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Heulsuse der Woche

Eine Vermieterin wirft eine Frau, nachdem diese vergewaltigt wurde, aus ihrer Wohnung und eine Stadt weigert sich, eine Kunstskulptur zu zahlen, die sie selbst in Auftrag gegeben hat.
Alex Alvisi | Flickr | CC BY-ND 2.0

Und wieder ist es an der Zeit, sich über ein paar Menschen zu wundern, die mit der Welt nicht fertig werden.

Heulsuse #1: Die gefühlstote Vermieterin

Der Vorfall: Eine Münchnerin wird im Keller ihres Mehrfamilienhauses vergewaltigt und bekommt daraufhin Besuch von der Polizei. Die Hausbesitzerin bekommt den Vorfall mit.

Die angemessene Reaktion: Die Vermieterin geht behutsam mit der traumatisierten Frau um.

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Die tatsächliche Reaktion: Sie kündigt ihr den Mietvertrag mit der Begründung, sie mache „Ärger".

Dass Vergewaltiger zu der miesesten Sorte Mensch gehören, darüber müssen wir keine Worte mehr verlieren. Der Bauarbeiter Marius C. ist sogar Serienvergewaltiger und wurde vor Kurzem für seine bisherigen drei Taten zu zehn Jahren Haft verurteilt. Sein jüngstes Opfer ist eine Münchnerin, der er bis in ihren Hausflur folgte und die er anschließend im Keller vergewaltigte.

Trotz oder gerade wegen der traumatischen Erfahrung sieht sich die junge Frau „nicht in der Lage, eine neue Wohnung zu suchen. Ich hatte keine Kraft und wollte nicht an einen neuen, unbekannten Ort." Eine verständliche Reaktion. Verständlich ist irgendwie auch, dass ihre WG- Mitbewohnerin das Mehrfamilienhaus an der Klenzestraße unheimlich fand und auszog. Den frei gewordenen Platz sollte ihre Schwester einnehmen, aber ein von der Vermieterin angeheuerter Makler ließ ausrichten, dass Mädchen-WGs nur „Ärger" machen, und kündigte der gebeutelten Frau den Mietvertrag.

Mehr noch: der Makler verweigerte im Auftrag der Hausbesitzerin ihre Bitte, die Auszugsfrist um einen einzigen Tag zu verlängern. Zusätzlich behielt die Dame den Großteil der 1000 Euro Mietkaution. Grund für das fragwürdige Verhalten der Vermieterin scheint vor allem der Polizeiauflauf im Haus, doch selbst ein erklärender Brief der Beamten konnte die Frau nicht umstimmen. Die junge Frau hat mittlerweile eine Wohnung in einem anderen Münchner Stadtteil gefunden.

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Heulsuse #2: Die selbsternannte Schneewittchen-Stadt Lohr

Der Vorfall: Das Städtchen Lohr glaubt, die geografische Wiege von Schneewittchen zu sein. Um das zu untermauern, wurde eine drei Meter hohe Skulptur in Auftrag gegeben.

Angemessene Reaktion: Sich auf das finale Kunstwerk freuen, über das in einem Kunstwettbewerb entschieden wurde.

Tatsächliche Reaktion: Verdutzt über den Preis und das Aussehen der Skulptur sein und den Künstler nicht bezahlen wollen.

Der Ursprung des Lohrer Eklats liegt bei Karlheinz Bartels, dem örtlichen Apotheker. Er machte sich den Beweis zur Aufgabe, dass Schneewittchen aus seiner Kleinstadt stammt. Als er genügend Indizien gesammelt hatte und ein Großteil der Gemeinde überzeugt war, wurde die Marketingmaschinerie angeworfen. Ob Postkarten, Lohrer Schokoschneewittchen oder übergroße Autobahnschilder: Es wurden keine Kosten und Mühen gescheut, um dem neuen Image zum Ausdruck zu verhelfen.

Als i-Tüpfelchen sollte eine Skulptur für das Stadtzentrum her. Eigens dafür wurde der Lohrer Kunstwettbewerb ins Leben gerufen, bei dem das 1:10 Modell von Bildhauer Peter Wittstadt den 1. Preis gewann. Abgestimmt hat eine Jury aus Künstlern und dem vorherigen Bürgermeister.

Nun gibt es leider zwei Probleme:
1. Die Bürger von Lohr wurden in den Entscheidungsprozess nicht einbezogen. Und ein beträchtlicher Teil von ihnen ist eher ungehalten über die Ästhetik: Im Lokalblatt ist von einer „Missgeburt" und„Abfall" die Rede, die Psyche des Künstlers wird hinterfragt, die Kunst als solche wird zum Thema.

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2. Darüber hinaus wurde eine Kostenobergrenze vergessen. Der fleißige Künstler machte sich ans Werk und veranschlagte der Stadt 110.000 Euro. Sie aber hat 18.000 - 20.000 Euro eingeplant und wollte zunächst nicht zahlen.

Jetzt ist die Aufregung groß: Die Bürger spalten sich in zwei Lager, es wurde die Arbeitsgruppe „Deeskalation Schneewittchen" gegründet, der aktuelle Bürgermeister, Mario Paul, weist jede Schuld von sich und delegiert die ganze Angelegenheit an den Stadtrat, der über die offene Rechnung entscheiden soll. Inwiefern Lohr am Main sich nach dieser Sache auch in Zukunft als Geburtsort Schneewittchens gegenüber der Weltöffentlichkeit präsentieren möchte, bleibt offen.

HIER GEHTS ZUR ABSTIMMUNG!

Letztes Mal: Im HoGeSa-Spezial traten an das pedantische ZDF-Publikum gegen Bad Boy Martin Kesici.

Gewinner: Das ZDF-Publikum!