Ein bescheuerter Taxifahrer hat mich mal absichtlich zur falschen gefahren, und ich hab ihm gesagt, IM NOT GOING TO PAY YOU FOR THIS SHIT! YOU HEARD ME! YOU HAST ME GEHÖRT! (auf deutsch:) Mein Deutsch ist scheiße.

Warum bist du in Berlin gelandet?

Es ist billig, und ich musste aus Texas weg.

Warum?

Aus rechtlichen Gründen. Ich musste weg.

Was hast du getan?

Hehe. Nichts. (lacht) Manchmal ist es das, was du nicht tust, was die Leute sauer macht. So wie Steuern nicht zu zahlen. In Schwierigkeiten geraten.

Was hast du dann gemacht?

Ich hatte ein Mädchen.. Magst du das Album? .. Es ist ein trauriges Album. Vielleicht werde ich es später mehr mögen, oder auch nicht. Vielleicht ist es nicht gut, ein trauriges Album zu mögen. Was hörst du sonst so?

Zeug. Du?

Josh T. Pearson natürlich. Er ist echt gut, Mann, er ist ein ziemliches Arschloch, aber er ist gut.

Aber sein neues Album ist ziemlich traurig.

Ja, hartes Album!

Und mir wurde erzählt, er sei eine gebrochene Seele.

Eine gebrochene Seele! Wer hat dir das gesagt? .. Nein, es geht mir besser. Nein, es geht mir nicht besser. Es ist OK.

Du scheinst müde zu sein.

Es war ein langer Tag. Ich rede in der achten Stunde dasselbe wie in der ersten. Dreh mich im Kreis. Sie haben aus Tempelhof einen Park gemacht? Das klingt cool. Ich war mal im Keller da, wir haben da geprobt, mit der Band, das war cool. Was ist aus dieser Bar am Fluß geworden? Was war die Nummer? Bar 49? 69?

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Bar 24?

Ich weiß nicht, ich bringe meine Städte durcheinander. Bar 84? Nein. Das war ein Witz. (lacht)

Josh T. Pearson on Tour:

04.04.2011 – Berlin, Comet

05.04.2011 – Hamburg, Grüner Jäger

06.04.2011 – Köln, Studio 672

07.04.2011 – Frankfurt, Ponyhof