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Zum Hass trainiert

Die Ewiggestrigen trainieren in Südafrika eine neue Generation Jugendliche in paramilitärischen Rassenhass-Lagern.

Ilvy Njiokikjien ist eine 27-jährige dänische Fotografin, die seit vier Jahren immer wieder nach Südafrika reiste, um dort die rechte Szene zu fotografieren. Nachdem sie viel Zeit mit den großen Namen der Buren-Community verbracht hatte, wurde sie 2011 eingeladen, die Kommandokorps-Militärlager zu besuchen. Der PR der Buren nach, sollen diese Lager dazu dienen, „Buren-Jugendlichen zu helfen, sich gegen Angriffe von Schwarzen in Südafrika zu schützen“. Da Ilvy gerade den World Press Foto Award 2012 ergattert hatte—gemeinsam mit ihrer Journalisten-Kollegin Elles van Gender—sind wir mit ihr in Kontakt getreten, um darüber zu sprechen, wie Hass wirklich aussieht.

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VICE: Hallo Ilvy. Wann hast du erstmals von diesen Buren-Trainingslagern gehört?

Ilvy Njiokiktjien:

Es war bei den Begräbnis des extrem-rechten

Eugene Terre Blanche

. Er war Anführer der AWB (

Afrikaaner Widerstandsbewegung

), einer Organisation mit Sitz in Südafrika, und er wurde 2010 ermordet. Dort traf ich Oberst Jooste, den Leiter der Kommandokorps-Lager. Ich sah ihn in der Menge stehen, in eine alte Army-Uniform gekleidet, dieselbe Uniform, die die Soldaten zur Apartheid-Zeit getragen haben. Ich hab mich gefragt, wer er ist, also bin ich einfach rüber gegangen und hab mit ihm geredet. Ich hab ihn gleich gefragt, ob ich nicht mal so ein Camp besuchen darf.

Sind diese Lager in Südafrika bekannt?

Das Kommandokorps ist eher eine Randorganisation, es ist überhaupt nicht groß. Selbstverteidigungscamps sind in Südafrika sehr beliebt, aber solche Camps, wie das Kommandokorps eher nicht.

Hattest du uneingeschränkten Zugang, als du dort warst?
Ja, hauptsächlich weil wir beide, Elles van Gender und ich, Afrikaans sprechen. Wir durften überall Fotos machen und filmen. Der Oberst ist so stolz auf seine Lager, so dass er sich überhaupt nicht komisch fühlte, uns zu zeigen, was die Jugend dort macht. Wie viel solcher Lager existieren in Südafrika?
Das weiß ich nicht, ist sehr schwer zu sagen. Es gibt viele Buren-Organisationen. Manche sind kleiner als andere, aber im Großen und Ganzen sind sie meiner Erfahrung nach, eher eine Seltenheit.

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Wer schickt diese Jugendlichen in diese Lager? Ist es eine Art Bestrafung, oder entspringt diese Entscheidung dem „Buren-Stolz“ der Eltern?
Meistens ist es eine Entscheidung der Eltern. Wegen der besonders ausgeprägten Kriminalität in Südafrika, denken die Eltern, sie müssten dafür sorgen, dass ihre Kinder lernen, sich selbst zu verteidigen. Es wird nicht als Bestrafung gesehen, da die Jugendlichen schlussendlich echt gerne in diese Lager fahren. Außerdem denken die Eltern, dass, weil es in Südafrika keinen Wehrdienst mehr gibt, sie ihre Kinder in ein solches hartes Lager schicken müssen, ihr wisst schon, um sie zu echten Männern zu machen. Ist es eine bestimmte soziale Schicht, die diese Jugendlichen hervorbringt?
Um ehrlich zu sein, ist es eine sehr gemischte Gruppe. Gerade habe ich viel Zeit mit den Eltern dieser Jugendlichen verbracht, da ich an einer Fortsetzung arbeite. Manche sind aus armen Verhältnissen, manche aus sehr wohlhabenden. Außerdem kommen einige aus Städten und einige sind wiederum Bauern, vom Land.

Wer sind die anderen Typen? Ich habe gelesen, dass der große Chef des Lagers, Franz Jooste, während des Apartheid-Regimes schwarze Südafrikaner bekämpft hat.
Die Leute, die ihn umgeben, sind meistens Jungs, die selbst mal in den Lagern gewesen sind und nun im Dienstgrad bei den Kommandokorps steigen. Stimmst schon, Franz Jooste hat in der Apartheid-Armee gekämpft. Was für ein Training haben die Jugendlichen durchlaufen? Ich habe gehört, dass es hauptsächlich darum ging, im Wald rum zu rennen und Paintball zu spielen.
Es ist eine Militär-Grundausbildung, die auch sehr hart sein kann, vor allem für die Jüngeren. Der Jüngste dort war 14; ich kann mich noch daran erinnern, dass es ihm ziemlich schwer gefallen ist, all den Aufgaben hinterherzukommen. Jeden Morgen müssen die Jungs um 4:45 aufstehen und rennen, Push-Ups machen, Sit-Ups, all so was. Nachts, wenn der Oberst die Jungs fertig gemacht hat, bekommen sie noch Unterricht über den „Feind“ und die „Rasse“.

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Ist Erniedrigung auch Teil des „Lernprozesses“?
Nein, das nicht, aber die Jungs anzuschreien, ist Teil des Lernprozesses. Das soll sie zu harten Männern machen, glaubt der Oberst. Nachts habe ich gesehen wie sie den Teenagern Vorträge hielten, darüber dass Schwarze kleinere Gehirne haben. Es ist eine ganz andere Art von Erniedrigung.

Wow. Also allgemein, was wird den jungen Leuten von den Offizieren „beigebracht“? Geht es die ganze Zeit um Rasse und Angst vor schwarzen Menschen?
Ja, die erzählen ihnen die ganze Zeit, dass überwiegend Schwarze Verbrechen begehen, und dass schwarze Menschen sich in jeder Hinsicht von Weißen unterscheiden. Aber der Offizier denkt noch nicht mal, dass er lügt, wenn er ihnen so was erzählt. Er glaubt aufrichtig daran, dass der Kortex schwarzer Menschen kleiner ist, als der der Weißen. Meinst du, dass die weißen Leute, die zur Zeit der Apartheid gelebt haben, in irgendeiner Hinsicht bereuen, was damals geschehen ist?
Ich denke nicht, dass das eine Frage ist, die ich beantworten kann. Es gibt zu viele unterschiedliche Meinungen dazu. Es gibt Leute, die es bereuen, Leute die sich schuldig fühlen. Und es gibt Leute, die im Bezug auf Apartheid eine Nostalgie verspüren und sich wünschen zu den alten Tagen zurückzukehren. Allgemein stimmt für die Buren-Kultur eines: Manche fürchten sich sehr, dass die Kultur, in der sie aufgewachsen sind, verschwindet; anderen ist es egal.

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Haben die Jugendlichen am Ende der Trainingswoche ihre Meinung zu schwarzen Menschen verändert? Ich denke nicht, dass man rassistisch wird, ohne es zu lernen.
Ja, die meisten haben sie wohl geändert. Aber was ich mitgenommen habe, ist, dass sie schon bevor sie ins Lager kamen, rassistisch waren. Es ist Teil der Buren-Kultur. Diejenigen, die nicht richtig gelernt haben, was die Unterschiede zwischen Weißen und Schwarzen sind (zumindest in den Augen des Oberst), müssen eine Woche länger bleiben, bis sie es lernen.

Fotos von Ilvy Njiokikjien

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