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Ein Student wollte gegen Legida demonstrieren und muss jetzt 5.500 Euro zahlen

Die Stadt Leipzig hält nichts davon, Legida-Gegendemos an ihrem Bahnhof zu erlauben. Sie hält aber viel davon, entsprechende Anfragen mit 5.500 Euro Bearbeitungskosten zu quittieren.

Symbolfoto: imago | Niehoff

Spontan-Definitionen für den Begriff "Abfuck": Zur Sneak-Preview ins Kino gehen und mit dem Film StreetDance: New York überrascht werden; ein Wiener Schnitzel mit Pommes beim Kellner bestellen und einen Rucola-Salat serviert bekommen; 5 Euro in einem Club für ein Bier zahlen.

Doch selbst in diesen Fällen bekommt man immer noch etwas für sein Geld—und wenn man obendrein zu den Personen zählt, die es abfeiern, den Freunden erzählen zu können, dass man sein Luxus-Bier in denselben heiligen Hallen verköstigte, in denen auch Österreichs B-Prominenz verkehrt, dann hat man fast schon das Geschäft seines Lebens gemacht—erst recht, wenn man sich mit einem armen Studenten aus Leipzig vergleicht, der kürzlich eine Gegendemonstration zur Legida-Demo anmelden wollte.

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Der Soziologiestudent wollte kein Bier, kein Schnitzel, keinen Film. Er wollte nur gegen Rechts demonstrieren. Seine Anfrage wurde ihm von den zuständigen Behörden verwehrt. Die Absage, im schönsten Bürokraten-Deutsch formuliert, ließ sich das Ordnungsamt Leipzig dann auch etwas kosten: 5.500 Euro Bearbeitungsgebühr. Nichts bekommen und über fünf Tausend zahlen—ist auch ein sogenannter Abfuck. Die Höhe der Kosten kommen auch für den Studenten wie ein Schlag ins Gesicht und wie Mephisto 97,6 berichtete, würden sie für ihn einen finanziellen Bankrott bedeuten.

Obendrauf drohte die Behörde dem Studenten mit einem Strafgeld sowie einem Gesamtstreitwert von 100.000 Euro, wenn er nicht aufhöre, gegen die Legida-Demo aufzurufen. Zu dem Zeitpunkt hatte seine Facebook-Gruppe zur entsprechenden Veranstaltung ganze vier Teilnehmer.

"Ich persönliche halte den Streitwert für deutlich zu hoch angesetzt. Und wenn ein Student besten Gewissens eine Versammlung für Demokratie und Toleranz veranstalten will, welche Werte auch genau die des Grundgesetzes darstellen, dann lässt einen das eingeleitete Verfahren schon sprachlos zurück", so Jürgen Kasek, der Rechtsanwalt des Jungen gegenüber Mephisto.

Das unvorhergesehene Problem bei der Anmeldung der Demo ist der Veranstaltungsort: Sie sollte am Leipziger Bahnhof stattfinden, was die Frage aufwirft, ob das ein öffentlicher oder ein privater Raum ist. Jeder Bereich außerhalb des Gleisabschnitts im oberen Teil wird nämlich privat von der Firma ECE verwaltet und deshalb musste ein Anwalt die Situation klären, inwiefern eine Demonstration auf diesem Boden rechtswidrig oder zulässig gewesen wäre. Die Summe der Verwaltungsgebühr stellt somit nur eine Schätzung dar.

Außerdem habe das Ordnungsamt offenbar den Versammlungsbescheid mit den Originaldaten des Anmelders direkt an das Bahnhofsmanagement geschickt, noch bevor der Soziologiestudent Kenntnis vom Bescheid erhielt. Ohne überhaupt auf seine Anfrage reagieren zu können, erhielt er sofort einen richterlichen Beschluss. Dann lieber doch unerwünschter Rucola-Salat.